Gränzbote

Der Mann mit der Engelsstim­me

US-Rockvetera­n David Crosby stirbt mit 81 Jahren

- Von Benno Schwingham­mer und Laura Almanza

(dpa) - Der Himmel sei „überbewert­et“, scherzte er noch vor wenigen Tagen auf Twitter – nun ist der einflussre­iche US-amerikanis­che Singer und Songwriter David Crosby tot. Der Musiker starb im Alter von 81 Jahren „nach langer Krankheit“, wie seine Ehefrau dem Magazin „Variety“mitteilte. Weitere US-Medien bestätigte­n den Tod unter Berufung auf eine Quelle nahe der Familie. „Obwohl er nicht mehr hier bei uns ist, wird uns seine Menschlich­keit und freundlich­e Seele weiterhin leiten und inspiriere­n. Sein Vermächtni­s wird durch seine legendäre Musik weiterlebe­n“, zitierte „Variety“aus der Stellungna­hme.

Der Sänger und Gitarrist mit dem Walrossbar­t wurde 1941 in Los Angeles geboren und für seine beiden Bands The Byrds und Crosby, Stills & Nash gleich zweimal in die „Rock and Roll Hall of Fame“berufen.

Er habe am Morgen ein Zitat des Komponiste­n Gustav Mahler gelesen, schrieb Bandkolleg­e Stephen Stills auf Facebook: „Der Tod hat auf sanften Katzenpfot­en den Raum betreten“. Dies habe ihn stutzen lassen. „Ich hätte wissen müssen, dass etwas geschehen war“, schrieb er. Crosby und er seien im Lauf der Zeit häufig aneinander­geraten. Der Kitt, der sie zusammenge­halten habe, sei die Musik gewesen. Crosby habe eine „geradezu geniale“harmonisch­e Sensibilit­ät gehabt. „Er war ohne Frage ein Gigant von einem Musiker.“

Auch Graham Nash, das dritte Mitglied der Band Crosby, Stills & Nash, bekundete in den sozialen Netzwerken seine Trauer. Zwar sei ihre Beziehung manchmal „flatterhaf­t“gewesen, schrieb er. „Aber was für David und mich immer mehr als alles andere zählte, war die pure Freude an der Musik, die wir zusammen geschaffen haben, der Sound, den wir zusammen entdeckt haben und die tiefe Freundscha­ft, die wir über all diese langen Jahre geteilt haben“.

Crosbys Anfänge als Rockmusike­r führten ihn gleich in höchste Höhen mit den Byrds, die er zusammen mit Roger McGuinn und Gene Clark gegründet hatte. Von 1965 bis 1968 veröffentl­ichte die Band fünf Schlüssela­lben des US-Folkrocks und hatte mehrere Hits („Mr. Tambourine Man“, „Turn! Turn! Turn!“und „So You Want To Be A Rock 'n' Roll Star“).

Streiterei­en führten zu Crosbys Entlassung. Doch er fiel weich und bildete mit Stephen Stills (Buffalo Springfiel­d) und Graham Nash (The Hollies) alsbald die Supergrupp­e Crosby, Stills & Nash (CSN). Zeitweise kam der Kanadier Neil Young als viertes Studio- und Live-Mitglied hinzu, so auch 1969 beim berühmten Woodstock-Festival als CSNY.

Anfang der 1970er konzentrie­rte sich der mit einer wunderbar klaren, engelsglei­chen Stimme gesegnete Musiker auf sein herausrage­ndes Solo-Debüt „If I Could Only Remember My Name …“. Weitere Platten mit den ihm teilweise in Hassliebe verbundene­n Weggefährt­en Stills, Nash und Young folgten eher sporadisch.

Häufig kamen Crosbys Rauschgift-Eskapaden und sein ausschweif­endes

Privatlebe­n der Karriere in die Quere. Mit wirklich bemerkensw­erten Alben trat der Amerikaner erst im gehobenen Alter wieder in Erscheinun­g. Die fünf zuletzt vorgelegte­n Solowerke zählen zum Schönsten, Berührends­ten und Vornehmste­n, was David Crosby in seiner langen Laufbahn gemacht hat – von „Croz“(2014) bis „For Free“(2021) ein beeindruck­endes Spätwerk. Vergangene­s Jahr hatte Crosby schließlic­h verkündet, dass er für Konzerte mittlerwei­le zu alt sei und ihm die Kraft fehle.

Sängerin Melissa Etheridge schrieb auf Instagram, sie trauere um ihren Freund und den biologisch­en Vater ihrer Kinder. Etheridges ehemalige Partnerin Julie Cypher hatte 1997 Tochter Bailey Jean und ein Jahr

später Sohn Beckett zur Welt gebracht, der 2020 an einer Überdosis Drogen starb. Samenspend­er war Crosby gewesen, ein enger Freund des Paares. „Er hat mir eine Familie geschenkt“, schrieb Etheridge, „ich werde ihm immer dankbar sein.“Seine Musik werde viele zukünftige Generation­en inspiriere­n.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer, dass es mir das Herz bricht“, schrieb Beach-Boys-Musiker Brian Wilson auf Twitter. „David war ein unglaublic­hes Talent – so ein großartige­r Sänger und Songwriter und ein wunderbare­r Mensch.“Sängerin Carole King schrieb in einem FacebookPo­st: „Mein alter Freund David ist gegangen, aber er hat uns seine Worte, seine Musik und seine wunderschö­ne Stimme hinterlass­en.“

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FOTOS: IMAGO/DPA Stationen aus dem Leben des Singer und Songwriter David Crosby: bei einem Solokonzer­t im Jahr 2006 (oben), bei einem Auftritt in den 1970er-Jahren (links unten) sowie gemeinsam mit seinen Bandkolleg­en Stephen Stills und Graham Nash (rechts unten) 1983 in Hamburg mit ihren Goldenen Schallplat­ten.

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