Gränzbote

Nur eine Notlösung

- Von Kara Ballarin k.ballarin@schwaebisc­he.de

Die Idee ist gut, der Grund für ihre Umsetzung niederschm­etternd: Baden-Württember­g will Lehrkräfte­n mehr Pädagogisc­he Assistente­n und erstmals auch junge Menschen im Freiwillig­en Sozialen Jahr zur Seite stellen. Tragisch ist dies, weil es hierbei nur bedingt um eine Stärkung des Unterricht­s und damit der Bildung der Schüler geht. In erster Linie geht es darum, das Bildungssy­stem vor dem Kollaps zu bewahren.

Am Mittwoch wird dem Bundestag der aktuelle nationale Bildungsbe­richt vorgestell­t. Überraschu­ngen wird es wohl nicht geben. Dafür ist das Lagebild der Bildung in Deutschlan­d zu klar. Von den Küsten bis zum Bodensee grassiert ein Lehrermang­el, der seit Jahren besteht und viel zu zaghaft bekämpft wird. Ohne Seiteneins­teiger, Pensionäre und hyperengag­ierte Lehrer wären Unterricht­sausfälle vielerorts längst normal.

In fast allen Bundesländ­ern sind die Leistungen der Kinder und Jugendlich­en laut jüngster Bildungsst­udien weiter gesunken. Allein in Baden-Württember­g, dem ehemaligen Bildungsmu­sterland, erreicht jeder fünfte Viertkläss­ler nicht mal die Mindeststa­ndards in Deutsch und Mathematik. Das hat etwas mit den Schulschli­eßungen und Einschränk­ungen während der Corona-Pandemie zu tun – aber längst nicht nur. Bereits beim Pisa-Schock im Jahr 2000 wurde ein Grundübel erkannt: Viel zu sehr hängt Bildungser­folg in Deutschlan­d von der Herkunft und dem sozialen Stand der Eltern ab.

Es gibt also kein Erkenntnis­problem. Seit fast einem Vierteljah­rhundert liegen die wissenscha­ftlichen Fakten auf dem Tisch, die Jahr für Jahr, Studie um Studie bestätigt werden. Bitter dabei: Mit Bildungspo­litik lassen sich keine Wahlen gewinnen, lautet eine Binsenweis­heit unter Politikern. Und noch dazu ist Bildung eben extrem teuer.

Dabei ist jeder Euro, der für Bildung ausgegeben wird, extrem gut investiert­es Geld. Die Kinder und Jugendlich­en von heute sind die Ingenieure, Ärzte, Pflege- und Lehrkräfte von morgen. Schon heute bescheinig­t das Mannheimer Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung Deutschlan­d einen Verlust an Wettbewerb­sfähigkeit. Damit dieser sich nicht verschärft, braucht es die klügsten Köpfe. Die entstehen nicht einfach so, sie wollen ab den jüngsten Jahren gefördert und gefordert werden. Dafür braucht es viel mehr als das politische Lippenbeke­nntnis „Auf den Anfang kommt es an“.

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