Unterirdisch
Klimaaktivisten im Tunnel machen Probleme bei der Räumung – Greta Thunberg besucht Lützerath
(dpa) - Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat am Freitag Lützerath besucht und das Vorgehen der Polizei bei der Räumung des Dorfes scharf kritisiert. „Es ist empörend, wie die Polizeigewalt ist“, sagte Thunberg.
In dem zu Erkelenz gehörenden Ort am Rande des rheinischen Braunkohlereviers zeichnete sich am Freitag schon das Ende der am Mittwoch begonnenen Räumung ab. Während Klimaaktivisten aus dem letzten noch von ihnen besetzten Gebäude getragen wurden, begann daneben schon der Abbruch des früheren Hofes von Bauer Eckardt Heukamp. An der Wand des Hofes hatte weithin sichtbar ein gelbes Transparent mit der Aufschrift „1,5°C heißt: Lützerath bleibt!“gehangen – diese Wand wurde nun abgebrochen. Der Heukamp-Hof war seit Jahren im Hintergrund vieler Protestaktionen zu sehen gewesen und hatte dementsprechend hohen Symbolwert.
Thunberg besichtigte am Freitag das Dorf und den Krater des Braunkohletagebaus und hielt dabei ein Schild mit der Aufschrift „Keep it in the ground“(„Lasst es im Boden“) hoch. Lützerath soll abgerissen werden, damit der Energiekonzern RWE die darunter liegende Kohle abbaggern kann. „Es ist entsetzlich zu sehen, was hier passiert“, sagte Thunberg.
Am Samstag werde sie an der geplanten Kundgebung für die Erhaltung von Lützerath teilnehmen, kündigte sie an. Wenn Regierungen und Konzerne in dieser Weise zusammenarbeiteten, um die Umwelt zu zerstören und zahllose Menschen zu gefährden, müsse die Bevölkerung dagegen angehen und ihre Stimme erheben. „Wir wollen zeigen, wie People Power aussieht, wie Demokratie aussieht.“Zu der Kundgebung werden nach Angaben der Polizei Tausende Teilnehmer erwartet.
Von den mehreren Hundert Klimaaktivisten, die Lützerath besetzt hatten, waren am Freitag noch höchstens einige Dutzend übrig. Die anderen waren freiwillig gegangen oder von der Polizei weggebracht worden. Einige hielten noch in Bäumhäusern aus. Das größte Kopfzerbrechen machten der Polizei zwei Aktivisten in einem Tunnel. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach stieg selbst ein Stück weit in den Tunnelschacht hinein. Die Bergung der beiden Personen müssten Spezialkräfte der Feuerwehr und des THW übernehmen, sagte er anschließend. „Ich finde es einfach schlimm, welche Gefahren diese Menschen auf sich nehmen, für sich.“Die Konstruktion sei alles andere als sicher.
Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte Teile der Proteste. „Auch ich habe früher häufiger demonstriert. Allerdings gibt es für mich eine Grenze, die genau da verläuft, wo Protest gewalttätig wird“, sagte der SPD-Politiker der „wochentaz“. Kritik, mit der Erschließung der Braunkohlevorkommen unter Lützerath seien die Klimaziele in Gefahr, ließ Scholz nicht gelten: „Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Es ist genau umgekehrt: Wir machen Politik, damit wir unsere Klimaziele erreichen.“
Auch Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) zeigte wenig Verständnis für die Proteste gegen den Abriss von Lützerath. „Es gibt viele gute Anlässe, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, meinetwegen auch gegen die Grünen. Aber Lützerath ist schlicht das falsche Symbol“, sagte Habeck.
Das Dorf sei eben nicht das Symbol für ein Weiter-so beim Braunkohletagebau Garzweiler im Rheinland, sondern „es ist der Schlussstrich“, sagte Habeck.