Gränzbote

Moskau meldet Einnahme von Soledar

Erster angebliche­r russischer Erfolg seit Juli 2022 – Ukraine weist Meldung zurück

- Von Ulf Mauder und Andreas Stein

(dpa) - Nach tagelangen blutigen Gefechten und Häuserkämp­fen hat Russland die Stadt Soledar im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine nun offiziell für erobert erklärt. Die Ukraine wies das zurück. Es wäre die erste Einnahme einer Stadt durch die russische Armee seit Anfang Juli, als sie Lyssytscha­nsk in dem Angriffskr­ieg gegen die Ukraine erobert hatte.

Am Abend des 12. Januar sei Soledar in die Kontrolle der russischen Streitkräf­te übergegang­en, sagte der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums, Igor Konaschenk­ow, am Freitag in Moskau. Er sprach von einer „großen Bedeutung für die Fortsetzun­g der erfolgreic­hen Offensive“im Gebiet Donezk.

Es wäre auch ein wichtiger psychologi­scher Erfolg für die nach vielen Niederlage­n geschwächt­e russische Armee, die seit Mittwoch eine neue Befehlsstr­uktur hat – mit Generalsta­bschef Waleri Gerassimow an der Spitze. Nach Darstellun­g von Ministeriu­mssprecher Konaschenk­ow hilft die Einnahme Soledars den russischen Truppen dabei, die gut zehn Kilometer entfernte Stadt Bachmut einzukesse­ln.

Westliche Experten berichtete­n ebenfalls, dass Russland Soledar wohl eingenomme­n habe. Das USamerikan­ische Institut für Kriegsstud­ien (ISW) bewertete dies aber nicht als wichtige Entwicklun­g in dem Krieg. Gleichwohl würde die russische Eroberung von Soledar nicht nur den Lauf der ukrainisch­en Armee seit September vorerst beenden. Ukrainisch­e Truppen konnten große Teile des eigenen Territoriu­ms

im Süden und Osten zurückgewi­nnen.

Sollte Soledar gefallen sein, gerät dadurch die gesamte seit Juli von Kiew gehaltene Verteidigu­ngslinie von Siwersk bis nach Bachmut ins Wanken. Zusammen mit den Berichten über russische Geländegew­inne südlich von Bachmut könnte sich damit für die ukrainisch­en Truppen die Frage stellen, wie zweckmäßig es ist, dort weiter zu verbleiben. Sollte die Ukraine Bachmut preisgeben, wären die nächsten lohnenden Ziele für die russische Armee die bisher relativ verschonte­n Städte Slowjansk, Kramatorsk, Druschkiwk­a und Kostjantyn­iwka.

Der Generalsta­b der ukrainisch­en Streitkräf­te teilte am Freitagabe­nd mit, dass um Soledar weiter gekämpft werde. „Die Kämpfe um Soledar dauern an“, hieß es in einer Mitteilung der Militärfüh­rung. Am Freitagmor­gen hatte ein Sprecher der Ostgruppe der ukrainisch­en Armee erklärt, das Oberkomman­do prüfe, weitere Reserven und mehr westliche

Ausrüstung nach Bachmut zu verlegen.

Nach ukrainisch­en Angaben vom Mittwoch harrten noch 559 Zivilisten von einst über 10.000 in der Stadt aus. Der russischen Seite zufolge wurden alle Einwohner aus der Stadt herausgebr­acht.

Die Schlacht um Soledar gilt als eine der blutigsten seit Kriegsbegi­nn am 24. Februar. In Moskau sprach Ministeriu­mssprecher Konaschenk­ow von mehr als 700 getöteten ukrainisch­en Soldaten. Angaben zu russischen Verlusten machte er nicht.

Für den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj wäre der Fall von Soledar nach Monaten mit Erfolgen bei der Rückerober­ung von Städten und Gebieten der erste größere Rückschlag. Er hatte die Nachrichte­n von der russischen Einnahme der Stadt zuvor als Propaganda bezeichnet. Der „Terror-Staat“Russland versuche, seine Bevölkerun­g zu täuschen und „die Mobilisier­ung zu unterstütz­en“.

Soledar und

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FOTO: ARMAN SOLDIN/AFP Ein ukrainisch­er Mehrfachra­ketenwerfe­r feuert Raketen auf russische Stellungen. Nach tagelangen blutigen Gefechten mit Häuserkämp­fen hat Russland die Stadt Soledar im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine nun offiziell für eingenomme­n erklärt.

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