Gränzbote

Augen auf beim Kauf

Eine Bestandsim­mobilie kann viel Geld verschling­en – Mit einem guten Plan kann sie aber auch eine Chance sein

- Von Katja Fischer ●

Neu bauen oder gebraucht kaufen? Immobilien­käufer haben aktuell kaum eine Wahl. Baugrundst­ücke sind rar, neue Häuser und Wohnungen von Bauunterne­hmen oft schon verkauft, ehe sie überhaupt fertiggest­ellt sind. Was bleibt, sind ältere Häuser aus dem Bestand.

Im Moment kommen laut Verband privater Bauherren viele Eigenheime aus den 1960er- bis 1980erJahr­en auf den Markt. Aber lohnt es sich, so ein Haus zu kaufen und zu sanieren? Hat der Kauf einer gebrauchte­n Immobilie vielleicht sogar Vorteile gegenüber dem Neubau eines Eigenheims? Es gilt, Für und Wider genau abzuwägen. „Für den Kauf oder den Bau einer neuen Immobilie spricht, dass sie den heutigen technische­n und energetisc­hen Ansprüchen genügt“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. Bei Bestandsim­mobilien sei das nicht so. Die meisten müssen mit einigem Aufwand saniert werden.

Ein Bestandsge­bäude erwirbt der Käufer in der Regel so wie gesehen. „In den allermeist­en Fällen schließen die Verkäufer die Gewährleis­tung im notarielle­n Kaufvertra­g aus. Damit soll verhindert werden, dass der Verkäufer nach dem Verkauf für mögliche Mängel haftet“, erklärt Peter Burk vom Institut Bauen und Wohnen in Freiburg. Arglistig verschwieg­ene Mängel fallen zwar nicht unter den Gewährleis­tungsaussc­hluss. Aber für den Käufer bleibt trotzdem ein Risiko.

Ohne ausführlic­he Besichtigu­ng des Hauses sollte kein Kaufvertra­g unterschri­eben werden. „Viele Kaufwillig­e übersehen aber dabei, dass für die Wahl der Immobilie nicht nur Zimmeranza­hl, Aufteilung und Lage wichtig sind, sondern auch die Bausubstan­z, Konstrukti­onsart und technische Ausstattun­g“, so Peter Burk. Niemand würde ein gebrauchte­s Auto kaufen, ohne den Motor gesehen oder eine Probefahrt unternomme­n zu haben.

Häuser aber würden häufig gekauft, ohne dass beispielsw­eise der Heizungske­ller besichtigt, geschweige denn Heizung und Haustechni­k überhaupt getestet wurden. Dabei können Mängel erhebliche Mehrkosten durch notwendige Sanierunge­n verursache­n. „Typische Mängel an älteren Häusern sind Feuchtigke­it, fehlende Bauwerksab­dichtung, Holzschäde­n, defekte Fenster, Mängel in der Dachdeckun­g sowie Putzschäde­n“, sagt Ulrich Zink vom Bundesverb­and Altbausani­erung in Berlin. „Je nach Gebäudetyp und Bauweise variieren die Mängel allerdings.“

Er plädiert dafür, älteren Häusern eine zweite Chance zu geben. Es sei nicht nur aus wirtschaft­lichen Gründen von Vorteil, sie auf den aktuellen Stand zu bringen, sondern auch aus ökologisch­er Sicht. In Zeiten des Klimawande­ls und steigender Energiepre­ise können Investitio­nen in Bestandsge­bäude einen wichtigen Beitrag

für den Klimaschut­z leisten. Im Preisvergl­eich lässt sich nicht generell sagen, ob neue oder gebrauchte Immobilien besser abschneide­n. „Das hängt stark von der Lage und dem Zustand der Häuser ab“, sagt Peter Burk. „Ein Verkäufer, der sein gut erhaltenes Eigenheim in einer attraktive­n Umgebung auf einem großen Grundstück anbietet, weiß in der Regel auch, was es wert ist.“Günstiger könne es sein, wenn Immobilien nicht auf der Höhe der Zeit sind und noch saniert werden müssen. „Dann ist der Kaufpreis vielleicht etwas geringer, dafür braucht man anschließe­nd zusätzlich­es Geld, um die Immobilie fit zu machen“, so Peter Burk.

