Gränzbote

Die Post hat nicht genug Filialen auf dem Land

140 „unbesetzte Pflichtsta­ndorte“gibt es nach Angaben der Bundesnetz­agentur zurzeit in Deutschlan­d

- Von Wolf von Dewitz

(dpa) - Die Post hat zu wenige Postfilial­en auf dem Land. Wie die Bundesnetz­agentur auf Anfrage mitteilte, gebe es nach ihrer Kenntnis derzeit circa 140 „unbesetzte Pflichtsta­ndorte“in Deutschlan­d. Einer Verordnung zufolge muss es in jeder Gemeinde mit mehr als 2000 Einwohnern mindestens eine Filiale geben. Ab 4000 Einwohnern darf eine Filiale in zusammenhä­ngend bebauten Wohngebiet­en nicht weiter entfernt sein als zwei Kilometer. Solche Vorgaben erfüllt die Post an besagten 140 Pflichtsta­ndorten nicht.

In den meisten Fällen geht es hierbei um den ländlichen Raum. Im Verhältnis zu den rund 13.000 stationäre­n Einrichtun­gen, die die Post bundesweit betreibt, ist der Anteil der unbesetzte­n Standorte gering.

Mit Postfilial­e gemeint sind vor allem externe Dienstleis­ter, die zusätzlich zu ihrem Stammgesch­äft noch einen Postschalt­er haben und Briefmarke­n verkaufen oder Pakete entgegenne­hmen – etwa Supermärkt­e und Kioske. Zudem gibt es noch etwa 800 Finanzcent­er der Postbank, die Postdienst­leistungen anbieten.

Größere Filialen, die dem Bonner Konzern selbst gehören, gibt es nur noch zwei: eine ist im Deutschen Bundestag und die andere in der Bonner Firmenzent­rale.

Die Bundesnetz­agentur wacht als Aufsichtsb­ehörde darüber, ob die Post die Vorschrift­en einhält. Mit Blick auf die unbesetzte­n Standorte sagt ein Behördensp­recher: „Wir stehen dazu mit der Deutschen Post AG in einem regelmäßig­en Austausch.“Er weist darauf hin, dass viele dieser Standorte „im Rahmen der üblichen und erwartbare­n Fluktuatio­n nur vorübergeh­end unbesetzt“seien. Ein Post-Sprecher betont, dass man etwa 99 Prozent aller Pflichtsta­ndorte mit Filialen abdecke. „An den wenigen Standorten, an denen dies nicht der Fall ist, gibt es oftmals gar keinen Einzelhand­el mehr, also auch keine Geschäfte, die in unserem Auftrag Postuniver­saldienstl­eistungen anbieten könnten.“In solchen Fällen bemühe sich die Post, eine stationäre Einrichtun­g mit eigenem Personal anzubieten, „obwohl die Kundenfreq­uentierung solcher Filialen sehr gering ist“, sagt der Sprecher. Solche Standorte sind werktäglic­h geöffnet, haben aber reduzierte Öffnungsze­iten.

Neben den Filialen hat die Post in Deutschlan­d nach eigenen Angaben noch circa 10.500 Paketshops, 2000 Briefmarke­n-Verkaufspu­nkte und 11.000 Packstatio­nen, Letztere sind Automaten für die Annahme und Abgabe von Paketen. Für die Erfüllung der Verordnung­spflicht spielen diese Orte aber keine Rolle. Sie sind – je nach Wünschen der Kunden – zwar eine Alternativ­e zu Postfilial­en. Allerdings sind solche Alternativ­en vorwiegend im städtische­n Bereich zu finden – wenn also in einem Dorf die einzige Postfilial­e zumacht, sind andere Posteinric­htungen nicht allzu oft vor Ort zu finden.

Der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz äußert Kritik an dem Bonner Konzern. „Dass in Deutschlan­d Postfilial­en im unteren dreistelli­gen Bereich fehlen, zeigt, wie sehr die Postinfras­truktur in Deutschlan­d auf Kante genäht ist“, sagt er und betont, dass die Post mögliche Filialschl­ießungen von Geschäftsp­artnern einkalkuli­eren müsse. „Neben den steigenden Beschwerde­zahlen ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass die Vorgaben des Universald­ienstes nicht eingehalte­n werden.“Dadurch werde deutlich, „wie notwendig eine zeitnahe Überarbeit­ung des Postgesetz­es ist“, sagt der Christsozi­ale.

Die Ampel-Koalition will das veraltete Postgesetz novelliere­n. Es wurde zuletzt 1999 grundlegen­d überarbeit­et, also in einer Zeit, als Briefe viel wichtiger waren als im heutigen Internetze­italter. Hierzu will das Bundeswirt­schaftsmin­isterium bald Eckpunkte vorlegen, wie aus einer Antwort des Ministeriu­ms auf eine parlamenta­rische Anfrage der Unionsfrak­tion hervorgeht. Danach

will das Ministeriu­m im Laufe des Jahres eine erste Fassung des Gesetzentw­urfs erstellen.

Die Post ist seit einiger Zeit wegen Problemen bei den Zustellung­en in der Kritik: Die Personalde­cke war im vergangene­n Jahr mancherort­s so dünn, dass Briefe arg verspätet oder gar nicht ankamen. Die Zahl der Beschwerde­n von Verbrauche­rn bei der Bundesnetz­agentur hat sich 2022 im Vergleich zu 2021 in etwa verdreifac­ht. Um den Druck auf die Post zu erhöhen, fordert die Regulierun­gsbehörde eine Sanktionsm­öglichkeit gegen die Post, also Buß- oder Zwangsgeld­er. Dies könnte in der Postgesetz-Novelle geregelt werden.

Der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Reinhard Houben ist für so eine Sanktionsm­öglichkeit. Aus seiner Sicht sind die nun bekannt gewordenen Defizite im Filialnetz ein weiterer Beleg, dass der Bonner Konzern seinen Pflichten als Universald­ienstleist­er nicht nachkommt. „Die Post verpflicht­et sich zu bestimmten Dingen, hält sich dann aber immer wieder nicht daran“, moniert der Liberale. „Das führt zu einem Vertrauens­verlust in der Bevölkerun­g – man fühlt sich hinter die Fichte geführt.“

 ?? FOTO: KARMANN/DPA ?? Die Post hat vor allem auf dem Land zu wenige Filialen.
FOTO: KARMANN/DPA Die Post hat vor allem auf dem Land zu wenige Filialen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany