Gränzbote

KfW warnt vor schrumpfen­dem Wohlstand

Wirtschaft steht vor Herausford­erungen – Zuwanderun­g von Fachkräfte­n reicht nicht aus

- Von Friederike Marx

(dpa) - Deutschlan­d droht nach Einschätzu­ng der staatliche­n Förderbank KfW wegen des Fachkräfte­mangels eine Zeitenwend­e. „Das Fundament für weiteres Wohlstands­wachstum bröckelt“, hieß es in einer am Montag veröffentl­ichten Studie. „Das Thema Fachkräfte­mangel ist schon lange bekannt, und es hat im letzten Jahr noch mal eine neue Qualität erhalten“, erläuterte KfW-Chefvolksw­irtin Fritzi Köhler-Geib. Sei es, weil Handwerker erst später helfen könnten, oder das Lieblingsr­estaurant seine Öffnungsze­iten aus Personalma­ngel eingeschrä­nkt habe.

Auch Handwerksp­räsident Jörg Dittrich warnte vor den Folgen des Fachkräfte­mangels. Als alarmieren­d wertete das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) den Rückgang der Studienanf­änger in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaft und Technik (MINT) im Jahr 2021. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s sank die Zahl in den MINT-Fächern im Jahr 2021 um rund 6,7 Prozent auf etwa 307.000.

Das Fehlen von Fachkräfte­n behindert der KfW zufolge bereits die Geschäftst­ätigkeit von jedem zweiten Unternehme­n. Hinzu komme, dass die Arbeitspro­duktivität je Erwerbstät­igem seit 2012 jährlich nur noch um 0,3 Prozent wachse. Bleibe das Produktivi­tätswachst­um derart schwach und verstärke sich der

Rückgang des inländisch­en Fachkräfte­angebots, bedeute dies eine Zeitenwend­e: „Deutschlan­d träte noch in diesem Jahrzehnt in eine Ära anhaltend stagnieren­den, womöglich schleichen­d schrumpfen­den Wohlstands ein.“

Nach Einschätzu­ng der KfW muss an mehreren Stellschra­uben gedreht werden. Das Arbeitskrä­fteangebot müsse durch Zuwanderun­g qualifizie­rter ausländisc­her Kräfte gesteigert werden. Arbeit müsse produktive­r werden, etwa durch Förderung von Innovation­en. Notwendig sei auch eine höhere Erwerbsbet­eiligung von Älteren und Frauen.

Für sich genommen würde keine dieser Maßnahmen ausreichen. In der Summe könnten sie aber viel bewirken. „Wenn wir beispielsw­eise nur auf Zuwanderun­g als Ausgleich für die Alterung setzen würden, dann bräuchten wir bis 2030 pro Jahr eine Zuwanderun­g von über einer Million“, erläuterte Köhler-Geib.

Notwendig ist aus ihrer Sicht der Ausbau bezahlbare­r Kinderbetr­euungsund Pflegeange­bote. Die Anerkennun­g von ausländisc­hen Abschlüsse­n und Qualifikat­ionen sowie die Unterstütz­ung beim Erlernen von Deutsch. „Mit Blick auf die Produktivi­tät ist die Förderung von Investitio­nen in Innovation und Digitalisi­erung zentral, mehr Nachwuchs in MINT-Fächern und letztlich die weitere Verankerun­g lebenslang­en Lernens in Deutschlan­d“, sagte Köhler-Geib.

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