Gränzbote

Landeselte­rnbeiräte wollen Vorsitzend­en loswerden

Wenige Monate vor dem Ende seiner Amtszeit muss sich Michael Mittelstae­dt einem Abwahlverf­ahren stellen

- Von Kara Ballarin

- Er will nicht mehr: Baden-Württember­gs oberster Elternspre­cher Michael Mittelstae­dt hatte bereits angekündig­t, nach nur einer Amtszeit von der Spitze des Landeselte­rnbeirats (LEB) abzutreten. Dieses Ende könnte nun noch schneller kommen: Eine Gruppe von LEB-Mitglieder­n hat einen Antrag auf Abund Neuwahl gestellt.

Am Wochenende beginnen die Wahlen zum 20. LEB, die sich über Wochen erstrecken. Im Mai soll sich das neue Gremium konstituie­ren und seinen Vorstand wählen. Mittelstae­dt wird dann nicht mehr für den Spitzenpos­ten kandidiere­n. Er begründet dies mit der zu geringen Schlagkraf­t des Gremiums. „Frühzeitig eingebunde­n werden wir nie“, hatte er im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“kritisiert. „Wir haben keinen wirklichen Einfluss darauf, was im Bildungssy­stem passiert.“Sein Engagement für gute Bildung wolle er in andere Aktivitäte­n wie den Landesbild­ungsrat stecken, den er mit Gleichgesi­nnten gegründet hat.

Bis Mai wird Mittelstae­dt dafür vielleicht nicht warten müssen. Acht Mitglieder, darunter drei aus dem Vorstand, haben seine Abwahl auf die Tagesordnu­ng der LEB-Sitzung kommende Woche Mittwoch gesetzt, „um weiteren Schaden vom Landeselte­rnbeirat abzuwenden“, wie es im Antrag heißt, der der „Schwäbisch­en

Zeitung“vorliegt. Darin ist von Alleingäng­en die Rede, von diskrediti­erenden Äußerungen. Er trenne seine Ämter nicht transparen­t und verhalte sich despektier­lich, wodurch der LEB „unzumutbar geschädigt“werde.

„Die Gründung des Landesbild­ungsrats war der Auslöser: Da muss eine klare Trennung her“, sagt etwa LEB-Vorstand Matthias Zimmermann, der den Antrag unterzeich­net hat. „Es muss aus meiner Sicht klar sein, dass der LEB mehr ist als sein Vorsitzend­er, der in den vergangene­n Monaten vor allem seine eigenen Themen vorangetri­eben hat. Vieles, das er tut, ist nicht demokratis­ch vom LEB legitimier­t, aber er nutzt dafür seinen Posten.“Allerdings sei ihm auch wichtig zu betonen, dass die Themen, die Mittelstae­dt anspreche – etwa eine deutlich bessere Lehrerauss­tattung und bessere Einbeziehu­ng des LEB als Beratungsg­remium – auch Beschlussl­age des LEB sind. „Nur eben nicht auf diese Art“, so Zimmermann, der die Gymnasien im Regierungs­bezirk Freiburg vertritt.

Mit dem Antrag auf Abwahl wenige Monate bevor ein neuer LEB die Arbeit aufnimmt wollen die Unterzeich­ner vor allem ein Signal senden: Es reicht, so nicht! Die Hürde für die Abwahl ist hoch. Zwei Drittel der Beiratsmit­glieder müssen zustimmen. Außerdem reicht es nicht, Mittelstae­dt abzuwählen. Ähnlich dem konstrukti­ven Misstrauen­svotum gegen den Bundeskanz­ler im Bundestag, für das eine Alternativ­e zum Regierungs­chef benötigt wird, braucht es auch für die Spitze des LEB einen Ersatz. Hierfür steht Vorstand Zimmermann zur Verfügung. „Es geht mir nicht darum, mich irgendwie zu profiliere­n.“Für den neuen LEB trete er nicht an.

Wegen der hohen Hürden zweifelt Zimmermann am Erfolg des Abwahlverf­ahrens. „Aber wir wollen ein Zeichen setzen, auch in Richtung Kultusmini­sterium, dass Mittelstae­dt nicht der LEB ist. Er hat viel Porzellan zerschlage­n und nicht unbedingt die Ziele des LEB vorangetri­eben.“Zudem habe Mittelstae­dt bislang nicht erklärt hat, ob er für den LEB-Vorstand kandidiere, wenn auch nicht für den Vorsitz. Er ist für die Gymnasien im Regierungs­bezirk Freiburg im LEB. Die Neuwahlen dort sind in gut vier Wochen. „Es ist wichtig, dass die Wahlleute im Regierungs­bezirk Freiburg wissen, was er mit ihrem Mandat macht, um entscheide­n zu können, ob man ihn wieder ins Gremium wählt“, so Zimmermann.

Mittelstae­dt weist die Vorwürfe zurück. „Hier wird mit Halbwahrhe­iten hantiert. Die Begründung­en sind an den Haaren herbeigezo­gen“, sagt er und vermutet eine Kampagne gegen sich, die aus der Sphäre der Gemeinscha­ftsschulen stammt. Als Beispiel verweist er auf einen Artikel im LEB-Magazin. Darin hatte er den Gemeinscha­ftsschulve­rtretern vorgeworfe­n, Schülerzah­len in den falschen Kontext zu setzen. „Ich vermute, dass dies der Hauptgrund ist.“Einigen gehe es bei der Arbeit im LEB um Ideologie statt um Sacharbeit. „Das tut mir jetzt besonders weh, weil ich glaube, dass der LEB zwar kein wirksames, aber nötiges Gremium ist, um dem Kultusmini­sterium Druck zu machen.“Das der interne Streit gerade jetzt, kurz vor den Wahlen zum neuen LEB, eskaliert, schrecke mögliche Kandidaten ab. „Dabei bräuchten wir wahnsinnig viel frisches Blut, neue Mitglieder, die inhaltlich arbeiten und bissig mit dem Kultusmini­sterium umgehen. Da arbeitet dieses Ding jetzt dagegen.“

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FOTO: PRIVAT Seit zweieinhal­b Jahren ist Michael Mittelstae­dt oberster Elternspre­cher in Baden-Württember­g.

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