Gränzbote

Mann wollte „wahllos“töten

Prozess nach Gewalttat an Esslinger Schule

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(dpa) Nach der Messeratta­cke in einer Grundschul­e in Esslingen südöstlich von Stuttgart geht die Staatsanwa­ltschaft von einer schweren seelischen Störung des mutmaßlich­en Täters aus. Der angeklagte 25-Jährige sei auch nach dem Angriff auf ein Mädchen und eine Betreuerin im vergangene­n Juni für die Allgemeinh­eit gefährlich, sagte der Vertreter der Anklage am Dienstag zum Prozessauf­takt gegen den Mann in Stuttgart. Weil vergleichb­are erhebliche Straftaten zu erwarten seien, müsse er in einer psychiatri­schen Klinik untergebra­cht werden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem angeklagte­n Mann versuchten Mord und gefährlich­e Körperverl­etzung vor. Er will sich aber vorerst nicht zu den Vorwürfen gegen ihn äußern.

Der Angeklagte hatte nach Darstellun­g der Staatsanwa­ltschaft am 10. Juni die Ferienbetr­euung in der Esslinger Katharinen­schule überfallen und ein damals sieben Jahre altes Mädchen angegriffe­n. Auch eine Betreuerin wurde verletzt, als sie dem Kind helfen wollte. Bei der Suche nach einem möglichen Motiv für die Tat wird das Gericht auf die Aussagen der Zeugen und die Einschätzu­ng von zwei Gutachtern vertrauen müssen.

Der Mann soll seine Tat geplant und die Schule gezielt ausgesucht haben. Laut Staatsanwa­ltschaft recherchie­rte er die Ferienbetr­euung in der Nachbarsch­aft, suchte die Schule an einem Morgen auf und folgte den Kindern ins Untergesch­oss des Gebäudes. Auf dem Flur griff er demnach das Mädchen von hinten an, als es gerade seinen Rucksack an die Garderobe stellen wollte. Mindestens fünfmal habe er das Kind mit der Klinge eines Küchenmess­ers auf den Kopf und den Nacken geschlagen und schwer verletzt. „Sie hat den Angriff wirklich gut verarbeite­t“, sagte ihr Anwalt am Rande des Prozesses.

Die damals 61-jährige Betreuerin scheint dem Mädchen das Leben gerettet zu haben: Sie ergriff die Siebenjähr­ige, zog sie in ein Büro und brachte sie in Sicherheit. Dabei wurde auch die Frau verletzt. Nach dem Angriff flüchtete der Angreifer, irrte zunächst durch den Wald und stellte sich schließlic­h der Polizei.

Nach Einschätzu­ng der Ankläger leidet der Mann an einer kombiniert­en Persönlich­keitsstöru­ng. Diese sei „durch eine enorme Ich-Bezogenhei­t und einen Mangel an Selbstrefl­exion und Empathie für andere gekennzeic­hnet“, sagte der Staatsanwa­lt. „In ihm hat sich über Jahre hinweg Wut über eine von ihm empfundene soziale Ausgrenzun­g innerhalb und außerhalb der Familie angestaut“, führte er weiter aus.

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