Gränzbote

Özdemirs Probiertou­r mit Käsebrot und Kartoffele­is

Beim Eröffnungs­rundgang der Grünen Woche ist Ausdauer gefragt – Baden-Württember­g fehlt auf der großen Ernährungs­schau überrasche­nd

- Von Sascha Meyer ●

(dpa) - Schlemmen, staunen, Tiere streicheln: Die Agrarmesse Grüne Woche hat nach zweijährig­er Corona-Pause wieder in Berlin begonnen. Tausende Besucherin­nen und Besucher kamen am Freitag in die Messehalle­n, um sich über die Ernährungs­wirtschaft zu informiere­n und Spezialitä­ten zu kosten. Zu den Themen der Branchensc­hau, bei der sich 1400 Aussteller aus 60 Ländern präsentier­en, gehören die hohen Lebensmitt­elpreise infolge des Ukraine-Krieges und der Wandel der Landwirtsc­haft hin zu mehr Tier- und Umweltschu­tz. Diskutiert wird auch über Forderunge­n nach Steuersenk­ungen für bestimmte Produkte.

Bundesagra­rminister Cem Özdemir sagte beim Auftaktrun­dgang, die Messe sei auch eine Gelegenhei­t zum Dank dafür, dass Bauern Tag für Tag dafür sorgten, dass der Tisch gedeckt sei. Das sei nicht selbstvers­tändlich, weil es auf der Erde Menschen gebe, „die hungrig ins Bett gehen müssen“. Für den Grünen-Politiker ist die Messe nach eigenen Worten auch so etwas wie eine „Feuertaufe“. Die „eigentlich­e Ernennungs­urkunde als Minister“bekomme man erst nach einer erfolgreic­h absolviert­en Grünen Woche, hätten ihm alle im Haus gesagt, erzählte Özdemir bei der Eröffnungs­feier am Vorabend.

Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) hob hervor, dass das Messegesch­äft in der Hauptstadt wieder gut angelaufen sei. „Dass jetzt hier wieder das echte Testen und Schmecken und Riechen und Fühlen und Erleben stattfinde­n kann, freut uns natürlich sehr.“Erwartet

werden bis zum 29. Januar 300.000 Gäste. Giffey betonte, die Messe setze zugleich ein Signal der Solidaritä­t mit der Ukraine. Özdemir erläuterte, wenn man über Inflation und Energiepre­ise spreche, lande man beim Angriffskr­ieg Russlands gegen die Ukraine. Deshalb gelte: „Dieser Krieg muss enden.“Russland und die Ukraine sind auf der Messe nicht vertreten.

Zur Messe auf die Agenda gekommen sind auch wieder Forderunge­n

nach einer Mehrwertst­euersenkun­g für bestimmte Lebensmitt­el. Das Bündnis „Wir haben es satt“, das für Samstag zu einer Demonstrat­ion mit 50 Traktoren und 10.000 angemeldet­en Teilnehmer­n aufgerufen hat, fordert eine Senkung für „klimagerec­hte Lebensmitt­el“. Özdemir hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er sich eine Senkung für Obst und Gemüse wünschen würde, nicht aber für tierische Erzeugniss­e. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied sagte da

zu dem „Tagesspieg­el“: „Wir brauchen einen einheitlic­hen Mehrwertst­euersatz für Lebensmitt­el.“Der dürfe gern niedriger sein als die aktuellen Sätze. Über die Höhe könne man diskutiere­n – vertretbar wäre alles zwischen null und dem ermäßigten Satz von sieben Prozent. „Wir sollten aber nicht über unterschie­dliche Sätze versuchen, den Konsum zu lenken.“Es dürfe nicht sein, dass sich nur noch Wohlhabend­e Fleisch leisten können.

Die bayerische Ernährungs­ministerin Michaela Kaniber (CSU) sagte: „Für eine wirkliche Entlastung der Verbrauche­r brauchen wir die Absenkung der Mehrwertst­euer auf alle Grundnahru­ngsmittel. Am besten auf null. Kiwis aus Neuseeland und Avocado aus Südamerika können nicht das Hauptziel der Entlastung sein.“

Rukwied machte deutlich, dass er den heimischen Anbau von Obst und Gemüse als gefährdet ansieht. Bei Spargel und den Erdbeeren seien im vergangene­n Jahr Felder nicht abgeerntet worden, weil italienisc­her Spargel nur drei Euro je Kilo gekostet habe. „Mit solchen Preisen können wir nicht mithalten“, kritisiert­e der Bauernpräs­ident. Er forderte erneut einen europäisch­en Mindestloh­n.

Bei der Grünen Woche kommen die meisten Aussteller aus Deutschlan­d. Dabei präsentier­en sich zwölf der 16 Bundesländ­er in den Messehalle­n unter dem Funkturm. Das große Flächenlan­d Baden-Württember­g fehlt überrasche­nd. Neben einer Blumenhall­e soll auch eine neu gestaltete Tierhalle viele Besucher anlocken. Zudem gehört der Erlebnisba­uernhof des Forums Moderne Landwirtsc­haft zu den Höhepunkte­n.

Die Deutsche Bahn und der Handelskon­zern Rewe präsentier­ten einen Einkaufsbu­s, der das Angebot auf dem Land verbessern soll. Im März soll nach Bahnangabe­n ein Pilotproje­kt in Nordhessen beginnen. Der „Supermarkt auf Rädern“soll Gemeinden in mehreren Landkreise­n anfahren. 700 Produkte gebe es zu kaufen – von frischem Obst und Gemüse bis zu Tiefkühlwa­ren, Getränken und Kosmetik. Meist handele es sich um regionale Waren. Es gebe aber auch Fairtradeu­nd Bioprodukt­e.

 ?? FOTO: FABIAN SOMMER/DPA ?? Franziska Giffey, Regierende Bürgermeis­terin von Berlin, und Cem Özdemir, Bundesmini­ster für Ernährung und Landwirtsc­haft (vorn), besuchen bei dem Eröffnungs­rundgang zur Internatio­nalen Grünen Woche 2023 den Stand von Georgien und probieren georgische­s Käsebrot.
FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Franziska Giffey, Regierende Bürgermeis­terin von Berlin, und Cem Özdemir, Bundesmini­ster für Ernährung und Landwirtsc­haft (vorn), besuchen bei dem Eröffnungs­rundgang zur Internatio­nalen Grünen Woche 2023 den Stand von Georgien und probieren georgische­s Käsebrot.

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