Lützerath ist nur ein Symbol
Wer sich die Bilder von den gigantischen Baggerlöchern für den Braunkohleabbau anschaut, kann wohl verstehen, warum den Menschen in Lützerath, Kuckum oder Immerath ihr Herz blutete, als sie ihre Dörfer verließen. Der Tagebau verändert in Jahrhunderten entstandene Kulturlandschaften für immer. Doch darüber zu lamentieren lohnt nicht mehr, auch wenn die aktuellen Geschehnisse in Lützerath etwas anderes suggerieren. Den Klimaaktivisten, die sich dort häuslich eingerichtet haben, hätte klar sein können, dass sie den Kampf für „Lützi bleibt“längst verloren haben. Sie haben nicht nur die schwarz-grün geführte Landesregierung und den Energiekonzern RWE gegen sich, sondern sie scheiterten, anders als im Streit um den Hambacher Wald, mehrfach vor Gericht. Dass sie dennoch so lange weitermachen, ist Symbolprotest.
Die Frage, ob Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht, wird natürlich nicht in einem kleinen Nest in Nordrhein-Westfalen entschieden. Eine wichtige Stellschraube ist dabei der europäische Emissionshandel, mit dem bis 2030 der Ausstoß von Treibhausgasen um 62 Prozent gesenkt werden soll. Was dabei allerdings zu wenig beachtet wurde: Die Zertifikate, die in Deutschland nicht mehr gebraucht werden, können bislang von Anlagebetreibern in anderen Ländern genutzt werden. Für den Klimaschutz macht es letztlich wenig Unterschied, ob Kohle in Deutschland oder beispielsweise in Polen zu Strom verfeuert wird.
Der Frust der Klimaaktivisten ist dennoch verständlich. In der Energiepolitik wird hierzulande seit Jahren viel versprochen – und vergleichsweise wenig umgesetzt. Vor allem im Süden der Republik hinkt der Ausbau der erneuerbaren Energien hinterher, weil Windräder als ästhetisch störend und Solaranlagen als zu wenig lukrativ betrachtet wurden. Leitungen, die den Strom dorthin bringen, wo er gebraucht wird, sind ebenso Fehlanzeige. Nur deshalb wirkt sich der Ukrainekrieg so dramatisch auf die Energieversorgung in Deutschland aus. Die Grünen ihrerseits setzen in der aktuellen Krise auf fossile Energien als Reserve statt auf den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken, was selbst ihre Anhänger nur zum Teil verstehen. Dadurch entsteht der Eindruck: Es gibt immer etwas, was gerade wichtiger ist als der Klimaschutz. Das war bei den Vorgängerregierungen so, das ist auch bei der Ampel so.