Mehr junge Menschen interessieren sich fürs Handwerk
Der Heuberger Jungunternehmer Christian Schätzle bricht eine Lanze für das Handwerk
- Seit 55 Jahren gibt es die Firma Hermann GmbH in Weilen u.d.R. Seit Anfang des Jahres ist mit Christian Schätzle (30) die dritte Generation am Ruder. Wir haben mit dem neuen Inhaber und Geschäftsführer des Traditionsunternehmens über die Zukunft des Handwerks, über die Wichtigkeit des Standorts und über die Situation auf dem Ausbildungsmarkt geredet.
Christian Schätzle, dessen Vater Dieter aus dem benachbarten Deilingen kommt, freut sich über eine Besonderheit in seinem beruflichen Werdegang. Der junge Unternehmer war im vergangenen Jahr Jahrgangsbester von 73 neuen Elektrotechnikmeistern bei der Handwerkskammer Reutlingen – und das, obwohl er gar keine Elektriker-Ausbildung hat. „Ich musste mich da viel einarbeiten“, erklärt Schätzle, „aber die Elektrotechnik hat mich schon immer interessiert“.
Rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten zwischenzeitlich bei der Firma Hermann, die in den Bereichen Sanitär, Heizung, Heizungssanierung, Klima und Badsanierung tätig ist. Dazu kommt die so genannte Medienversorgung in der Industrie.
Man sei ein kleines mittelständisches Unternehmen – und das schon seit der Gründung vor 55 Jahren, sagt Schätzle. Auf diesem Sektor gebe es nur wenige ganz große Unternehmen. „Unsere Größe ist gerade richtig“, sagt der Weilener Unternehmer. Aufgebaut wurde die Weilener Firma von Rolf Hermann, der von 1968 bis 1999 an der Spitze war. Auf ihn folgte Dieter Schätzle, jetzt hat sein Sohn Christian Schätzle die Geschäfte übernommen.
Ein Problem, mit dem sich seine Branche schon seit Jahren auseinandersetzen muss, ist das fehlende Fachpersonal. Aber Christian Schätzle ist optimistisch. „Die Anzahl der Auszubildenden in unserer
Branche steigt an“, erklärt er. „Mehr junge Menschen als noch vor einigen Jahren interessieren sich für Handwerksberufe“, sagt Schätzle. Diese seien aktuell wieder im Trend. Ein Grund seien auch die Verdienstmöglichkeiten im Handwerk. Durch den Fachkräftemangel seien diese in der Vergangenheit angestiegen.
Im Augenblick werden bei Hermann in Weilen drei Lehrlinge zu Anlagemechanikern für Sanitär-,
Heizungs- und Klimatechnik ausgebildet. „Die Anfragen nach Ausbildungsplätzen haben wieder zugenommen“, sagt Christian Schätzle. Und das nicht nur in seinem Unternehmen, sondern in vielen Handwerksbranchen. Für das nächste Ausbildungsjahr habe man bereits einen Azubi sicher angestellt.
Dabei sind im Handwerk keineswegs nur Abiturienten gefragt. Im Gegenteil. Im Idealfall haben eine
neue Auszubildende oder ein Auszubildender die Mittlere Reife, aber auch Hauptschulabschlüsse werden gerne gesehen. Wichtig sei in seiner Berufssparte, dass die jungen Leute mathematisch bewandert und handwerklich begabt sind.
Die Tatsache, dass Mittlere Reife oder Hauptschulabschlüsse heutzutage ein gesellschaftliches Randdasein führten, ist seiner Ansicht nach elterngemacht. „Deswegen haben sich früher so viele junge Menschen auch gegen das Handwerk entschieden“, vermutet Christian Schätzle. Dabei hätte man in Handwerksberufen oftmals viel Kontakt zu Kunden. Außerdem gebe es vor allem in industriellen Berufen ganz andere Hilfsmittel wie noch vor einigen Jahren. Wichtig sei für ihn auch, dass man das Ergebnis seines Arbeitens vor sich hat. „Wenn du fertig bist, siehst du, was du gemacht hast“, so Schätzle.
Der 30-Jährige kritisiert die Politik der Bundesregierung. Man könnte das Handwerk besser und nachhaltiger fördern, schlägt er vor. Jeder Handwerkszweig sei aktuell selbst dafür verantwortlich, für die Möglichkeiten des Berufs zu werben. Und das ist für kleinere Unternehmen nicht immer einfach. Hier erhoffe er sich durchaus auch mehr Unterstützung seitens der Politik, damit gerade kleine Betriebe nicht allein gelassen werden.
Ein weiteres Problem für sein Unternehmen sei der Standort. Denn die kleine Gemeinde Weilen liegt fernab des Durchgangsverkehrs und weg von den großen Verkehrsachsen. Die Versorgung mit dem Öffentlichen Personennahverkehr sei schlecht. So arbeite beispielsweise ein Auszubildender aus dem Landkreis Tuttlingen in seinem Betrieb, der immer wieder von seinen Eltern zum Arbeitsplatz gefahren werden muss – vor allem, wenn die Witterungsverhältnisse schlecht sind.
Aber eines ist für Christian Schätzle trotz aller Widrigkeiten klar: „Wir halten am Standort Weilen fest.“Die Firma Hermann habe sich einen Namen gemacht und sei seit etlichen Jahren eine Institution am Markt. Für die Zukunft sei es für Unternehmen wie das seine wichtig, sich breit aufzustellen. Für seine Branche beispielsweise im Bereich Photovoltaik und Energiemanagement. Dass das für alle Handwerksbereiche gilt, ist für ihn klar. Denn für alle Betriebe gelte: „Nur wenn man modern aufgestellt ist, kommt man weiter.“