Der Gold-Barren
Europameisterin Elisabeth Seitz hat den TSV Tettnang und ihr Erfolgsgerät besucht
- Beim Blick auf den Stufenbarren in der Carl-Gührer-Halle in Tettnang kommen bei Elisabeth Seitz lauter gute Erinnerungen hoch. Schließlich ist die 29-Jährige an diesem Gerät im vergangenen August in München Europameisterin geworden. Anschließend hatte die Turnabteilung des TSV Tettnang den Stufenbarren gekauft – und nun Besuch der Goldgewinnerin erhalten. Für die jungen Kunstturnerinnen des TSV ein unvergesslicher Abend für viele Fragen.
Im Halbkreis sitzen die Tettnanger Kunstturnerinnen um ihr Idol herum. Elisabeth Seitz bittet darum, jede Frage zu stellen, die den Kindern und Jugendlichen einfällt. „Ich versuche, alle zu beantworten“, sagt Seitz. Daran halten sich beide Seiten: Der Turnnachwuchs fragt, die „Turn-Oma“, wie sich Seitz selbst humorvoll nennt, antwortet. Ob sie in einer Villa lebe. „Nein!“Ob sie viel Geld verdiene. „Ich kann mir mit meinem Freund eine Mietwohnung in Stuttgart leisten und träume irgendwann von einem eigenen Häuschen.“Wie oft sie in ihrer Karriere Letzte geworden sei. „Ganz oft, daraus habe ich dann immer auch Kraft gezogen, weil ich es das nächste Mal besser machen wollte.“Wer die Reisen zu Wettkämpfen wie EM und WM oder Olympia bezahle. „Das macht der Deutsche Turner-Bund, denn ich vertrete ja Deutschland.“
Tettnangs Turnabteilungs-Geschäftsführer Oliver Schneider muss gar nicht groß eingreifen und die Diskussion am Leben halten – seine Nachwuchsturnerinnen haben Fragen über Fragen. Doch wie kommt eine kleine Kunstturnabteilung wie der TSV überhaupt zum Gold-Barren? „Wir brauchten einen neuen Stufenbarren, weil der alte nicht mehr gut war“, sagt Miriam Enzenmüller, Trainerin der Leistungsturngruppe und im Vorstand der TSV-Turner zuständig für die Investitionen.
Enzenmüller fragt beim Hersteller an, der ganze Bestellprozess zieht sich aber ein wenig in die Länge. „Dann hat der Kundenberater sich gemeldet und gesagt, dass er zwei gebrauchte Geräte von der EM hätte und ob wir daran Interesse hätten“, meint Enzenmüller. Hat der TSV natürlich und schlägt zu. Enzenmüller schreibt schließlich noch direkt das Management von Seitz an, schildert die Geschichte und fragt, ob die Europameisterin nicht nach Tettnang kommen könne. „Das ist für uns und unsere Turnerinnen der Wahnsinn, so einen Star aus der Nähe erleben zu dürfen“, sagt Enzenmüller.
Und der Star, um den es an diesem Abend in Tettnang geht, zeigt sich ganz entspannt. „Es ist mein Ziel, mit dem Sport, den ich auch noch als Turnoma weiter ausübe, dem Nachwuchs zu zeigen, dass Turnen wahnsinnig Spaß macht“, sagt Seitz. „Es ist eine wunderschöne Sportart. Ich hoffe, dass ich ganz viele junge Mädels motivieren kann, dass wir ganz viel Nachwuchs haben werden in Zukunft.“Dafür nimmt sie Termine wie beim TSV gerne an.
Beim Blick auf ihren GoldBarren wird das Grinsen bei Seitz noch einmal ein bisschen breiter. „EM-Gold zu Hause in Deutschland, das war mein bisher größter Erfolg. Und das vor einer Wahnsinnskulisse. Am liebsten würde ich den Barren einpacken und mit nach Hause nehmen.“Doch das geht natürlich nicht. Stattdessen signiert Seitz nicht nur zahlreiche Autogrammkarten, T-Shirts und auch einen Spezialschuh einer verletzten Turnerin – sondern auch den Stufenbarren. Dazu werden Erinnerungsfotos geschossen.
Seitz genießt es, dass sie und ihre Sportart durch die Erfolge bei den
European Championships im vergangenen August in München deutlich mehr im Fokus standen. „Die Halle war brechend voll, rund 10.000 Zuschauer haben mein Barrenfinale gesehen“, erinnert sich die Turnerin des MTV Stuttgart. „Dieses Event hat gerade uns Randsportarten sehr geholfen. Die Aufmerksamkeit war groß, das hat umso mehr Spaß gemacht.“Aus dem Erfolg von München zieht Seitz neue Motivation. „Trotz meines hohen Turnalters bin ich immer noch ganz vorne in der Weltspitze dabei. Ich habe einen Riesenspaß am Turnen“, sagt die 29-Jährige. Aufhören? Nein! „Ein viertes Mal Olympia, das will ich schaffen.“
Dafür arbeitet sie weiter hart – 25 bis 30 Stunden pro Woche, von montags bis samstags. Dazu eben PR-Termine wie in Tettnang, auch ein Buch hat Seitz geschrieben. Die Sportsoldatin, die Englisch und Deutsch auf Lehramt studiert, sagt selbst: „Ich habe viel zu tun.“Nach dem EM-Titel hat sie sogar ihren Urlaub abgebrochen. „Aber ich finde es schön, wenn Leute meine Erfolge wertschätzen.“
„Am liebsten würde ich den Barren einpacken und mit nach Hause nehmen.“Elisabeth Seitz beim Blick auf den Stufenbarren beim TSV Tettnang
Einen Beitrag von Regio TV den Besuch von Elisabeth Seitz beim TSV Tettnang