Auf Anleger wartet ein gutes Aktien-Jahrfünft
In Jahren mit einer Rezession hat der Dax im Schnitt spürbar mehr zugelegt als sonst
- Viele Anleger befürchten, dass auch 2023 ein schwieriges Jahr werden könnte, weil eine Rezession ins Haus steht. Doch der Blick in die Statistik besagt das genaue Gegenteil: In Jahren mit einer Rezession hat der DAX mit 31 Prozent im Schnitt spürbar mehr zugelegt als sonst. Auch auf Sicht von fünf Jahren ist Zuversicht angezeigt – zumindest, wenn sich der Aktienmarkt so verhält wie nach früheren Verlusten.
Es gibt angebliche Börsenweisheiten, die so falsch wie unausrottbar sind. Dazu gehört, dass die Aktienmärkte in Zeiten einer Rezession zwangsläufig leiden müssen. Die Theorie dahinter: Sinken die Gewinne der Unternehmen, folgen die Kurse. Während man dies nun allerorten lesen kann, wird es durch die ständige Wiederholung nicht wahrer.
Richtig ist vielmehr, dass Aktien bereits vor der Rezession Kursverluste verbuchen. Der Grund: Die Finanzmärkte versuchen, die konjunkturelle Entwicklung vorwegzunehmen, statt ihr zu folgen.
Beispiellose Hauruckaktion Notenbank
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Das war auch 2022 der Fall, als die US-Notenbank in einer beispiellosen Hauruckaktion begann, die Leitzinsen in großen Schritten anzuheben, um die Inflation einzudämmen. Das Kalkül des Aktienmarktes: Steigende Kreditkosten aufgrund höherer Zinsen sowie höhere Beschaffungskosten wegen der Inflation werden bald die Rentabilität etlicher Unternehmen schmälern. Also gaben die Kurse nach. „Vom Jahreswechsel 2021/22 bis zum Dezember 2022 bewegten sich die Aktienmärkte im Zickzackkurs nach unten. Aktuell verbucht der MSCI World, gemessen in der tonangebenden Dollar-Währung, ein Minus von 17 Prozent“, sagt Daniel Kolb von Heidelberger Vermögen. Stellenweise betrugen die Verluste sogar 28 Prozent.
Aktienmärkte preisen Rezessionen im Vorfeld ein
Aktienmärkte gehen also bereits im Vorjahr einer Rezession in die Knie oder laufen in diesen Phasen zumindest unterdurchschnittlich. Das war im Deutschen Aktienindex (DAX) bisher fast jedes Mal so: 1966, 1974, 1981, 1992, 2002, 2008 – und jüngst 2022. In drei dieser Jahre verlor der DAX zwischen 20 und fast 45 Prozent. Ansonsten dümpelte der Zuwachs um den Nullpunkt herum. „Nur 2019, im Vorfeld der CoronaKrise, lief der DAX gut. Da hatte aber niemand die kurze Rezession von 2020 auf dem Schirm, die ja durch politische Entscheidungen zustande kam“, sagt Carmen Bandt von der Kidron Vermögensverwaltung in Stuttgart. Und 2022? Stellenweise war der DAX über 20 Prozent im Minus. Am 8. Dezember waren es zehn Prozent.
DAX brachte in Rezessionsjahren 31 Prozent Plus
Die gute Seite dieser Angelegenheit: „Verhalten sich die Märkte so, wie sie es seit Jahrzehnten tun, dürften sie während der kommenden Rezession in der Realwirtschaft deutlich zulegen“, so Daniel Kolb. Denn im Schnitt hat der DAX in den bisher sieben Rezessionsjahren 31 Prozent gewonnen und damit die langfristige Performance von rund sieben Prozent klar hinter sich gelassen. Und es gab kein einziges Jahr mit einem Minus. Gründe für diese gute Performance sind, dass die Notenbanken in Rezessionen die Zinszügel lockern und der Staat die Wirtschaft oft mit fiskalischen Stimuli zu unterstützen sucht. Übrigens: Ohne die nur vier Prozent Zuwachs aus dem Polit-Rezessionsjahr 2020 läge der Durchschnitt sogar bei 35 Prozent.
Vermögen in fünf Jahren verdoppelt
Doch es kommt noch besser. Langjährige Untersuchungen seit den 1950er-Jahren zeigen: Nach Kursverlusten von 20 Prozent und mehr hat der breite US-Aktienmarkt, repräsentiert durch den S&P-500-Index, in den folgenden fünf Jahren im Durchschnitt 110 Prozent zugelegt – und sich damit mehr als verdoppelt, maximal sogar 240 Prozent. In acht von 13 dieser Zeiträume gewann der Index im dreistelligen Prozentbereich hinzu. In den fünf verbleibenden Jahrfünften betrugen die Zuwächse 28, 47, 85, 87 und 98 Prozent.
Übrigens: Der Zuwachs um 110 Prozent in einem Jahrfünft entspricht einer annualisierten Rendite von 16 Prozent. „Auf Sicht von mindestens fünf Jahren dürfte sich jetzt der Kauf oder Zukauf von Aktien sehr wahrscheinlich richtig lohnen“, sagt Vermögensprofi Carmen Bandt. Dies umso mehr, als die Jahre nach Zwischenwahlen zu den besten Börsenjahren in den tonangebenden USA zählen.
Größter Fehler: Überhaupt nicht in Aktien investieren
Doch wie können sich Anleger, die von dieser Ausgangslage profitieren wollen, positionieren? „All-in zu gehen, wie beim Pokern, empfiehlt sich definitiv nicht“, rät Kolb. Zunächst sollten Anleger wissen, welches Risikoprofil und damit welche Aktienquote sie (er)tragen können. Ist diese Quote nicht ausgeschöpft oder besitzt man bislang keine Aktien, kann der Aufbau eines gut gestreuten ETF-Depots oder dessen Aufstockung eine sinnvolle Option sein. Aus Sicht der Vermögensverwalter ist klar: Größter Fehler wäre, gar nicht in Aktien zu investieren!