Gränzbote

Union überrascht mit Vorstoß zu weniger Wahlkreise­n

In der Debatte um übergroßen Bundestag gibt es neue Vorschläge – Ampel-Koalition lehnt Unionsplän­e ab

- Von Ulrich Steinkohl ●

(dpa) - Die von der Unionsfrak­tion signalisie­rte Gesprächsb­ereitschaf­t zur Wahlrechts­reform wird in den Reihen der Ampel-Koalition begrüßt, ihr dazu vorgelegte­r Vorschlag aber als zu einseitig zurückgewi­esen. Dieser enthalte unausgegli­chene Überhangma­ndate, von denen die meisten aktuell an die Union fallen würden, sagte der FDPObmann in der Wahlrechts­kommission des Bundestags, Konstantin Kuhle. „Eine Einigung wird umso wahrschein­licher, je weniger CDU und CSU auf einer Sonderbeha­ndlung für die eigene Partei beharren.“

Im Streit über die Verkleiner­ung des Bundestags schlägt die Spitze der Unionsfrak­tion der Ampel jetzt vor, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 270 zu reduzieren. Damit würde auch die Zahl der Überhang- und Ausgleichs­mandate deutlich sinken. „Ebenfalls denkbar ist, dass bis zu 15 Überhangma­ndate unausgegli­chen bleiben“, heißt es in einem sogenannte­n Blitz-Briefing der Fraktionss­pitze an die Abgeordnet­en. Dies würde die Größe des Bundestags ebenfalls reduzieren.

Auch die sogenannte Grundmanda­tsklausel möchte die Union ändern. Bislang reichen einer Partei drei gewonnene Direktmand­ate, um auch dann entspreche­nd ihres Zweitstimm­energebnis­ses in den Bundestag einzuziehe­n, wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiter­t ist. Die Unionsspit­ze schlägt nun vor, diese Schwelle auf fünf Direktmand­ate hochzusetz­en. Das würde die Linke benachteil­igen, die bislang von der alten Regelung profitiert hat.

Das Briefing der Frakionsfü­hrung überrascht, weil die Union in der Wahlrechts­kommission ein ganz anderes Modell präsentier­t hatte. Begründet wird dies nun damit, dass erste Gespräche mit den AmpelFrakt­ionen gezeigt hätten, dass dort offenkundi­g keine Bereitscha­ft bestehe, über dieses Modell ernsthaft zu beraten. In der Vergangenh­eit hatte die Union auch eine Reduzierun­g der Zahl der Wahlkreise in größerem Umfang vehement abgelehnt.

Ziel einer Reform ist es, den auf 736 Abgeordnet­e angewachse­nen Bundestag wieder auf seine Normgröße von 598 Abgeordnet­en zu bringen. Dass das Parlament bei der

Wahl 2021 so groß wie noch nie zuvor wurde, liegt an den vielen Überhangun­d Ausgleichs­mandaten. Überhangma­ndate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimme­n mehr Mandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimm­energebnis zustehen. Diese zusätzlich­en Mandate darf die Partei behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichs­mandate.

Die Ampel-Fraktionen hatten am Sonntag einen Gesetzentw­urf vorgelegt, in dem Überhang- und Ausgleichs­mandate komplett gestrichen werden. Dies hatte die Union, vor allem die CSU, die von dieser Regelung besonders stark profitiert, scharf zurückgewi­esen.

Der FDP-Wahlrechts­experte Kuhle sagte nun der dpa: „Es wäre ein großer Gewinn für die Demokratie, wenn ein neues Wahlrecht gemeinsam mit der Union beschlosse­n würde.“Ihre Gesprächsb­ereitschaf­t sei ein „wichtiges Zeichen“. Der vorgelegte Vorschlag bevorzuge jedoch die Unionsfrak­tion einseitig.

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Friedrich Merz. FOTO: IMAGO Unionsfrak­tionschef

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