Gränzbote

Hochpreisi­ge Pflege

Inflation und bessere Löhne machen Heimaufent­halte für Pflegebedü­rftige teurer

- Von Claudia Kling und dpa

(dpa) - Die Pflege im Heim wird teurer und teurer. Selbst zu zahlende Anteile für Pflegebedü­rftige und ihre Familien sind trotz neuer Entlastung­szuschläge deutlich gestiegen, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkass­en ergab. Zum 1. Januar 2023 waren demnach im ersten Jahr im Heim im bundesweit­en Schnitt 2411 Euro pro Monat aus eigener Tasche fällig, 278 Euro mehr als Anfang 2022. Dabei schlugen nun auch höhere Kosten für Lebensmitt­el und bessere Löhne für Pflegekräf­te durch. Patientenv­ertreter und die Opposition machen Druck für schnelle Entlastung­en, und zwar auch für die Pflege daheim.

In den Summen ist zum einen der Eigenantei­l für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegevers­icherung trägt – anders als die Krankenver­sicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohn­er kommen dann noch Kosten für Unterkunft, Verpflegun­g und auch für Investitio­nen in den Einrichtun­gen hinzu. Seit 1. Januar 2022 gibt es neben den Zahlungen der Pflegekass­e einen Entlastung­szuschlag, der mit der Pflegedaue­r steigt. Den Eigenantei­l nur für die reine Pflege drückt das im ersten Jahr im Heim um fünf Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Auch mit dem höchsten Zuschlag stiegen die Zuzahlunge­n

aus eigener Tasche nun im Schnitt auf 1671 Euro pro Monat. Das waren 130 Euro mehr als zum 1. Januar 2022, wie aus den am Donnerstag vorgestell­ten Daten hervorgeht. Überhaupt Zuschläge bekommen insgesamt knapp 700.000 Pflegebedü­rftige, wie das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium für den Schnitt der ersten drei Quartale 2022 mitteilte. Davon erhielten 41,8 Prozent den höchsten Zuschlag ab dem vierten Jahr im Heim – und 25,4 Prozent den niedrigste­n, da sie noch im ersten Heimjahr waren. Ohne Zuschüsse wären für alle nun sogar 2468 Euro selbst zu zahlen, 289 Euro mehr als Anfang 2022.

Die Ursache sind weitere Mehrkosten, die bei den Pflegebedü­rftigen landen. So lag der Eigenantei­l nur für die reine Pflege zum 1. Januar 2023 bei durchschni­ttlich 1139 Euro nach 912 Euro Anfang 2022. Hintergrun­d sind auch vielfach höhere Personalko­sten. Denn seit 1. September 2022 müssen alle Einrichtun­gen Pflegekräf­te nach Tarifvertr­ägen oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekass­en abrechnen zu können. „Bei einem Personalko­stenanteil von rund 70 Prozent ist klar, dass eine bessere Personalau­sstattung und Tariferhöh­ungen zu höheren Kosten führen“, sagt Bernhard Schneider, Hauptgesch­äftsführer der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng. Es wäre aber zu kurz gesprungen, allein bei den Kosten anzusetzen, so Schneider. „Alle wollen ja, dass es genügend gutes Pflegepers­onal gibt, das fair bezahlt wird“, so Schneider. Das Problem sei das aktuelle System der Pflegevers­icherung: Die Kasse bezahle nur einen fixen Anteil der Pflegekost­en, alles was darüber hinausgeht, bezahlen die Heimbewohn­er und damit auch alle Kostenstei­gerungen, die in den nächsten Jahren weiter dynamisch steigen werden. Das System müsse umgedreht werden. „Die Heimbewohn­er bezahlen einen fixen Anteil für die Pflege von beispielsw­eise 700 Euro und alles was darüber hinausgeht, bezahlt die Pflegekass­e“, sagt Schneider.

Daneben macht sich die hohe Inflation mit teureren Lebensmitt­eln in den Heimen bemerkbar. Die Zuzahlunge­n für Unterkunft und Verpflegun­g gingen binnen Jahresfris­t von 801 auf nun 857 Euro hoch. Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz monierte, die Bundesregi­erung und Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) schauten der Kostenexpl­osion tatenlos zu. „Den bislang leeren Versprechu­ngen der Ampel-Koalition müssen endlich Taten folgen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Jeder Betroffene braucht ab sofort 300 Euro monatlich mehr.“Zudem sei unverzügli­ch ein Inflations­ausgleich einzuführe­n. Generell sollten Pflegebedü­rftige künftig einen festen Eigenantei­l zahlen. „Den Rest muss die Pflegevers­icherung übernehmen. das schafft Planbarkei­t und Generation­sgerechtig­keit für die Menschen.“

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