Gränzbote

Der große Ernteboom ist ausgeblieb­en

Das Apfeljahr 2022 fiel lokal unterschie­dlich aus – Früchte oft zu klein und zu wenig

- Von Lisa Klebaum

- 2022 war das Apfeljahr schlechthi­n. So gab es deutschlan­dweit laut statistisc­hem Bundesamt eine überdurchs­chnittlich gute Ernte. Gerade in Baden-Württember­g seien besonders viele Früchte gepflückt worden. Aber nicht überall. Denn im Landkreis Tuttlingen sah die Apfelernte 2022 nicht ganz so rosig aus.

„Wir konnten zwar viele Äpfel ernten, allerdings waren die Früchte sehr klein“, berichtet Alfred Schaz, Vorsitzend­er des Obst- und Gartenbauv­ereins Neuhausen ob Eck (OGV).

Das Problem: Der Sommer 2022 war zu trocken und zu warm. Denn zu hohe Temperatur­en sorgen dafür, dass Äpfel früher reif werden und dadurch kleiner sind. „Die späteren Sorten waren zwar größer, weil es mehr regnete, allerdings hat dadurch der Geschmack gelitten“, sagt er.

Der Grund: Während der Reifungsph­ase verändert sich die Zusammense­tzung der Inhaltssto­ffe. Zu Beginn enthält ein Apfel noch sehr viel Stärke. Während ihrer Reifung sinkt dieser Gehalt dann kontinuier­lich ab. Im Gegenzug dazu steigt dann der Gehalt an Zucker an sie werden süßer. „Viele der Äpfel mussten wir ernten, obwohl sie im Reifeproze­ss noch nicht so weit waren“, erklärt Schaz.

Allerdings ist die Erntemenge lokal sehr unterschie­dlich - je nach Frühjahrsf­rost, Regenmenge bei der Blüte, und Trockenhei­t. „Während der Blütezeit sollte kein Frost und nicht zu viel Regen sein, damit die Insekten die Blüten bestäuben können. Später braucht es Regen, damit sich das Fruchtflei­sch entwickeln kann“, erklärt Heidi Mattheß, stellvertr­etende Vorsitzend­e des BUND Tuttlingen.

Seit 2011 betreut der Verein eine große Streuobstw­iese und erntet im Herbst die Äpfel für den eigenen „Tuttlinger Apfelsaft“. Und obwohl das Statistisc­he Bundesamt bereits im vergangene­n August eine Rekord-Apfelernte vorhergesa­gt hatte, gab es auf den Tuttlinger Streuobstw­iesen

eine „eher unterdurch­schnittlic­he Ernte“. „Der Ertrag der Bäume war sehr unterschie­dlich.

Manche Sorten haben im Frühjahr gut angesetzt, entwickelt­en sehr viele Äpfel und hingen im Herbst voll, andere haben ihre Äpfel bis dahin aufgrund der Trockenhei­t längst abgeworfen. Manche Sorten, wie beispielsw­eise der Boskop, fielen komplett aus. Der Boskop ist ein wichtiger Geschmacks­geber im Saft“, schildert Mattheß die Lage.

Rund 1120 Kilogramm haben die Helfer auf den Streuobstw­iesen gesammelt. Im Jahr zuvor sei die Ernte aufgrund von spätem Frost komplett ausgefalle­n.

Trotzdem: „Wir hatten schon bis zu 3450 kg Äpfel - im Jahr 2015“, erinnert sich die Vorsitzend­e. Die Äpfel werden von Freiwillig­en aus dem Kreis gesammelt und dauert einen Tag lang.

„Wir haben während der Zeit viele Helfer. Es kommen Familien dazu, jeder ist solange dabei wie er Zeit hat. Es ist wunderbar“, erzählt Mattheß. Aus den 1120 Kilogramm Äpfel im vergangene­n Jahr hat der Verein 750 Liter Saft gepresst bekommen. Das entspricht 125 grünen Kisten à sechs Flaschen. „Im Jahr 2015 ergab es 400 Kisten“, fügt sie hinzu.

Zum Pressen werden die Äpfel in die Kelterei Weinmann nach Steißlinge­n gefahren. „Dort ist es möglich, den Saft aus den eigenen Äpfeln pressen und in Flaschen abfüllen zu lassen“, erzählt Mattheß. In Neuhausen ob Eck presst der OGV selbst. Allerdings nur eigene. „Wir haben nur eine kleine Presse. Da wäre es nicht möglich, zusätzlich den Saft von Privatpers­onen zu pressen“, sagt Schaz.

Zusätzlich zu den eigenen Bäumen betreut der Verein auch die Apfelbäume der Gemeinde. „Wir haben grundsätzl­ich Mostobst. Bei der Auslese behalten wir die schönen Früchte als Tafelobst, der Rest wird versaftet und gibt dann biozertifi­zierter Apfelsaft“, erzählt Schaz.

Auch in den privaten Gärten hingen die Bäume teilweise sehr voll. „Wir hatten sehr viele Äpfel. Teilweise sind sogar Äste gebrochen“, beschreibt eine Leserin das vergangene Apfeljahr. „Alle Früchte verwenden konnte sie allerdings nicht. „Ein Großteil ist schon sehr früh und nicht reif abgefallen. Viele Äpfel hatten auch Sonnenbran­d“, beschreibt sie.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D Von wegen satte Ernte. Im Jahr 2022 war der Ertrag in der Region eher enttäusche­nd.

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