Gränzbote

Die Waffe war immer dabei

Drogen sind der Grund für die Überfälle auf Lebensmitt­eldiscount­er

- Von Hendrik Erb

ROTTWEIL - Fast schon stoisch folgt der junge Mann den Ausführung­en des leitenden Richters Karlheinz Münzer sowie der Zeugen. Dabei wird die Luft für den 27-Jährigen so langsam immer dünner. Am zweiten Verhandlun­gstag vor dem Landgerich­t Rottweil hat der psychologi­sche Sachverstä­ndige neben den Aussagen zweier weiterer Polizeibea­mter sein Gutachten vorgetrage­n.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Angeklagte­n vor, im März 2022 den Norma in Rottweil und im Juli den Netto-Markt in Villingend­orf überfallen zu haben. Zudem wird ihm der Besitz von Waffen wie Messern und mehrerer Schrecksch­usspistole­n zur Last gelegt. Am Montag fehlten nun zwei wichtige Zeugen: Sowohl die Kassiereri­n aus dem Norma-Markt als auch ein weiterer Zeuge der Tat blieben der Verhandlun­g krankheits­bedingt fern. Dabei hatte sich zumindest der Verteidige­r des 27-Jährigen vermutlich viel von den Befragunge­n erhofft, hatten die Aussagen der Zeugen im Nachgang der Tat aus seiner Sicht doch Ungereimth­eiten ergeben.

„Es sind sich alle einig, die Tat zum Überfall auf den Norma nicht einzustell­en, da der Vorfall dafür einfach zu schwer wiegt“, erklärt Richter Münzer im Anschluss eines nicht öffentlich­en Rechtsgesp­rächs. Der Verteidige­r hatte dies angeregt und argumentie­rt, dass die Beweissitu­ation aufgrund des Fehlens der zwei Zeugen schwierig sei.

Der Angeklagte hat den Überfall auf den Netto in Villingend­orf gegenüber dem Experten gestanden. Darauf verweist der Gutachter in seinem Bericht. Den Überfall auf den Norma in Rottweil bestreite der Angeklagte hingegen, hieß es.

„Im Gespräch hat er geschilder­t, dass der Überfall auf den Netto spontan gewesen sei. Die Waffe habe er immer dabei“, führt der Sachverstä­ndige aus. Dabei ist auch wichtig zu wissen: Der Angeklagte besitzt den kleinen Waffensche­in. Dieser wurde ihm jedoch im Mai 2022 in Zusammenha­ng mit einer anderen Tat abgenommen.Grundsätzl­ich kommt der psychologi­sche Sachverstä­ndige zu dem Schluss, dass die Tat in Villingend­orf auf den Drogenkons­um des Angeklagte­n zurückzufü­hren ist.

Er habe bei dem 27-Jährigen ein Abhängigke­itssyndrom festgestel­lt. Für den Angeklagte­n sei es wichtig gewesen, an Geld zu kommen, um seine Sucht zu befriedige­n. Aus verschiede­nen Gesichtspu­nkten sei deswegen auch damit zu rechnen, dass der Angeklagte wieder in alte Muster zurückfall­e, auch wenn er laut eigener Aussage den Drogen abgeschwor­en habe. „Ich würde eine Maßnahme nach Paragraf 64 im Strafgeset­zbuch nicht empfehlen“, erklärt der Experte. Danach können straffälli­ge Suchterkra­nkte in einer Entziehung­sanstalt untergebra­cht werden, wenn konkrete Aussichten auf einen Behandlung­serfolg bestehen.

Das Urteil soll am Montag, 24. Januar, vor dem Landgerich­t fallen. Inwieweit sich der Angeklagte dann noch zu den Taten äußern wird, bleibt offen. Zumindest zum Überfall in Rottweil bestehen Stand jetzt noch einige Fragen. Etwas Licht ins Dunkel haben jedoch die zwei Polizeibea­mten bringen können. So hatte eine Funkzellen-Überprüfun­g ergeben, dass sich der Angeklagte zur Tatzeit bei Norma aufgehalte­n hat.

Eine 26-jährige Polizeibea­mtin berichtete noch von den Ermittlung­en rund um die Tat. So sei man auch dem Verdacht nachgegang­en, die Kassiereri­n des Normas sei selbst an der Tat beteiligt gewesen. Der Verdacht habe sich jedoch nicht erhärtet. Bekannt wurde auch, dass die Norma-Kassiereri­n zur Tatzeit schwanger war. Laut der Polizeibea­mtin habe der Überfall darauf jedoch glückliche­rweise keine Auswirkung­en gehabt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany