Nachbarschaftshilfe braucht Verstärkung
Wie das Konzept in Trossingen funktioniert und welche Angebote für das kommende Jahr geplant sind
- Die Diakonie Trossingen organisiert Hilfe für Senioren im Alltag. Dadurch können ältere Menschen in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und bekommen Unterstützung bei verschiedenen Aufgaben. Stationsleitung Martina Rustler erklärt Redakteurin Katharina Schaub, wie sie die Nachbarschaftshilfe organisiert und welche Angebote sie in Zukunft gerne anbieten will.
Was ist das Ziel der Nachbarschaftshilfe?
Unser Ziel ist es, die Pflegebedürftigen und Klienten im Alltag zu unterstützen. Unsere Helfer unterstützen bei Haushaltsführung, Wäsche und Einkauf. Ein weiteres Standbein ist die Betreuung zum Beispiel in Form von Spaziergängen und Gesprächen. Doch dafür haben wir leider zu wenig Personal. Daher wurde angestoßen, die Nachbarschaftshilfe wieder breiter zu fächern und neue Helfer zu gewinnen.
Wenn Sie sagen, Sie haben zu wenig Personal, was heißt das konkret?
Wir haben fünf Hauswirtschaftstouren, so nennen wir das. Da sind an die 100 Patienten drin, die sich über den Monat verteilen. Einige brauchen beispielsweise nur alle 14 Tage Unterstützung. Dabei sind aktuell auch zehn Personen, die nur von Nachbarschaftshelfern betreut werden. Der Rest bekommt zusätzliche Pflege.
Ist das Angebot denn bekannt genug - vor allem für potentielle neue Nachbarschaftshelfer?
Wir hatten das Angebot vor einem Jahr schon, aus dieser Zeit ist es vermutlich noch bekannt. Jetzt wollen wir es wieder ausbauen. Daher hoffen wir, dass sich noch neue Helfer bewerben. Wir sind dankbar für jede Hilfe.
Welche Voraussetzungen muss ein Nachbarschaftshelfer mitbringen?
Empathie ist ganz wichtig. Und uns ist ganz wichtig, dass die Klienten zufrieden sind und sich wohl fühlen. Es ist sinnvoll, schon Erfahrungen im Bereich Pflege mitzubringen, weil man dann weiß, was auf einen zukommt, aber es ist für die Hauswirtschaft nicht zwingend notwendig. Deswegen nennen wir das auch ergänzende Hilfen. Wenn jetzt jemand sagt, er oder sie möchte sich
engagieren und etwas für die Gemeinschaft tun, dann findet man eher in der Betreuung sein Steckenpferd, denn da geht es um den Menschen.
Wie werden die Helferinnen und Helfer geschult?
Die Helfer werden erst mal für ein, zwei Wochen - je nach Vorkenntnissen - mit in die Tour genommen. Dabei wird die Person eingearbeitet und lernt die Patienten kennen. Fortund Weiterbildungen gibt es momentan bei uns noch online. Es besteht auch immer die Möglichkeit, eine Ausbildung als Pflegehelfer zu machen. Damit können sie dann auch leichte Behandlungspflege machen und nicht nur reine Hauswirtschaft.
Wie sieht der Ablauf aus, wenn jemand zu Ihnen kommt, mit der Idee, sich Hilfe zu holen?
In der Regel rufen die Leute über unser Büro an und fragen, ob wir Kapazitäten haben. Wenn das der Fall ist, gibt es einen Ersttermin bei der betroffenen Person. Hier werden dann
alle offenen Fragen besprochen. In welchem Umfang braucht er oder sie Hilfe? Dann gehe ich zurück an den Schreibtisch und plane, an welchen Tagen eine Betreuung in welchen Umfang möglich ist.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie merken, dass die Nachbarschaftshilfe nicht mehr ausreicht und jemand intensivere Pflege braucht?
Wenn uns das auffällt oder die Kollegen rückmelden, dass da jemand mehr Unterstützung braucht, gehen wir nochmal hin, schauen uns die Situation an und beraten. Unsere Beobachtungen schildern wir dann auch den Klienten und den Angehörigen und besprechen mögliche weitere Leistungen. Es ist oft so, dass man mit Hauswirtschaft und Nachbarschaftshilfe anfängt und dann die Pflege dazukommt. Die Senioren können also auch in so einem Fall in ihrem Umfeld bleiben.
Wie kommunizieren Sie das den Betroffenen? Dass man altert und weniger Dinge alleine kann, hört vermutlich kaum jemand gerne.
Tatsächlich ist es überwiegend so, dass die Klienten auf uns zukommen und sagen, dass sie merken, dass ihnen bestimmte Dinge immer schwerer fallen. Es ist also nicht so, dass man da auf sie einwirken muss. Wenn aber jemand von Anfang an Beratung ablehnt, dann müssen wir uns in dem Fall zurückhalten. Das ist dann leider so.
Wie werden die Nachbarschaftshelfer den Touren und damit den Klienten zugeordnet? Die beiden Parteien sollten sich ja gut verstehen.
Das probieren wir aus. Wenn wir merken, dass es nicht harmoniert, dann ändern wir auch etwas. Wir gucken schon, dass die Chemie stimmt zwischen den beiden. Vier, fünf Klienten haben ihre Stammhelferinnen. Das ist wie Familie. Das versuchen wir aufrecht zu erhalten und auszubauen, dieses familiäre Verhältnis. Corona hat schon viel dazu beigetragen, dass diese Vereinsamung verstärkt da war. Während Corona sind die Helfer mit entsprechenden Hygienemaßnahmen trotzdem da gewesen, aber die Kommunikation war durch die Maske schwieriger. Es war schon eine Herausforderung. Ansonsten ist das größte Problem, dass wir viele Anfragen und wenig Personal haben. Die können wir momentan nicht alle bedienen.