Gränzbote

„Olaf Scholz verhält sich wie der Elefant im europäisch­en Porzellanl­aden“

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(clak) - Der stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e Andreas Jung

(Foto: Bundestag/Simone M. Neumann) erklärt die Misstöne im deutschfra­nzösischen Verhältnis auch mit dem Verhalten von Bundeskanz­ler Olaf Scholz. Der Konstanzer Bundestags­abgeordnet­e ist Mitglied der Deutsch-Französisc­hen Parlamenta­rischen Versammlun­g.

Herr Jung, Sie sind bekannt als Abgeordnet­er mit einem großen Herzen für Frankreich. Können Sie erklären, warum das Verhältnis zwischen Paris und Berlin schon einmal besser war?

Die Freundscha­ft zwischen Deutschen und Franzosen ist unerschütt­erlich. Denn es ist eine Freundscha­ft der Menschen in beiden Ländern. Als Antwort auf die Kriege der Vergangenh­eit ist ein enges

Netz persönlich­er Bindungen entstanden. Die Grundlage dafür war der Élysée-Vertrag von Adenauer und de Gaulle. Das feiern wir am Sonntag. Politisch ist es nicht außergewöh­nlich, dass man in Paris und Berlin erst einmal unterschie­dlich tickt. Entscheide­nd aber ist der unbedingte Wille, zusammenzu­kommen und so gemeinsam Europa voranzubri­ngen. Gerade angesichts des UkraineKri­egs und der Energiekri­se ist das heute wieder besonders gefragt. Aber es harzt in den letzten Monaten.

Ist vielleicht auch der Kommunikat­ionsstil von Bundeskanz­ler Olaf Scholz ein Grund, warum es zwischen ihm und dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron nicht rundläuft?

Olaf Scholz verhält sich wie der

Elefant im europäisch­en Porzellanl­aden. Die Franzosen hat er gleich mehrfach vor den Kopf gestoßen. In seiner wichtigen Prager Europarede war Frankreich nur Fußnote. Er hat den Vorschlag Macrons, gemeinsam nach China zu reisen, ausgeschla­gen und wollte in der Energie- und Krisenpoli­tik Paris oft vor vollendete Tatsachen stellen. So kann man mit unserem engsten Partner nicht umgehen. Nur gemeinsam sind wir stark.

In den vergangene­n 60 Jahren ist die Freundscha­ft mit Frankreich zur Normalität geworden. Ging damit eine gewisse Vernachläs­sigung der Beziehung einher?

Sie wurde zum Glück Normalität, aber sie ist eben nicht selbstvers­tändlich. Um sie neu zu beleben, wurde mit dem Aachener Vertrag eine neue Dynamik entfacht und der Fokus auf Zukunftsth­emen gelegt: Klimaschut­z, Künstliche Intelligen­z,

Verteidigu­ng – nur zusammen werden wir uns in Europa behaupten und dabei auch unsere Werte durchsetze­n. Unsere Zusammenar­beit ist im größer gewordenen Europa nicht die halbe Miete. Aber ohne unsere gemeinsame­n Impulse geht es nicht. Wenn wir streiten, fliegt Europa auseinande­r.

Sind Städtepart­nerschafte­n ein Auslaufmod­ell? Oder sehen Sie da auch ein Interesse jüngerer Menschen?

Diese Partnersch­aften sind das Fundament unserer Freundscha­ft. Es wird Großartige­s geleistet. Aber sie müssen auch neu belebt und für junge Menschen mit neuen Formen attraktiv gemacht werden. Ganz entscheide­nd: Wir müssen die Sprache des Nachbarn lernen. Wenn das immer weniger tun, entsteht Sprachlosi­gkeit unter Freunden. Deshalb müssen wir in beiden Ländern offensiv dafür werben.

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