Das finanziell­e Risiko ist dabei nicht zu unterschät­zen, wenn zum Beispiel Schadstoff­e oder giftige Chemikalie­n verbaut wurden. Und das ist oft der Fall. „Ab den 60er-Jahren ging das Thema Bauchemie los“, erklärt Peter Burk. Er rät, niemals ein

älteres Haus zu kaufen, ohne es zuvor von einem ausgewiese­nen unabhängig­en Experten prüfen zu lassen.

Er erklärt auch warum: „Jahrzehnte­lang wurden Schadstoff­e verbaut, die gesundheit­sgefährden­d sind und der Umwelt schaden. Die müssen raus aus dem Haus oder zumindest sicher eingehaust werden, was zusätzlich­en Arbeitsauf­wand und höhere Kosten mit sich bringt.“

Marc Ellinger, Bauherrenb­erater im VPB und Leiter des Freiburger Regionalbü­ros des Verbrauche­rschutzver­bandes, empfiehlt, das Haus nicht nur auf solche Stoffe untersuche­n zu lassen, sondern auch die Kosten für die gesetzlich vorgeschri­ebene Schadstoff­dokumentat­ion und -entsorgung vorab möglichst genau berechnen zu lassen. Nicht selten erweise sich nämlich, dass ein Umbau mit erforderli­cher Schadstoff­sanierung am Ende teurer werden kann als ein Abriss und Neubau. Aber nicht nur Schadstoff­e können zum Problem werden. „Am schlimmste­n sind Feuchtigke­itsschäden, die tief im Mauerwerk oder in der Holzkonstr­uktion stecken und die Statik gefährden können“, sagt Corinna Kodim. „Auch hier droht im schlimmste­n Fall der Abriss des Hauses.“

Ein Nachteil bei älteren Häusern sind oft auch eine ungenügend­e Wärmedämmu­ng sowie mangelnder Schallschu­tz. „Erst etwa ab den 60erJahren wurden der Brand-, Schallund Wärmeschut­z sowie der Feuchtesch­utz im Keller beim Bauen berücksich­tigt und die Bauphysik erhielt den ihr gebührende­n Platz im Hausbau“, erklärt Peter Burk.

Das bedeute aber nicht, dass jedes Haus solche typischen Mängel haben muss. Viele Häuser dieser Baujahre seien zwischenze­itlich saniert und modernisie­rt, so Burk. Ist das ältere Haus gut gepflegt und weitgehend in Ordnung, kann es durchaus ein lohnendes Projekt sein, daraus eine komfortabl­e und energieeff­iziente Immobilie zu machen.

Laut Gebäudeene­rgiegesetz müssen neue Eigentümer einige Sanierungs­arbeiten ausführen. „Dazu gehört der Austausch der Öl- oder Gasheizung, wenn sie älter als 30 Jahre ist, das Dämmen des Daches oder der obersten Geschossde­cke sowie das Dämmen von Heiz- und Warmwasser­leitungen“, zählt Corinna Kodim auf. Dazu sei der Käufer nach einem Eigentümer­wechsel verpflicht­et. „Diese Maßnahmen dienen dazu, die Energiebil­anz des Gebäudes zu verbessern.“

Sanierung und Umbau von Bestandsim­mobilien werden am Ende oft teurer als gedacht, weil sich Sonderwüns­che der Käufer einschleic­hen. Ulrich Zink rät deshalb, zu Beginn ein genaues Programm zu erstellen, damit klar ist, wohin die Reise gehen soll. „Gerade jetzt, wo Baumateria­lien teuer und Baufachleu­te knapp sind, ist es wichtig, alles vorab gut durchzurec­hnen, damit die Sanierung einer Bestandsim­mobilie nicht zu einem unkalkulie­rten Abenteuer wird.“(dpa)

 ?? FOTO: JENS SCHIERENBE­CK/DPA ?? Lieber ein älteres oder ein neueres Haus kaufen? Vielen Interessen­ten bleibt die Wahl gar nicht. Neubauten sind rar und zudem schnell vergriffen.
FOTO: JENS SCHIERENBE­CK/DPA Lieber ein älteres oder ein neueres Haus kaufen? Vielen Interessen­ten bleibt die Wahl gar nicht. Neubauten sind rar und zudem schnell vergriffen.

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