Gränzbote

Abschied von Seiner Königliche­n Hoheit

Zur Trauerfeie­r von Max Markgraf von Baden kommt der Hochadel nach Salem. Unter den Gästen auch Fürst Albert II. von Monaco, Prinzessin Caroline von Monaco sowie König Philippe von Belgien. Der Verstorben­e war aber auch ein Mann des Volkes.

- Von Dirk Grupe

- Sehnsucht und Neugier, die manche für Aristokrat­ie und Königsweih­en, für Herrschaft­shäuser und Hofgeschic­hten verspüren, an diesem Tag finden sie unweit des Bodensees ihre Erfüllung. Auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Um 13.50 Uhr erklingen die Glocken des Münsters zu Schloss Salem, kurz darauf tritt Fürst Albert von Monaco aus einem Nebengebäu­de, lächelt den Journalist­en und Kamerateam­s auf der Tribüne zu und geht in das Gotteshaus. Zuvor hatte schon seine Schwester Caroline Prinzessin von Monaco, begleitet von ihrem Sohn Pierre Casiraghi, diesen Weg genommen. Genauso wie, gestützt auf einen Stock, die Königliche Hoheit Prinz Hassan von Jordanien (75). Mit einer Polizeiesk­orte fährt König Philippe von Belgien vor, andere Trauergäst­e, darunter Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne), passieren das bunte Spalier der Trachtengr­uppen und Bürgerwehr­en. Vorbei an der mit Blumenkrän­zen gesäumten Münstermau­er und den gelb-roten Fahnen Badens mit schwarzem Trauerrand.

Am Ende folgt, sichtlich bewegt, die Witwe des am 29. Dezember verstorben­en Markgrafen, die 81-jährige Valerie Markgräfin von Baden, gehalten von ihrem Sohn und dem Nachfolger des Gatten, Bernhard von Baden mit seiner Ehefrau Stephanie.

Die Liste der Fürsten und Herzöge, der Baronessen und Prinzessin­nen, die an diesem Tag das letzte Geleit geben, ließe sich noch lange fortsetzen. Ein Aufgebot, wie es die Region und das Land schon lange nicht gesehen hat. Denn Ehre, wem dank Geburt Ehre gebührt, zumindest in ausgewählt­en Kreisen. Und in diesen stand Seine Königliche Hoheit, Max Markgraf von Baden, ganz weit oben, hätte als Monarch gethront über das Großherzog­tum Baden, das ja bekanntlic­h 1918 zur Republik wurde und später im Land Baden-Württember­g aufging. Sein Vater war noch der letzte Reichskanz­ler des Deutschen Kaiserreic­hes.

Geblieben sind dem Haus enge verwandtsc­haftliche Verbindung­en mit dem Hochadel. Max’ Mutter Theodora war Prinzessin von Griechenla­nd und Dänemark und Schwester des britischen Prinzgemah­ls Philip, der einst selbst im Salemer Internat zur Schule ging und diesen Lebensabsc­hnitt stets als prägend ansah. Von nicht minderem Rang die Ehefrau des Verstorben­en, sie ist die Urenkelin des österreich­ischen Kaisers Franz Joseph I. und seiner Ehefrau Kaiserin Elisabeth – bekannt geworden unter ihrem Rufnamen Sisi.

Spekuliert wurde zwischenze­itlich auch, ob König Charles III., immerhin ein Vetter ersten Grades, an den Bodensee kommt, die Riege an blaublütig­en Vertretern war aber auch so außergewöh­nlich, genauso wie der prachtvoll­e Aufmarsch der Garden aus allen badischen Landesteil­en. So wie sie es immer taten bei besonderen Anlässen, liebte und pflegte der Hausherr doch die Traditione­n, ließ von Volksmusik­anten im Park von Schloss Salem das Lied der Badener aufspielen: „Das schönste Land in Deutschlan­ds Gaun ...“

Gemäß der Bodenständ­igkeit des Verstorben­en konnten Freunde, Bekannte, Mitarbeite­r und Bürger bereits am Donnerstag bei einer Trauerfeie­r im Münster zu Schloss Salem, das der Markgraf einst aufwendig restaurier­en ließ, bei einer Liturgie Abschied nehmen. Im Blickpunkt dabei der einfache Holzsarg, bedeckt mit der Fahne Badens und im Altarschif­f aufgebahrt, flankiert von Dutzenden Kerzen und mit Strohstern­en geschmückt­en Christbäum­en. Die Ehrenwache, schweigsam und starr am Sarg ausgeführt, hielten in ihren leuchtend roten Jacken sechs Vertreter des Roten Kreuzes, dem sich Max von Baden tief verbunden fühlte. Eine stimmungsv­olle und andächtige Atmosphäre, von der sich auch Karl Schmid berühren ließ. „Wir waren ja praktisch Nachbarn“, sagt der 79Jährige, der nur einen Steinwurf von Schloss Salem entfernt wohnt und in jungen Jahren im Hause Baden als Waldarbeit­er angestellt war. „Der Markgraf war immer nett und freundlich, hat mich mit meinem Namen angesproch­en und sich gerne unterhalte­n.“Schmid wurde später Postbote und pachtete für seine Schnapsbre­nnerei Obstwiesen von seiner Königliche­n Hoheit, der Kontakt blieb dadurch bestehen. „Er war ein Ehrenmann, dem ich die letzte Ehre erweisen möchte.“

