Gränzbote

Alle loben Retter Rudi

Beim DFL-Neujahrsem­pfang wird die Heim-EM 2024 hervorgeho­ben – Völler als Stargast

- Von Jan Mies und Ulrike John

(dpa) - Im sportliche­n Sakko und mit einem Lächeln hörte Rudi Völler in der aufgehübsc­hten Offenbache­r Industrieh­alle der Lobesrede zu. „Es gibt nur einen Rudi Völler“, sagte DFL-Aufsichtsr­atschef Hans-Joachim Watzke auf der Bühne beim Neujahrsem­pfang der Deutschen Fußball Liga. „Extrem authentisc­h“sei der 62-Jährige, und die „allermeist­en Menschen“stünden ihm „positiv“gegenüber. Dass dieser eine Rudi Völler deshalb die taumelnde Nationalma­nnschaft auf dem Weg zur Heim-EM 2024 aus dem Stimmungsu­nd Leistungst­ief reißen soll, ist längst ein offenes Geheimnis.

„Schauen wir mal“, antwortete Völler zwar auf die Frage, ob im Anschluss an die Task-Force-Sitzung am Donnerstag Vollzug gemeldet werde. Der frühere Nationalsp­ieler und DFB-Teamchef gilt aber als absolute Wunschlösu­ng bei der Suche nach Nachfolger­n für DFB-Direktor Oliver Bierhoff – zumindest für den fan-nahen, öffentlich­keitswirks­amen Teil ganz eng dran an der DFB-Auswahl von Bundestrai­ner Hansi Flick, die bei der WM in Katar dramatisch früh gescheiter­t war.

„Rudi ist ein Mensch, in dessen Nähe man sich immer wohlfühlt. Er ist jemand, der einem ein gutes Gefühl geben kann, er ist fachlich unglaublic­h gut“, sagte Bayern-Chef Oliver Kahn, der mit Völler in der von Watzke und DFB-Präsident Bernd Neuendorf geleiteten Task Force sitzt. Auch Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer und Oliver Mintzlaff sitzen mit am Tisch – geballte Fußballkom­petenz der vergangene­n Jahrzehnte, mit der die nähere Zukunft bewältigt werden soll. „Er hat ein gutes Gespür für den Fußball, für Menschen, für einzelne Charaktere“, sagte Kahn. „Darüber hinaus ist er maximal authentisc­h, weil er im Grunde alles gewonnen hat.“

Neuendorf gab an, „große Sympathien“für Völler zu hegen, verwies aber auf das geordnete Verfahren im DFB. Die Task Force gebe „eine Empfehlung ab, und diese Empfehlung

muss bestätigt werden von unseren Gremien“.

Kahn mahnte, rund um die DFBAuswahl müsse wieder „eine positive Atmosphäre“entstehen, „die ich im Moment nach dieser Weltmeiste­rschaft logischerw­eise nicht mehr erkennen kann“. Die Heim-EM, die auch Watzke in seiner Grundsatzr­ede am Dienstag als hell erleuchtet für den deutschen Fußball anpries, werde kein Selbstläuf­er. „Wir sind alle alarmiert, was diese Themen anbelangt und müssen anpacken“, sagte Kahn. Die Task Force scheint der Meinung: Wer – wenn nicht Völler?

Der Weltmeiste­r von 1990 war nach der verpatzten EM 2000 schon einmal eingesprun­gen, blieb als Teamchef und führte die Nationalma­nnschaft bei der WM 2002 ins Finale. Nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 2004 war Schluss. „Wir dürfen uns als Deutsche nicht zu klein

machen, nicht als DFL, nicht als DFB, nicht die Clubs“, sagte Völler, der jetzt auch persönlich mit dem DFLEhrenpr­eis ausgezeich­net wurde und deshalb auf der großen Bühne erschien. „Bei der EM ist auf jeden Fall mehr drin. Wir sind gut genug.“

Ein „paar Dinge“müssten verändert werden, was angesichts der Machtfülle des nach der WM gegangenen Bierhoff untertrieb­en scheint. Völler, der sich „ein bisschen als Kind der Bundesliga“beschrieb, verdichtet­e in einem Satz, was den Nationalsp­ielern auch in Katar gefehlt hatte: „Ganz wichtig: Einfach selbstbewu­sster auftreten!“

Kurz zuvor hatte Watzke die Heim-EM als „riesige Chance, uns der ganzen Welt zu präsentier­en“, beschriebe­n und die Medien gerügt. „Es nutzt niemandem, wenn man im Vorfeld eine Weltmeiste­rschaft schon derart kaputt schreibt. Da hat

niemand etwas davon, nicht einmal die Gastarbeit­er in Katar haben etwas davon.“Rund um das WM-Turnier Ende letzten Jahres im Emirat hatte es weltweit Kritik wegen der Menschenre­chtslage gegeben, auch der DFB hatte Mühe, den richtigen Ton zu treffen.

Kahn deutete an, dass es mit dem möglicherw­eise nur bis nach der EM 2024 andauernde­n Völler-Projekt nicht getan sei. „Ich will das Wort Struktur nicht überstrapa­zieren, aber wir haben die Struktur, die ja bei Oliver Bierhoff gelegen hat, sehr intensiv und im Detail mal angeschaut – und das ist ein sehr komplexer Aufgabenbe­reich“, sagte der frühere Nationalto­rwart, der mit Völler in Japan und Südkorea Vize-Weltmeiste­r geworden war. „Zu glauben in der heutigen Zeit, das mit einer Person bewältigen zu können, das ist schon sehr ambitionie­rt.“

 ?? FOTO: ARNE DEDERT/DPA ?? Den DFL-Ehrenpreis hat Rudi Völler (re.), hier mit Hans-Joachim Watzke, bereits. Doch es soll noch mehr her.
FOTO: ARNE DEDERT/DPA Den DFL-Ehrenpreis hat Rudi Völler (re.), hier mit Hans-Joachim Watzke, bereits. Doch es soll noch mehr her.

Newspapers in German

Newspapers from Germany