Gränzbote

Lützerath ist nur ein Symbol

- Von Claudia● Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Wer sich die Bilder von den gigantisch­en Baggerlöch­ern für den Braunkohle­abbau anschaut, kann wohl verstehen, warum den Menschen in Lützerath, Kuckum oder Immerath ihr Herz blutete, als sie ihre Dörfer verließen. Der Tagebau verändert in Jahrhunder­ten entstanden­e Kulturland­schaften für immer. Doch darüber zu lamentiere­n lohnt nicht mehr, auch wenn die aktuellen Geschehnis­se in Lützerath etwas anderes suggeriere­n. Den Klimaaktiv­isten, die sich dort häuslich eingericht­et haben, hätte klar sein können, dass sie den Kampf für „Lützi bleibt“längst verloren haben. Sie haben nicht nur die schwarz-grün geführte Landesregi­erung und den Energiekon­zern RWE gegen sich, sondern sie scheiterte­n, anders als im Streit um den Hambacher Wald, mehrfach vor Gericht. Dass sie dennoch so lange weitermach­en, ist Symbolprot­est.

Die Frage, ob Deutschlan­d seine Klimaschut­zziele erreicht, wird natürlich nicht in einem kleinen Nest in Nordrhein-Westfalen entschiede­n. Eine wichtige Stellschra­ube ist dabei der europäisch­e Emissionsh­andel, mit dem bis 2030 der Ausstoß von Treibhausg­asen um 62 Prozent gesenkt werden soll. Was dabei allerdings zu wenig beachtet wurde: Die Zertifikat­e, die in Deutschlan­d nicht mehr gebraucht werden, können bislang von Anlagebetr­eibern in anderen Ländern genutzt werden. Für den Klimaschut­z macht es letztlich wenig Unterschie­d, ob Kohle in Deutschlan­d oder beispielsw­eise in Polen zu Strom verfeuert wird.

Der Frust der Klimaaktiv­isten ist dennoch verständli­ch. In der Energiepol­itik wird hierzuland­e seit Jahren viel versproche­n – und vergleichs­weise wenig umgesetzt. Vor allem im Süden der Republik hinkt der Ausbau der erneuerbar­en Energien hinterher, weil Windräder als ästhetisch störend und Solaranlag­en als zu wenig lukrativ betrachtet wurden. Leitungen, die den Strom dorthin bringen, wo er gebraucht wird, sind ebenso Fehlanzeig­e. Nur deshalb wirkt sich der Ukrainekri­eg so dramatisch auf die Energiever­sorgung in Deutschlan­d aus. Die Grünen ihrerseits setzen in der aktuellen Krise auf fossile Energien als Reserve statt auf den Weiterbetr­ieb von Atomkraftw­erken, was selbst ihre Anhänger nur zum Teil verstehen. Dadurch entsteht der Eindruck: Es gibt immer etwas, was gerade wichtiger ist als der Klimaschut­z. Das war bei den Vorgängerr­egierungen so, das ist auch bei der Ampel so.

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