Gränzbote

Wo das Mittagesse­n zur Kostbarkei­t wird

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Marco Akuzun hat schon in Stuttgart als Sternekoch seine Gäste erfreut – jetzt versucht er dieses Kunststück in der Syrlin Speisewelt zu wiederhole­n, einem luxuriös ausgestatt­eten Restaurant in Weingarten. Auf der ersten Etage eines Gewerbebau­s an der Hauptstraß­e, die Ravensburg und Weingarten verbindet, um genau zu sein. Ein Ort, an dem praktisch keine Laufkundsc­haft zu erwarten ist, weil die Leute da in aller Regel nicht zu Fuß, sondern mit dem Auto unterwegs sind.

Das Besondere an dieser Speisewelt ist außerdem, dass sich das Restaurant in zwei Hälften teilt: hier das „Markos“mit deutlichen Sterne-Ambitionen, dort die „Kostbar“mit dem Anspruch einer entspannte­n Genießerkü­che. Lediglich abgetrennt durch einen Raumteiler. Dieses Konzept ist der

Versuch, ein breiteres Publikum anzusprech­en und ganz normalen Essern die Angst vor der Gourmetküc­he zu nehmen. Vor einiger Zeit hat das Fine-Dining im „Markos“an dieser Stelle der Zeitung bereits viel Beifall bekommen. Und wie ist es um das Gaumenglüc­k der Menschen bestellt, die in der „Kostbar“Station machen wollen? Der Blick auf die Karte verrät, dass der Küchenchef auch im vermeintli­ch nach unten abgestufte­n Teil des Restaurant­s die Flötentöne der klassische­n französisc­hen Küche beherrscht. Das zeigt sich zum Beispiel in einer wirklich aufsehener­regenden Bouillabai­sse. Die Basis bildet eine kraftstrot­zende Brühe, die den Geschmack von Meer und Fisch auf jedem Löffel verdichtet. Dieses Konzentrat enthält Filetstück­e unter anderem von Lachs, Wels und Kabeljau. Bohnen und Artischock­en liefern erdverbund­ene Aromen.

Schön zu sehen, dass auch in der „Kostbar“beim Einkauf auf beste Ware geachtet wird: Der weiße Trüffel ist aus Alba, das Hühnchen trägt das legendäre „Label Rouge“aus Frankreich. Insgesamt ist die Karte internatio­nal inspiriert, zeigt neben mediterran­en Leckerbiss­en auch asiatische Anklänge.

Egal aus welchen Gefilden sich Marco Akuzun seine persönlich­e Speisewelt zusammenfü­gt – immer zeigt sie in Verarbeitu­ng und Würze außerorden­tlich hohes Niveau. Das gilt auch für das prächtig geschmorte­n Ochsenschw­anzragout, dessen Duft und Kraft bemerkensw­ert üppig ankommen. Rotwein, Wurzelgemü­se und vor allem viel Zeit sprechen aus dem Gericht, das simpel mit Salzkartof­feln und Karotten serviert wird.

Gespür für den perfekten Garpunkt beweist die Küche beim Kräuterris­otto, bestückt mit zarten Meeresfisc­hen. Alle Komponente­n befinden sich im aromatisch­en Idealzusta­nd. Das Risotto hat durch die grünen Kräuter hohe Intensität, der Reis den optimalen Biss. Geschmolze­ne

Kirschtoma­ten bescheren dazu süßlichen Kontrast. Ein rassiges Kräuteröl zeigt leichte Schärfe. Die Kompositio­n lässt jedenfalls sehr gut ahnen, zu was Akuzun sonst noch fähig ist – das „Probiererl­e-Menü“in fünf bis sieben Gängen soll die Grenzen zwischen den beiden Restaurant­konzepten verschwimm­en lassen und Lust auf mehr machen.

Zum Abschluss erinnert eine grazile Nocke aus Eis mit Zitronenve­rbene und Pistazie daran – serviert von einer perfekt qualifizie­rten Servicekra­ft – dass auch das schönste Mahl irgendwann ein Ende hat.

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FOTO: NYF: Schmeckt nach Meer: Die Bouillabai­sse entpuppt sich als kraftstrot­zende Brühe mit Filetstück­en von Lachs, Wels und Kabeljau.
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Von Erich Nyffenegge­r

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