Des Prinzen „Leibwache“marschiert auf
Ein ganzes Jahr lang hartes Training steckt hinter dem federleichten Auftritt - Samstag ist Wettbewerb
- Zwischen Fasnet und Leistungssport ist das angesiedelt, was am Samstag in Spaichingen über die Bühne geht. Die Spaichinger Deichelmaus ist mit ihrer Garde Gastgeberin des Garde- und Showtanzwettbewerbs in der Stadthalle. Und dann rufen die Mädchen und jungen Frauen von der Purzelgarde bis zur Prinzen- und Showtanzgarde ab, wofür sie das ganze Jahr über hart trainiert haben. Neben den Auftritten an den Fasnetsveranstaltungen sind die Wettbewerbe an den vier Wochenenden vor der Fasnet ein wichtiger Ansporn. Der Auftakt ist schon prima gelungen: Platz 2 am vergangenen Wochenende in Ringingen.
Die Spaichinger sind verwöhnt. Die Deichelmausgarde in allen Altersgruppen von der Purzel-, über die Jung- und Juniorengarde bis zur Prinzen- und Showtanzgarde hat einen ziemlich guten Ruf, auch weil die erwachsenen Garden in jedem Jahr bei einem der Wettbewerbe auf dem Siegertreppchen stehen.
Das kommt aber nicht von ungefähr, wie die Trainerinnen der Prinzengarde im Gespräch mit dieser Zeitung erzählen. Jasmin Mey (34) und Sina Beiter (28) trainieren die Prinzengarde zusammen mit Meys Schwester Dominique Lehr, die aber gerade Babypause einlegt.
Nach einer Nach-Fasnet-Pause von etwa vier Wochen geht das Training los. Zwei Mal pro Woche trainieren die derzeit 17 jungen Frauen zwischen 15 und 23 Jahren je zwei Stunden in der Unterbachhalle, ab
September gibt es dann auch noch Intensivtrainings am Samstag.
Wer schon einmal versucht hat, vor dem Fernseher nur eine Minute lang mitzutanzen, selbst wenn er sportlich ist, der merkt schnell, dass das, was die jungen Frauen da bieten, Schritt für Schritt, Figur für Figur, Takt für Takt präzise einstudiert ist. Und erst dann machen die Punkterichterinnen ein Häkchen (beziehungsweise eine Punktzahl) hinter den Kategorien wie Choreografie, Synchronität, Schrittvielfalt, Schwierigkeiten (wie Spagat), Kostüme, Ausstrahlung und mehr. Trotz hoher sportlicher Anstrengung lächeln die jungen Frauen und lassen alles ganz leicht aussehen. Auch das gibt Punkte.
Die Tänze der Prinzengarden kommen aus der Verballhornung des Militärs. Denn so, wie der Karnevalsprinz die Obrigkeit absetzt und seinen eigenen Staat führt, braucht er natürlich wie der abgesetzte Fürst eine eigene Leibgarde. Daher kommt es auch, dass die Prinzengarden im Gegensatz zu den Showtanzgarden so großen Wert auf den Gleichschritt legen. Das geht am besten mit Musik, die mit Marschrhythmus auf „eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht“unterlegt ist. Nach diesem Zählmuster wird die Choreografie aufgebaut und nach diesem Zählmuster bauen die Trainerinnen den ganzen Tanz auf.
Denn sie machen das selbst. Zuerst steht die Musikauswahl. Wenn es passt, kann man die von der CD der Vereinigung des karnevalistischen Tanzsports nehmen, wenn
nicht, fügt man einzelne Passagen oder schneidet gar die ganze Musik zusammen. Das passiert aber nicht
so häufig, sagen die beiden Trainerinnen. Auch wenn schon beim Anhören vor dem inneren Auge Tanzschritte
und Formationen entstehen: Letztlich muss es passen. „Entweder es gefällt, oder es gefällt nicht“, sagt Jasmin Mey. Sie und ihre Mittrainerinnen machen einmal im Jahr eine Trainerschulung, da tauschen sie sich mit anderen Trainerinnen aus und nehmen Impulse mit.
Die Choreografie auf die jeweiligen Tänzerinnen anpassen nach dem Motto: Wer es halt nicht so kann, tanzt eher hinten - das geht praktisch nicht, sagen sie. Denn die Aufstellungen müssen auch der Größe nach sortiert werden, sagt Sina Beiter. Und, es geht ja immer um die ganze Gruppe.
Die Mädchen müssen sich also beim Trainieren aufeinander abstimmen, damit in etwa das gleiche Niveau herrscht. Nach dem Motto: „Ohne Fleiß kein Preis“, lacht Jasmin Mey. Wer sich für die Garde entscheide, wisse, was auf sie zukommt. Nur nach Corona sei es schwer gewesen, die jungen Frauen wieder zu motivieren. Die trainingsund vor allem fasnetsfreie Zeit habe den Garden schon zu schaffen gemacht.
Aber letztlich zählt das Team. „Gut, dass wir in dieser Kampagne wieder wissen, wofür wir trainieren“, sagt Mey. Und: Sie die Tänzerinnen gar nicht einzeln hervorstechen. Das fängt beim Erscheinungsbild an - alle haben dasselbe Kostüm und tragen die gleiche Frisur - und hört bei absolut synchronen Schritten und Beinschwüngen auf. Trainiert wird auch Kondition, Kraft, Ausdauer, Koordination.
Dass die jungen Frauen von Wettbewerb zu Wettbewerb zusätzlich als Team zusammen wachsen, fasziniert auch die Organisatoren der Zunft. „Sie trainieren so hart und rufen es dann ab und klatschen sich ab, freuen sich, wenn sie etwas gewonnen haben“, sagt Verkündungsmeister Reinhold Knebel.
Wie Mey und Beiter geht es vielen in der Garde: Sie sind von klein auf mit der Fasnet verbunden, oft sitzen bei der Redoute oben die Väter im Rat, während unten die „Mädels“ihre Tänze zeigen. Oft wachsen die Tänzerinnen auch von den kleinen Garden hoch in die Prinzengarde oder steigen, wie Beiter, vom Turnen quer ein, da war sie 14.
34 Zünfte nehmen am Samstag beim Tanzwettbewerb teil. Los geht es bereits um 12 Uhr mit den Kleinsten. Ab 19 Uhr beginnt das Abendprogramm und das ist auch eine riesige Party mit einer 28-Meter-Bar und zwei DJs. Ein strammes Programm bis 23 Uhr und anschließend Party ist dies die erste Fasnetsveranstaltung in diesem Jahr. Mit dabei: die Mistelhexen. Und die, geben die Spaichinger neidlos, zu sind nochmal eine andere Liga. Umso mehr freuen sich die Gastgeber auf diese und andere Gäste.
„Sportlich ist eine solche Veranstaltung auch für die Organisatoren und Veranstalter“, sagt Knebel. „Im Grunde ist das wie eine Redoute“. Ob wenigstens ein Teil der närrischen Deko bleiben kann? Denn am nächsten Tag ist Neujahrsempfang der Stadt. „Ein Riesenaufwand alle zwei Jahre“, sagt Reinhold Knebel. Aber er sieht so aus, als ober er den gern treiben würde für die Deichelmausgarde.