Mit dem Solterra startet Subaru in die E-Mobilität
Licht und Schatten bei der Testfahrt im japanischen Elektro-SUV mit Allradantrieb
Es ist der größte Allrad-Hersteller der Welt, steht wie sonst nur Porsche für den Boxermotor und gilt zumindest bei uns als schrulliger Außenseiter für Feld, Wald und Wiese. Doch auch für eine eher exotische Marke wie Subaru führt offenbar kein Weg an der Elektromobilität vorbei. Und weil die Japaner mittlerweile eng mit Toyota verbandelt sind, müssen sie dafür nicht einmal große Klimmzüge machen. Wenn deshalb jetzt zu Preisen ab 57.490 Euro die ersten Solterra an der Ladesäule auftauchen, sind die nicht viel mehr als neu etikettierte und ein wenig anders abgestimmte Exemplare des bZ4X, den Toyota für 10.000 Euro weniger verkauft – allerdings nur mit Frontantrieb. Der Solterra, so viel Treue zum eigenen Markenkern muss dann doch sein, fährt immer auf allen Vieren.
War die Zusammenarbeit der beiden Marken beim Sportcoupé BRZ und GT-86 noch ausgesprochen befruchtend und hat den Petrolheads ein selten gewordenes Lustauto mit großen Spaß für kleines Geld beschert, ist sie beim ersten dezidierten Elektroauto der beiden Marken eher befremdlich. Denn dafür, dass Toyota der größte Autohersteller der
Welt ist und als Späteinsteiger auf der Electric Avenue von den anderen hätte lernen können, ist der elektrische Zwilling erschreckend durchschnittlich geraten.
Ja, die erste dezidierte E-Plattform der Japaner ist sehr raumeffizient, sodass der Solterra bei 4,69 Metern Außenlänge und 2,85 Metern Radstand selbst den Hinterbänklern feudale Platzverhältnisse verspricht. In der Papierform gehen Akkus mit einer Kapazität von 71,4 kWh, einer Ladeleistung von bis zu 150 kW und Reichweiten deutlich jenseits von 400 Kilometern auch in Ordnung.
Und selbst mit den bescheidenen 218 PS und einer spaßbefreiten Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h kann sich die Generation E wahrscheinlich arrangieren – zumal der Solterra mit einem Sprintwert von 6,9 Sekunden zumindest in der Stadt ganz flott dabei ist und auf Knopfdruck das einmalige Plaisier des Ein-Pedal-Fahrens bietet.
Doch in der Praxis enttäuscht der Japaner dafür um so mehr – zumindest in einer Winterwoche mit frostigen aber keineswegs eisigen Temperaturen. Selbst bei verhaltener Fahrweise und einer Klimaanlage im EcoModus
liegt der Durchschnittsverbrauch permanent 75 Prozent über dem Normwert von mindestens 16,0 kWh/100 Kilometern, es lassen sich selbst mit Samtfüßen nicht einmal 250 Kilometer aus der Batterie kitzeln und das Laden wird zu einer bibbernden Geduldsprobe. Wenn sich Auto und Säule überhaupt mal verstehen, fließt der Strom selten mit mehr als 40 und nie mit über 100 kW.
Aber Subaru hat gut lachen. Erstens, weil die Japaner die Schuld leicht auf Toyota schieben können. Und zweitens, weil der Solterra für sie trotzdem ein großer Schritt nach vorne ist. Denn was dem Stromer am Antrieb fehlt, das macht er beim Ambiente wett: Das digitale Display tief hinter dem Lenkrad, der riesige Touchscreen daneben und auf dem hohen Mitteltunnel ein pfiffiges Ladefach fürs Smartphone – so modern, aufgeräumt und wie aus einem Guss geht es in Impreza oder Outback nicht zu. Auch bei den Assistenzsystemen macht die Nischenmarke so einen großen Sprung nach vorn – selbst wenn die ständigen Warnhinweise gefährlich nach Besserwisser und Petze klingen.
Aber nicht alle Software ist auf der Höhe der Zeit: Denn so verständig die Sprachsteuerung und so fortschrittlich das Menü mit seinen
Apps ist, so enttäuschend ist das Navigationssystem. Zwar ist es dank Cloud-Anbindung immer auf dem neuesten Stand und kennt obendrein die aktuelle Verkehrslage. Doch hätten die Programmierer dem elektronischen Pfadfinder ruhig mal verraten können, dass er einem Stromer den Weg weisen soll. So jedenfalls kennt er weder die Restreichweite am Ziel, noch plant er die Ladestopps entlang der Route ein – von intelligentem Lademanagement oder dem Vorkonditionieren der Batterie ganz zu schweigen.