Das gute Gefühl ist zurück
Kira Weidle rast in der Abfahrt aufs Podest – Thomas Dreßen überzeugt auf der Streif
D’AMPEZZO (SID) - Thomas Dreßen platzte schier vor Freude. „Boah“, entfuhr es ihm mit einem Funkeln in den Augen und einem kaum zu bändigenden Lächeln, „des war ned schlecht.“Im Ergebnis spiegelte sich das nicht wider, in einem völlig verrückten ersten Abfahrtsrennen auf der Streif in Kitzbühel wurde Dreßen als bester Deutscher trotz seiner höchst bemerkenswerten Leistung 13. Der Grund: Das Wetter spielte verrückt.
Dreßen lag lange auf Rang drei, dann auf Rang fünf, ihm schwante aber schon, dass es dabei nicht bleiben würde: „Es kann sein, dass das ganze Rennen noch mal auf den Kopf gestellt wird.“Und so kam es: Die Sicht wurde immer besser, die Piste hielt, und so fuhr plötzlich ein Nobody wie Florian Schieder aus Italien mit der hohen Startnummer 43 sogar noch auf Rang zwei, knapp hinter Weltmeister Vincent Kriechmayr aus Österreich und vor Niels Hintermann aus der Schweiz.
Auch Kira Weidle beschlichen ernsthafte Bedenken. „Es kommen schon noch einige“, sagte die Vizeweltmeisterin in Cortina d’Ampezzo am Fuße ihrer Silberpiste von 2021. „Ein, zwei Rutscher zu viel“habe sie sich erlaubt. Ihr dritter Platz sei wohl nicht zu halten – zumal auch über der Tofana die Sicht besser wurde. Am Ende waren aber doch nur Sofia Goggia aus Italien und ExWeltmeisterin Ilka Stuhec (Slowenien) schneller. „Ich habe ganz schön gezittert“, sagte Weidle.
Weil Olympiasiegerin Corinne Suter (Schweiz) stürzte und Mikaela Shiffrin (USA) auf der Jagd nach dem 83. Sieg im Weltcup patzte, durfte sich Weidle über den zweiten dritten
Platz in diesem Winter freuen. „Ein Podest nehmen wir immer mit“, betonte sie. Ihr Erfolgsrezept? Die 26-Jährige war auf dem Silberski unterwegs, mit dem sie vor zwei Jahren ihren bisher größten Erfolg gefeiert hatte. In drei Wochen steht die Abfahrt bei der WM in Frankreich an (ab 5. Februar).
Wetterglück hatten die deutschen Männer nicht. Dem mit Nummer 2 gestarteten Dreßen und dem ebenfalls starken Andreas Sander (Nummer 23), der von Rang acht auf Rang 15 verdrängt wurde, verdarb der Umschwung eine Top-Ten-Platzierung. Nur Kriechmayr war nach seinem Traumlauf unter erschwerten Bedingungen nicht zu schlagen, vor die Deutschen fuhren dagegen auch noch Läufer mit den Nummern 31, 37, 39, 45 und 47. Ohne die Wetterkapriolen hätte das Resultat bestätigt, was
Dreßen vor dem Aufklaren des bedeckten Himmels voller Freude berichtet hatte. „Das war heute nicht nur ein kleiner Schritt, sondern fast schon ein großer.“Das „Gefühl“sei wieder da, auch die „Lockerheit“. Am Start habe er sich gedacht: „Hab Spaß, scheiß’ drauf, was rauskommt.“
Am Samstag ist ein neuer Abfahrtstag, für Weidle in Cortina d’Ampezzo (10.15 Uhr) und die Männer auf der Streif (11.30 Uhr/jeweils ZDF und Eurosport), wo unfreiwillig zwei Norweger für große Aufregung sorgten: Henrik Röa stürzte kurz vor der Ziellinie schwer und musste mit dem Helikopter ausgeflogen werden. Favorit Aleksander Aamodt Kilde konnte wie sein Schweizer Dauerrivale Marco Odermatt nur mit Mühe einen kapitalen Sturz verhindern. „Das war eine Nahtoderfahrung“, sagte er.