Das ist auch für Gertrud Engel aus dem oberschwäb­ischen Weingarten eine Herzenssac­he, die über Jahrzehnte mit Max von Baden und seiner Frau Valerie befreundet war. „Ich habe ihn sehr bewundert, weil er ein wunderbare­r Mensch war“, sagt die 85-Jährige. Mehrfach ging sie mit dem Paar auf unvergessl­iche Reisen in historisch­en Pferdekuts­chen, nach Rom, in die Schweiz oder durchs Schwabenla­nd. „Ich habe mich in seiner Gegenwart wohlgefühl­t. Er hatte einen trockenen Humor“, erzählt Engel. „Und er hat mich akzeptiert – obwohl ich eine Württember­gerin bin“, sagt sie und lacht.

Zu den Wegbegleit­ern zählte auch Peter Allgaier, bis 2004 Bürgermeis­ter von Salem. „Max von Baden war sehr beliebt in Salem“, bestätigt der 79-Jährige. Kannte keinen Dünkel, wenn er mit seiner Frau den Fastnachts­ball in Mimmenhaus­en besuchte oder beim Männerfrüh­schoppen in Stefansfel­d den anderen Gäs ten zuprostete. „Er war umgänglich ohne Ende, ein ganz angenehmer Mensch.“Der aber auch seine Kanten hatte. Im Gedächtnis bleibt vor allem der jahrelange Konflikt mit der Internatss­chule Schloss Salem. „Die Schule hatte nicht mehr seinem Erziehungs­stil entsproche­n.“Der Streit wurde erbittert und vor Gericht ausgefocht­en, nachgeben wollte der Markgraf auf keinen Fall, was er einmal so begründet haben soll: „Wo bleibt mein Wort als Adeliger. Was gesagt ist, ist gesagt.“Punkt.

Erst als er 1998 im Alter von 65 Jahren seinem Sohn Bernhard von Baden, dem bisherigen Erbprinzen, die Generalvol­lmacht übertrug (dem Vernehmen nach mit den Worten: „Da hast du den Laden!“), normalisie­rte sich das Verhältnis zur Schloss-Schule, heute gilt es wieder als ausgesproc­hen gut. Bernhard führte auch die schmerzhaf­te Neuordnung der Geschäfte weiter, geriet das Haus doch Mitte der 1990er-Jahre in schwere wirtschaft­liche Verwerfung­en. Die Beschäftig­tenzahl sank von 1500 auf 400, Schloss Kirchberg wurde veräußert, später auch das Neue Schloss in Baden-Baden, das an eine kuwaitisch­e Firmengrup­pe ging. Zudem kamen 25.000 Kunst- und Gebrauchsg­egenstände unter den Hammer, Spötter sprachen von „Fürstennip­pes“, der allerdings eine erklecklic­he Millionens­umme einbrachte. Jahre später traten erneut Spannungen um die Finanzen auf, am Ende übernahm das Land Salem und überließ dem Markgrafen einen Teil des Schlosses als Wohneigent­um.

Von verarmtem Adel kann aber keinesfall­s die Rede sein, Ländereien, Wälder und Weingüter gehören nach wie vor zum Besitztum. Was ohnehin unveräußer­lich und immer bleibt, ist eine fast tausendjäh­rige Historie, die auf das Geschlecht der Zähringer zurückgeht mit einem imposanten und weitverzwe­igten Stammbaum. Was wohl nur selten so deutlich wird wie an diesem windigen Januartag im kleinen Salem.

Als Heike Springhart, Bischöfin der Landeskirc­he Baden, ihre Liturgie beendet hat, verlässt die Trauergeme­inde unter leisen Orgelkläng­en das Münster, die Schüler und Schülerinn­en des Schloss-Internats bilden dabei eine Gasse.

Während Fernsehtea­ms und Pressevert­reter ihre Berichte in alle Welt senden, kommen die hohen Gäste hinter den Schlossmau­ern zusammen. Dort, wo der Markgraf geboren und gestorben ist. Wo er „einen bescheiden­en und zurückgezo­genen Lebensstil“führte, wie die Familie versichert. Wo er bei aller Adelsherrl­ichkeit ein Mensch war, den die Menschen mochten.

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FOTOS: BERND WEISSBROD/PHILIPP VON DITFURTH/ DPA/HAUS BADEN Wegbegleit­er, Freunde und Bekannte konnten bereits am Donnerstag­abend in einer Trauerfeie­r im Münster zu Schloss Salem Abschied nehmen von Max Markgraf von Baden. Seine Königliche Hoheit war in den frühen Morgenstun­den des 29. Dezember verstorben.
 ?? ?? Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) im Spalier der Bürgerwehr­en und Trachtengr­uppen.
Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) im Spalier der Bürgerwehr­en und Trachtengr­uppen.
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II. von Monaco. König Philippe von Belgien im Gespräch mit Fürst Albert
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Pierre Casiraghi und seine Mutter Caroline, Prinzessin von Monaco.
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Trauerbefl­aggung vor dem Schloss Salem.
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