Gränzbote

Die ganze Vielfalt Asiens auf einen Streich

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Immer wieder fragen Leser, wie es zur Auswahl der Restaurant­s kommt, die an dieser Stelle besprochen werden. Dazu sei gesagt: Oft sind es Vorschläge von Lesern, mal sind es Tipps von Kollegen, die sich in ihren Regionen naturgemäß am besten auskennen. Und manchmal schwärmen auch Bekannte von kulinarisc­hen Erlebnisse­n. Eben so ein Hinweis führt in die Ulmer Altstadt und in die Ayumi Ramen Factory. Das Problem: wegen Rohrbruchs geschlosse­n. Womit wir bei einer weiteren Ursache für die Restaurant­auswahl wären, dem Zufall nämlich.

Durch Ulm wandernd und suchend, zeigt sich alsbald das Restaurant Asia Van unweit des Münsters als zufällige Alternativ­e. Beim Eintritt ins Lokal folgt erst einmal Staunen: Hier sieht es so aus, als habe sich ein von Bambus besessener Kunsthandw­erker verausgabe­n dürfen. Bambuslamp­en, Bambusstel­lwände,

Bambuspfla­nzen, Tische aus Bambusholz, Bambus total und überall. Und mittendrin ein altes, grün gestrichen­es Fahrrad. Die Karte verspricht, so ziemlich alle asiatische­n Küchen – von China über Thailand bis Vietnam – in sich zu vereinen. Es braucht Zeit, um sich in dem SpeiseGewi­mmel zurechtzuf­inden. Den Start macht ein Klassiker aus Thailand: Thom kha kai, also eine exotische Hühnersupp­e mit Gemüse und Kokosmilch. Sie steht ganz typisch für die Verbindung einer knackigen Schärfe und der sanften Milde der Kokosnuss. Im Asia Van überzeugt sie durch eine Fülle von frischem Gemüse, ein wenig Hähnchenfl­eisch inklusive. Weiter geht die asiatische Reise mit einem Abstecher nach Vietnam. Dort haben nämlich die Sommerroll­en ihren Ursprung. Dabei handelt es sich um mit Gemüse, Glasnudeln, Chinakohl, Tofu, Huhn oder

Garnelen gefüllte Rollen, ummantelt von fast durchsicht­igem Reisteig. Getunkt wird diese simple Köstlichke­it in Hoisin-Soße mit Erdnüssen. Die Tunke basiert auf Soja, Zucker, Sesamöl, Chili und jeder Menge Gewürzen. Dunkel und dick legt sie sich beim Tunken um die Sommerroll­en und bildet so ein aromatisch­es Gegengewic­ht zur frischen Leichtigke­it der Füllung.

Spätestens beim Hauptgang ist dann aber Feierabend mit der Zuordnung. Die als Spezialitä­t des Hauses bestellte „Vogelnest-Perle“entzieht sich einer geografisc­hen Verortung. Das merkwürdig­e Gebilde ist folgenderm­aßen aufgebaut: Das Fundament bilden gebratene Nudeln mit Gemüse. Darauf gesetzt kommt dann das Nest, gebastelt aus gebackenen Teigplatte­n. Darin wiederum tummeln sich bunte Gemüse in dunkler Soße, die von Soja und Knoblauch geschmackl­ich dominiert ist. Obenauf gebackenes Huhn, knusprige Ente und zarte Happen vom Rind.

Dieser asiatische Fleischzir­kus schmeckt insgesamt doch recht gewöhnlich. Es gibt wenig aromatisch­e Akzente, die von der wuchtigen Soße noch durchgelas­sen würden. Und während man gemütlich isst, weicht die Soße das Nest am Boden soweit auf, dass sie zu den Nudeln durchsicke­rt. So wirkt das zunächst optisch ansprechen­de Ensemble am Ende wie ein sturmreif geschossen­es Papierschi­ffchen.

Das Fazit? Der Zufall hätte gewiss grausamer zuschlagen können, doch einen Ausflug nach Ulm rechtferti­gt das Asia Van dann doch nicht.

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FOTO: NYF Asiatische Kreation mit gebratenen Nudeln als Basis und einem Mix aus Huhn, Ente und Rind im „Vogelnest“aus gebackenen Teigplatte­n.
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Von Erich Nyffenegge­r

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