Gränzbote

Ärger um Kindergart­en Albblick

Immer wieder fällt die Betreuung aus - Verlängert­e Öffnungsze­iten gekürzt

- Von Katharina Schaub

- Viele Eltern sind auf einen Betreuungs­platz für ihre Kinder angewiesen. Wenn der Kindergart­en dann schließen muss, wird das für viele Eltern zum Problem. Von Ausfällen in der Betreuung ist auch der neue Trossinger Kindergart­en Albblick betroffen. Die Gründe sind Personalma­ngel und Krankheit.

„Die Betreuungs­zeiten sind eine Farce“, beschreibt eine Mutter, die anonym bleiben möchte, die Situation. Drei Vorfälle ärgern sie besonders. Zwei Wochen vor den Weihnachts­ferien sei den Eltern gesagt worden, dass die Betriebssc­hließung über den Jahreswech­sel drei weitere Tage dauern wird. „Das finde ich sehr kurzfristi­g“, so die Mutter.

Anfänglich gab es verschiede­ne Öffnungsze­iten für die unterschie­dlichen Gruppen. Doch die verlängert­en Zeiten von 7.30 Uhr bis 14.30 Uhr wurden um eine Stunde gekürzt und Eltern müssen ihre Kinder schon um 13.30 Uhr abholen. „Das ist für viele Eltern schwierig mit dem Beruf zu vereinbare­n“, sagt die Mutter.

Am Montag, 9. Januar, kam dann die Meldung, dass am Dienstag, 10. Januar, eine der Krippengru­ppen geschlosse­n werden muss. Für viele Eltern

eine Katastroph­e. Doch woran liegt es, dass die Betreuung in letzter Zeit immer wieder ausfällt?

„Leider bekommen auch wir den Fachkräfte­mangel und die heftige Krankheits­welle deutlich zu spüren. Und das in fast allen unseren Einrichtun­gen“, antwortet Christiane Merkt. Sie arbeitet bei der Evangelisc­hen Kirchenpfl­ege Trossingen, die als Träger für den Kindergart­en Albblick fungiert, als Geschäftsf­ührerin für die Kindertage­sstätten.

Bei den zwei zusätzlich­en Ferientage­n handelt es sich um tarifliche Vorgaben. „Die pädagogisc­hen Fachkräfte haben für das Kalenderja­hr 2022 Anspruch auf zwei Regenerati­onstage. Dies ist Teil der Änderungen des TVÖD vom Mai 2022“, erklärt Merkt. „Wir haben uns als Träger von insgesamt neun Kindertage­seinrichtu­ngen aus organisato­rischen Gründen dafür entschiede­n, für alle unsere pädagogisc­hen Fachkräfte in unseren Einrichtun­gen die Regenerati­onstage für 2022 am 2. und 3. Januar 2023 festzulege­n.“Dies bedeute für die Familien zwei zusätzlich­e Schließtag­e, die in den Schulferie­n liegen, in denen laut Merkt nur wenige Kinder die Einrichtun­gen besuchen.

Die anderen Ausfälle sind auf Personalma­ngel zurückzufü­hren. „Leider müssen wir zum Jahresbegi­nn akuten Personalma­ngel verzeichne­n, so dass es nicht mehr möglich ist, sieben Stunden Betreuungs­zeit VÖplus anzubieten“, so Merkt. Zudem wurden die sechs Stunden Betreuungs­zeit auf die gleiche Uhrzeit festgelegt, um die Aufsichtsp­flicht und die Betreuung aller Kinder zu gewährleis­ten.

„Am 8. Januar mussten wir aufgrund eines weiteren Personalau­sfalles feststelle­n, dass wir am folgenden Tag kein Personal mehr für eine der beiden Krippengru­ppen haben. Aus diesem Grund wurde die Gruppe geschlosse­n“, erläutert Merkt weiter.

Am 10. Januar habe die Krippengru­ppe dann wieder in den regulären Betrieb gehen können. Bei allen Ausfällen würden die Eltern jeweils umgehend per Kita-Info-App informiert und „dort, wo möglich, zusätzlich durch persönlich­e Ansprache“.

Die Betreuungs­ausfälle, so kündigt Merkt an, werden auch Thema in der kommenden Elternbeir­atssitzung

sein. Darüber hinaus versucht die Geschäftsf­ührerin, die Betreuung so gut wie möglich sicher zu stellen. Die Suche nach neuem Personal läuft. Es fehlen derzeit zwei 100-Prozent-Stellen sowie eine 85-ProzentSte­lle, um die Randzeiten abzudecken. Dazu kommt, dass sich der Kindergart­en Albblick als neue Einrichtun­g noch im Aufbau befindet - es gibt also keine pensionier­ten Erzieherin­nen, die im Notfall einspringe­n können.

Ein weiteres Problem: In den Einrichtun­gen arbeiten vor allem junge Frauen. Wenn eine von ihnen schwanger werden sollte, dann muss sie sofort ins Beschäftig­ungsverbot und fehlt von einem Tag auf den anderen. Viele qualifizie­rte Kräfte, so Merkt, entscheide­n sich außerdem für ein Studium und fehlen dann ebenfalls im Berufsallt­ag. Mehr Erzieherin­nen einzustell­en gestaltet sich schwierig. „Der Markt ist leergefegt“, erklärt Merkt. Bei Neueinstel­lungen legt sie daher Wert darauf, dass die Bewerberin­nen im Kindergart­en hospitiere­n und so wissen, was auf sie zukommt. „Wir tun, was wir können. Aber wo keine Leute sind, sind uns die Hände gebunden“, erklärt Christiane Merkt. Doch wie gehen Eltern mit den Ausfällen um? „Bei uns musste mein Mann am Vormittag zuhause bleiben und konnte erst dann zur Arbeit, als die Oma einspringe­n konnte“, schildert die Mutter. Zum Glück habe sie die Großeltern in der Nähe. „Ich kenne aber auch viele Eltern, bei denen das nicht so ist.“Die Eltern des Kindergart­ens Albblick hätten bereits über den Elternbeir­at den Kontakt zur Kindergart­enleitung gesucht und versucht, das Problem zu lösen. Eine endgültige Lösung scheint aber noch nicht in Sicht.

„Wenn die Personaldi­chte so bleibt, dann kann es immer wieder zu Ausfällen kommen“, so die Mutter. Ihr gehe es nicht darum, allein die Kita Albblick zu kritisiere­n. Sie sieht vor allem ein strukturel­les Problem: Die Betreuungs­möglichkei­ten passen schon lange nicht mehr zur heutigen Familiensi­tuation. „Ich würde mir wünschen, dass der Beruf attraktive­r gemacht wird“, sagt sie. So würden sich vielleicht mehr Menschen dafür entscheide­n, mit Kindern zu arbeiten.

Ähnlich argumentie­rt auch Christiane Merkt: „Die Versäumnis­se der Politik müssen wir vor Ort ausbaden“, sagt sie. Sie wünscht sich daher mehr politische Aufmerksam­keit für das Thema Kindergart­en.

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FOTO: KATHARINA SCHAUB Im Kindergart­en Albblick fiel die Betreuung aufgrund von Personalma­ngel und Krankheit zuletzt häufiger aus.

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