US-Präsident „überrascht“
Biden äußert sich zu Geheimdokumenten in Privatbüro
- Eigentlich wäre Joe Biden an der Reihe gewesen. Doch der Tod seines an einem unheilbaren Gehirntumor leidenden Sohnes Beau hatte den ehemaligen Vizepräsidenten davon abgebracht, für die Nachfolge Barack Obamas anzutreten. Biden überließ Hillary Clinton 2016 das Feld und stellte sich darauf ein, seine Karriere mit der Tätigkeit in einer nach ihm benannten Denkfabrik in Washington ausklingen zu lassen.
Das Büro im „Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement“benutzte Joe Biden als seine Schaltzentrale in der amerikanischen Hauptstadt. Seit seiner Wahl ins Weiße Haus blieb die Räumlichkeit an der Constitution Avenue ungenutzt. Weil die Denkfabrik das Büro anders nutzen wollte, schickte der Präsident vergangenen November seine Anwälte zu einem Ortstermin, um persönliche Gegenstände zu entnehmen.
„Ich bin über diese Entdeckung unterrichtet worden und war überrascht zu erfahren, dass es sich um Regierungsdokumente handelte, die zu dem Büro gebracht worden waren“, äußerte sich Biden erstmals am Dienstag während eines Staatsbesuchs in Mexiko zu dem Fund der zehn mit dem Geheimvermerk SCI versehenen Dokumente. Er kooperiere umfassend bei der Überprüfung des Vorgangs. Diese hatte Justizminister Merrick Garland eingeleitet. Um dem Vorwurf der Befangenheit entgegenzutreten, beauftragte Garland den von Donald Trump benannten Bundesanwalt von Chicago, John Lausch, die Unterlagen zu sichten. Biden bestätigte gegenüber den Reportern in Mexiko, dass Lausch in der Schlussphase seiner Überprüfung angelangt ist. „Die Durchsicht sollte bald abgeschlossen sein.“Garland muss dann entscheiden, wie es weitergeht.
Der Fernsehsender CNN berichtet unter Berufung auf Personen, die mit dem Vorgang vertraut sind, bei den Dokumenten handele es sich um Unterlagen aus Bidens Zeit als Vizepräsident. Darin fänden sich geheime Informationen zur Ukraine, zum Iran und zu Großbritannien. Markiert seien diese mit dem Vermerk SCI („sensitive compartmented information“). Dabei handelt es sich um eine Geheimhaltungsstufe, zu der „Tausende“Personen in der Regierung Zugang haben.
Das Weiße Haus ließ offen, warum es die Öffentlichkeit nicht zeitnah über den Vorgang informiert hatte. Der neue Vorsitzende des „House Oversight Comitee“, James Comer, kündigte eine Untersuchung an. In einem Schreiben an das Nationalarchiv beklagte Comer die seiner Meinung nach „ungleiche Behandlung der Sicherstellung geheimer Unterlagen“im Fall Donald Trumps, dessen Anwesen in Mar-aLago im US-Bundesstaat Florida im August vom FBI durchsucht worden war. Aufklärung verlangte auch der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, der Demokrat Mark Warner.