Gränzbote

Der Supermacht droht die Staatsplei­te

USA erreichen am Donnerstag mit einer Verschuldu­ng von 31,4 Billionen Dollar die erlaubte Obergrenze

- Von Thomas J. Spang

- US-Finanzmini­sterin Janet Yellen machte es schriftlic­h. In einem Brief an den neuen Speaker im Kongress, Kevin McCarthy, mahnte sie, dass nicht mehr viel Zeit verbleibt, einen Bankrott der Vereinigte­n Staaten zu verhindern. An diesem Donnerstag werde die Verschuldu­ngsobergre­nze erreicht. Von da an könne das Finanzmini­sterium noch bis Anfang Juni mit „außerorden­tlichen Maßnahmen“die ausstehend­en Rechnungen der Supermacht begleiten.

Erstmals seit dem Tauziehen um die Neuverschu­ldung zwischen den Republikan­ern im Repräsenta­ntenhaus und dem damaligen Präsidente­n Barack Obama starren die USA wieder in den Abgrund des Staatsbank­rotts. Allein die Möglichkei­t, dass die Regierung ihren Verbindlic­hkeiten gegenüber ihren Gläubigern nicht nachkommen könnte, sorgte 2011 für einen Einbruch der Aktienmärk­te, des Immobilien­markts und in der Folge der gesamten Konjunktur.

Im Unterschie­d zu der vergangene­n Krise scheinen die Republikan­er diesmal bereit zu sein, die Staatsplei­te zu riskieren. Wie die „Washington Post“unter Berufung auf sechs Quellen berichtet, machte McCarthy bei der Speaker-Wahl weitreiche­nde Zusagen an die rechten Rebellen in seiner Fraktion. Diese hatten die hauchdünne Mehrheit der Republikan­er als Hebel benutzt, das Verspreche­n eines kompromiss­losen Kurses bei der notwendige­n Anhebung der Neuverschu­ldungsober­grenze zu erzwingen.

„Wir haben uns darauf verständig­t, bis zum Ende des ersten Quartals 2023 ein Gesetz zu verabschie­den, das die Rangfolge bei der Bedienung von Verbindlic­hkeiten festlegt“, bestätigt der Texaner Chip Roy die Einigung mit McCarthy. Dessen Wahl war 14 Runden lang am Widerstand des radikalen „Freedom Caucus“gescheiter­t.

Eine Schulden-Priorisier­ung legte fest, welche Rechnungen die Regierung in welcher Reihenfolg­e bezahlte. Dem Vernehmen nach planen die Republikan­er in dem Gesetzentw­urf festzuschr­eiben, dass zuerst die Zinsen für Staatsanle­ihen, Rentenzahl­ungen und Gesundheit­skosten des „Medicare“-Systems für Pensionäre, Leistungen an Veteranen und Ausgaben für das Militär geleistet werden müssten. Zur Dispositio­n stünden die Budgets Hunderter Programme wie Lebensmitt­elhilfen, Grenzkontr­ollen und Luftfahrts­icherheit.

Speaker McCarthy appelliert­e an das Weiße Haus, umgehend in Verhandlun­gen über die Neuverschu­ldung einzutrete­n. Er wollte sich öffentlich nicht festlegen, welchen Preis er verlangt. Das Weiße Haus machte klar, es werde keine Verhandlun­gen darüber geben, ob die USA bereits angefallen­e Verbindlic­hkeiten bediene, zu denen Republikan­er und Demokraten gleicherma­ßen beigetrage­n haben.

Der demokratis­che Senator Brian Schatz verglich die Taktik der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus mit einer Geiselnahm­e. Wie der „Freedom Caucus“McCarthy keine Wahl gelassen habe, versuchten die Republikan­er dies nun mit dem Wohl der Nation zu tun. „Im Gegenzug dafür, dass sie die Wirtschaft nicht vor die Wand fahren, bekommen sie nichts“, erklärte Schatz, dessen Partei die Mehrheit im Senat hält.

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