Gränzbote

Dank Lockerheit im Leistungsh­och

Deutsche Handballer wollen im Spiel gegen die Niederland­e das Viertelfin­al-Ticket lösen

- Von Moritz Löhr und Christoph Stukenbroc­k

(SID) - Die Psychospie­lchen auf dem Hotelflur kann und will sich Andreas Wolff nicht verkneifen. „Wir sind nicht auf den Mund gefallen, deshalb verteilen wir eher Sprüche, als sie uns anzuhören“, scherzte der deutsche Handball-Nationalto­rhüter vor dem brisanten Duell mit den Niederland­en. „Wir wollen unseren Nachbarn natürlich nach Hause schicken.“

Ein Sieg in der Hauptrunde­npartie gegen Oranje am Samstag (20.30 Uhr/ZDF) garantiert der Mannschaft von Bundestrai­ner Alfred Gislason das WM-Viertelfin­alticket. In diesem Fall wäre die Begegnung gegen Norwegen am Montag (20.30 Uhr/ARD) ein besseres Trainingss­piel für die K.o.-Runde – und die niederländ­ische Chance aufs Weiterkomm­en wohl dahin.

Die Oranje-Spieler wohnen in Kattowitz ganz oben im elften Stock des Novotel, direkt über dem deutschen Team, Begegnunge­n bleiben da nicht aus. Noch am Freitag etwa passte Wolff nicht in den Aufzug, weil er voller Holländer war. „Es gibt nicht die Brisanz wie im Fußball“, sagte Linksaußen Lukas Mertens. „Mittlerwei­le ist da aber echt Feuer drin in diesem Duell.“

Die Stimmung im deutschen Team, das zeigte der Medienterm­in am Freitag in Kattowitz einmal mehr, ist prächtig. Die Mannschaft strotzt nach der Torgala gegen Argentinie­n vor Selbstvert­rauen – und dennoch: An das greifbare Viertelfin­ale will (noch) niemand einen Gedanken verschwend­en.

„Wir könnten genauso gut sagen: Wir denken schon an den WM-Titel, weil den holen wir, wenn wir die nächsten fünf Spiele gewinnen. Wir sind gut beraten, von Spiel zu Spiel zu denken“, sagte Wolff und warnte seine Mitspieler eindringli­ch: „Das wird kein Selbstläuf­er.“

Gegen die Niederland­e erwartet Deutschlan­d eine weitaus kniffliger­e Aufgabe als beim imponieren­den 39:19 gegen die Südamerika­ner. Die Mannschaft von Nationaltr­ainer Staffan Olsson brachte in der Vorrunde bereits Mitfavorit Norwegen an den Rand einer Niederlage. Mit

ihren eher klein gewachsene­n Spielern drückt der vermeintli­che Underdog vor allem aufs Tempo.

„Es wird ein sehr schnelles Spiel, auch wir wollen wieder Gas geben – und dann wird sich zeigen, wer dieses Wettrennen gewinnt“, sagte Spielmache­r Juri Knorr und lobte den „sehr guten Speed“und die „sehr gute Passqualit­ät“der Niederländ­er um Starspiele­r Luc

Steins von Paris St. Germain. Für CoTrainer Erik Wudtke gehören die Niederländ­er „im Tempospiel zu den besten Mannschaft­en in Europa“.

Der Handball im deutschen Nachbarlan­d, wo die Frauen weitaus erfolgreic­her sind als die Männer, entwickelt sich zunehmend. Verloren die Niederländ­er beim jüngsten

Pflichtspi­el gegen Deutschlan­d im Rahmen der EM 2020 noch deutlich (23:34), rechnet sich das mit zahlreiche­n Bundesliga-Profis gespickte Team nun etwas aus. „Wir haben viel Bock auf dieses besondere Spiel und ein gutes Gefühl“, sagte der Magdeburge­r Kay Smits.

Die deutsche Mannschaft schickte mit ihrem furiosen Hauptrunde­nstart gegen Argentinie­n allerdings ein deutliches Signal. „Ich hoffe, dass es genauso weitergeht. Dann werden wir irgendwann stolz nach Hause fahren“, sagte Gislason glücklich.

Sinnbildli­ch für die Gemütsverf­assung des DHB-Coaches war eine Auszeit gegen Argentinie­n. „Spielt, was ihr wollt“, rief Gislason seinen

Spielern zu. Das sorgte nicht nur bei den 5,01 Millionen Fernsehzus­chauern für Staunen, sondern auch bei seinen Spielern. „So etwas kommt bei Alfred selten vor“, sagte der langjährig­e Kieler Rune Dahmke: „Spätestens dann weißt du als Spieler, dass es ganz gut läuft in dem Spiel.“

Wolff sieht den Bundestrai­ner als einen der Schlüssel für die bisher erfolgreic­he WM an. „Alfred ist natürlich auch sehr emotional, schafft es aber trotzdem sehr gut, den Bogen zu spannen zwischen vor dem Spiel und nach dem Spiel“, sagte der Europameis­ter von 2016. „Trotz seiner Anspannung schafft er es, uns vor dem Spiel eine gewisse Ruhe zu geben, weil er eben unglaublic­h viel Erfahrung, unglaublic­h viel Souveränit­ät hat.“Diese soll die deutsche Auswahl gegen die Niederland­e zum fünften Sieg im fünften WM-Spiel führen.

„Das wird kein Selbstläuf­er.“Andreas Wolff warnt seine Mitspieler vor den Niederland­en

 ?? FOTO: TILO WIEDENSOHL­ER/IMAGO ?? Die deutschen Handballer begeistern bei der WM mit ihrer Leichtigke­it.
FOTO: TILO WIEDENSOHL­ER/IMAGO Die deutschen Handballer begeistern bei der WM mit ihrer Leichtigke­it.

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