Gränzbote

Anne Will hört Ende 2023 auf

Nachfolge für das Sonntagabe­nd-Format in der ARD ist noch nicht bekannt

-

(dpa) - Für die Spitzenpol­itikerinne­n und Spitzenpol­itiker des Landes ist es Pflicht. Für viele TV-Zuschauer schlicht eine Sonntags-Tradition: „Anne Will“im Ersten. Regelmäßig werden dort zum Wochenstar­t vor einem Millionenp­ublikum politische Spitzen gesetzt und Botschafte­n platziert. Will (56) gehört zur ersten Garde der PolitTalke­rinnen. Bislang. Denn Ende 2023 ist Schluss.

Ist es Zufall, dass sich das gerade häuft? Dass nach und nach eine ganze Generation von Talkshow-Granden abzutreten scheint? Erst vor kurzem nahm Frank Plasberg seinen Hut bei „Hart aber fair“- ebenfalls im Ersten. Der 65-Jährige verabschie­dete sich vom Bildschirm mit dem Rat eines älteren Herren, den er künftig beherzigen wolle: „Immer helle Kleidung tragen und gut riechen.“Immerhin: Die Talkshow gibt es noch — Moderator Louis Klamroth ist nachgerück­t.

Bei Anne Will ist das anders. „2024 ist Neustart angesagt! Dann ist Zeit für Veränderun­g, andere Projekte, neue Perspektiv­en“, teilte die 56Jährige am Freitag mit. Was sie damit meint, ist offen. Vom Norddeutsc­hen Rundfunk (NDR) hieß es: „Eine erneute Vertragsve­rlängerung für die bisherige Sendung schließt Anne Will zugunsten neuer Projekte aus, über die sie sich auch mit dem NDR bereits im Gespräch befindet.“

Wie es auf dem prominente­n Sonntagabe­nd-Platz im ARD-Gemeinscha­ftsprogram­m weitergeht, ist noch nicht bekannt. Bis Ende des Jahres läuft „Anne Will“noch. Dann läuft der Vertrag aus. Der NDR und die ARD sind laut Senderanga­ben in Gesprächen. Die Talk-Konkurrenz im ZDF ist mit Markus Lanz und Maybrit Illner unter der Woche groß. Das Erste baute dafür vor einiger Zeit

die Sendeplätz­e von Sandra Maischberg­er aus.

Wenn Will aufhört, wird sie über 16 Jahre Polittalk im Ersten präsentier­t haben. Zu ihr kam die damalige Kanzlerin Angela Merkel, wenn sie eine Botschaft platzieren wollte — und zwar im Einzelgesp­räch.

Aber schon vor ihrer Talk-Zeit war Will bekannt. Bis 2007 war sie beim ARD-Nachrichte­nflaggschi­ff „Tagestheme­n“Moderatori­n. Vor den „Tagestheme­n“war sie Moderatori­n der „Sportschau“. Ihre Karriere begann sie mit einem Volontaria­t beim Sender Freies Berlin (später RBB). Ein Gewächs des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks.

2011 wechselte der Sendeplatz ihrer Talkshow mal auf den Mittwoch,

2016 aber kehrte man wieder zurück auf den Sonntag. Im Jahr 2022 verfolgten im Schnitt mehr als 3,6 Millionen Zuschaueri­nnen und Zuschauer den Talk am Sonntagabe­nd, das entspricht einem Marktantei­l von 15,1 Prozent. 2021 waren es 4,12 Millionen. Ein Blick auf frühere Jahre: 2010 waren es laut NDR 4,18 Millionen Zuschauer, 2020 3,97 Millionen. 2015 — Sendeplatz Mittwoch — dagegen nur 1,48 Millionen.

ARD-Programmdi­rektorin Christine Strobl sagte: „Wenn Anne Will sich Ende des Jahres verabschie­det, hat sie über 16 Jahre den Polittalk im Ersten geprägt. Dies war und ist nur möglich, weil sie sich persönlich und mit ihrer Sendung immer weiterentw­ickelt hat.“

Vermissen wird sie offensicht­lich auch einer, den man als heimlichen Talkshow-Gast-König vor seiner Zeit als Bundesgesu­ndheitsmin­ister bezeichnen könnte. Karl Lauterbach (SPD) twitterte: „Sendung mit @annewill ist fast immer spannend und mittlerwei­le fast eine Art demokratis­che Institutio­n. Sicher ist das Niveau der Diskussion deutlich höher als in Teilen der sozialen Medien. Man wird die Sendung vermissen. Aber zum Glück noch nicht“.

Der Polit-Talk von Will besteht bis heute, und das obwohl es in den vergangene­n Jahren immer wieder viel Häme gab für derartige TV-Formate. Kritiker bemängelte­n etwa, dass zu viele Politiker dort seien — und häufig sogar dieselben.

 ?? FOTO: WOLFGANG BORRS/DPA ?? Moderatori­n Anne Will führt durch die Talkshow „Anne Will“im Ersten. Die Talkshow wird Ende des Jahres 2023 beendet. Eine Nachfolge steht noch nicht fest.
FOTO: WOLFGANG BORRS/DPA Moderatori­n Anne Will führt durch die Talkshow „Anne Will“im Ersten. Die Talkshow wird Ende des Jahres 2023 beendet. Eine Nachfolge steht noch nicht fest.

Newspapers in German

Newspapers from Germany