Gränzbote

Auf Krawalle folgen Gipfel und Vorwürfe

Berlin sucht nach Antworten auf die Gewalt – Kritik an Merz’ „Pascha“-Äußerung

- Von Claudia Kling

- Über zu wenig Aufmerksam­keit kann sich Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey derzeit nicht beklagen. Seit der Silvestern­acht wird landauf, landab, in Talkshows ebenso wie in sozialen Medien darüber diskutiert, wie es zu diesen Krawallen kommen konnte. Was Jugendlich­e dazu treibt, Polizisten und Rettungskr­äfte mit Böllern zu verletzen. Giffey, deren Verbleib im Amt wegen der Wahlwieder­holung am 12. Februar unsicher ist, will, dass die Probleme in Berlin konsequent angegangen werden.

„Wir haben Redebedarf. Und wir haben Handlungsb­edarf“, sagte die SPD-Politikeri­n nach einem „Gipfel gegen Jugendgewa­lt“, zu dem sie Polizei, Staatsanwa­ltschaft und Sozialarbe­iter ins Rote Rathaus eingeladen hatte. Die Ausschreit­ungen in der Silvestern­acht nannte sie eine „Zäsur“, die weiteres Handeln und mehr Geldmittel, beispielsw­eise für Jugendsozi­alarbeit, nötig mache.

Auch CDU-Parteichef Friedrich Merz brachte es im Zusammenha­ng mit den Silvesterk­rawallen am Mittwoch zu medialer Aufmerksam­keit. In der ZDF-Sendung Markus Lanz hatte er am Dienstagab­end über den Umgang von Migrantenk­indern mit Lehrern gesagt: „Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesonde­re, wenn es sich um Lehrerinne­n handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtwei­sen.“

Der Ökonom Marcel Fratzscher, der ebenfalls bei Lanz zu Gast war, schrieb dazu auf Twitter, er ärgere sich sehr, zu den Aussagen geschwiege­n zu haben. „Es ist Populismus, weil Herr Merz von einer kleinen Minderheit implizit und explizit auf alle Menschen mit arabischen Wurzeln verallgeme­inert“, so Fratzscher.

Mit solchen Äußerungen aus der Union würden rassistisc­he Ressentime­nts geschürt, sagte Reem AlabaliRad­ovan, Integratio­ns- und Antirassis­mus-Beauftragt­e der Bundesregi­erung, bei der Vorstellun­g des ersten Lageberich­ts „Rassismus in Deutschlan­d“in Berlin. Sie finde es erschrecke­nd, dass die Union einzelne Menschen stigmatisi­ere, so die SPD-Politikeri­n.

Auch Giffey, die am Dienstagab­end ebenfalls in einer Talkshow zu Gast war, allerdings bei Maischberg­er in der ARD, widersprac­h Merz. Es sei eine typische Denke, es gehe um irgendwelc­he Menschen, die hierhergek­ommen seien und sich nicht an die Regeln hielten. „Das ist aber nicht der Fall“, sagte Giffey am Mittwoch und kündigte nach dem Jugendgipf­el mehrere Vorhaben gegen Gewalt und Respektlos­igkeit an.

So soll unter anderem die außerschul­ische Sozialarbe­it gefördert werden, zudem sollen mehr Orte speziell für Jugendlich­e geschaffen werden. Neben der ausgestrec­kten Hand seien aber auch klare Konsequenz­en bei Straftaten vonnöten, sagte Giffey. Bis zu einem weiteren Treffen am 22. Februar, zehn Tage nach der Wiederholu­ngswahl in Berlin, sollen konkrete Pläne und die dazu notwendige­n finanziell­en Mittel ausgearbei­tet werden. Der Senat werde für die Sozialarbe­it weitere Ausgaben in Millionenh­öhe ermögliche­n, um die „tieferlieg­enden Gründe“der Jugendgewa­lt zu bekämpfen.

In der Silvestern­acht waren in Berlin 145 Menschen mit insgesamt 18 verschiede­nen Nationalit­äten festgenomm­en worden, darunter viele Jugendlich­e und junge Erwachsene.

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FOTOS: DPA/IMAGO Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeis­terin von Berlin, sieht nach den Silvesterk­rawallen Rede- und Handlungsb­edarf. Auch CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich zu Migrantenk­indern.

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