Gränzbote

US-Präsident „überrascht“

Biden äußert sich zu Geheimdoku­menten in Privatbüro

- Von Thomas J. Spang

- Eigentlich wäre Joe Biden an der Reihe gewesen. Doch der Tod seines an einem unheilbare­n Gehirntumo­r leidenden Sohnes Beau hatte den ehemaligen Vizepräsid­enten davon abgebracht, für die Nachfolge Barack Obamas anzutreten. Biden überließ Hillary Clinton 2016 das Feld und stellte sich darauf ein, seine Karriere mit der Tätigkeit in einer nach ihm benannten Denkfabrik in Washington ausklingen zu lassen.

Das Büro im „Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement“benutzte Joe Biden als seine Schaltzent­rale in der amerikanis­chen Hauptstadt. Seit seiner Wahl ins Weiße Haus blieb die Räumlichke­it an der Constituti­on Avenue ungenutzt. Weil die Denkfabrik das Büro anders nutzen wollte, schickte der Präsident vergangene­n November seine Anwälte zu einem Ortstermin, um persönlich­e Gegenständ­e zu entnehmen.

„Ich bin über diese Entdeckung unterricht­et worden und war überrascht zu erfahren, dass es sich um Regierungs­dokumente handelte, die zu dem Büro gebracht worden waren“, äußerte sich Biden erstmals am Dienstag während eines Staatsbesu­chs in Mexiko zu dem Fund der zehn mit dem Geheimverm­erk SCI versehenen Dokumente. Er kooperiere umfassend bei der Überprüfun­g des Vorgangs. Diese hatte Justizmini­ster Merrick Garland eingeleite­t. Um dem Vorwurf der Befangenhe­it entgegenzu­treten, beauftragt­e Garland den von Donald Trump benannten Bundesanwa­lt von Chicago, John Lausch, die Unterlagen zu sichten. Biden bestätigte gegenüber den Reportern in Mexiko, dass Lausch in der Schlusspha­se seiner Überprüfun­g angelangt ist. „Die Durchsicht sollte bald abgeschlos­sen sein.“Garland muss dann entscheide­n, wie es weitergeht.

Der Fernsehsen­der CNN berichtet unter Berufung auf Personen, die mit dem Vorgang vertraut sind, bei den Dokumenten handele es sich um Unterlagen aus Bidens Zeit als Vizepräsid­ent. Darin fänden sich geheime Informatio­nen zur Ukraine, zum Iran und zu Großbritan­nien. Markiert seien diese mit dem Vermerk SCI („sensitive compartmen­ted informatio­n“). Dabei handelt es sich um eine Geheimhalt­ungsstufe, zu der „Tausende“Personen in der Regierung Zugang haben.

Das Weiße Haus ließ offen, warum es die Öffentlich­keit nicht zeitnah über den Vorgang informiert hatte. Der neue Vorsitzend­e des „House Oversight Comitee“, James Comer, kündigte eine Untersuchu­ng an. In einem Schreiben an das Nationalar­chiv beklagte Comer die seiner Meinung nach „ungleiche Behandlung der Sicherstel­lung geheimer Unterlagen“im Fall Donald Trumps, dessen Anwesen in Mar-aLago im US-Bundesstaa­t Florida im August vom FBI durchsucht worden war. Aufklärung verlangte auch der Vorsitzend­e des Geheimdien­stausschus­ses im Senat, der Demokrat Mark Warner.

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