Südwest-CDU in der Causa Maaßen einig
Abgeordnete befürworten Parteiaustritt und Ausschluss von Werte-Union-Mitgliedern
- Für die Führungsriege der Christdemokraten ist die Sache klar: Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen soll die CDU möglichst schnell verlassen – genau genommen bis kommenden Sonntagmittag. Aber auch Maaßen wirkt entschieden. Er habe von der Austrittsaufforderung nur aus den Medien erfahren, sagte er am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk. „Nix“von der CDU bekommen. Er werde sich erst zu der Austrittsaufforderung verhalten, „wenn ich es bei mir auf dem Schreibtisch sehe“. Das klingt nicht so, als strebe Maaßen Schadensbegrenzung beim Beziehungsende mit der CDU an.
Dabei hätte die Entscheidung des CDU-Präsidiums vom Montag kaum eindeutiger sein können. In dem einstimmig verabschiedeten Papier heißt es, Maaßen gebrauche immer wieder „die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen“. Ihm sei „offenkundig nicht am Wohl der CDU gelegen“. Dass das Präsidium ihn zum Rücktritt auffordern würde, war bereits am Wochenende absehbar. Der stellvertretende Parteivorsitzende Andreas Jung, Abgeordneter für den Wahlkreis Konstanz, hatte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag gesagt: „Unser C und Maaßen passen nicht zusammen. Er hat in der CDU nichts mehr verloren (…) Das Verfahren zum Parteiausschluss muss zeitnah eingeleitet werden“.
Mit seinen jüngsten Äußerungen hat der frühere Verfassungsschutzpräsident, der immer wieder als Rechtsaußen von sich reden macht, den Bogen wohl überspannt. Auf Twitter hatte er behauptet, Stoßrichtung der „treibenden Kräfte im politisch-medialen Raum sei ein ,eliminatorischer Rassismus gegen Weiße’“. In einem Interview sprach er zudem von einer „rot-grünen Rassenlehre“. Die Werte-Union, ein konservativer Verein, der zwar keine Gliederung der Union ist, dem aber zu 85 Prozent Unionsmitglieder angehören, hatte Maaßen dennoch am Wochenende mit 95 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt – und sich somit selbst in die Debatte gerückt. Mit dieser Wahl habe sie sich „endgültig und unwiderruflich“disqualifiziert, meinte Andreas Jung. Mit den christlichen Werten der Union sei das nicht vereinbar.
Doch sehen das auch andere Abgeordnete im Südwesten so? Der Landesverband gilt ja als vergleichsweise konservativ innerhalb der CDU. Die befragten Bundestagsabgeordneten sind sich einig: Maaßen sollte raus aus der Partei. Am besten freiwillig, findet Axel Müller, Abgeordneter für den Wahlkreis Ravensburg. Für alle Beteiligten wäre es „der sauberste Weg, wenn Hans-Georg Maaßen selbst aus der Partei austreten würde“, so Müller. Ihm gehe es nicht um die Partei, „sondern ausschließlich um ihn selbst“, teilt die Ulmer CDU-Abgeordnete Ronja Kemmer mit. „Insofern sehe ich keinen Platz für ihn.“
Auch Roderich Kiesewetter, der als CDU-Politiker den Wahlkreis Aalen-Heidenheim im Bundestag vertritt, fordert einen klaren Schnitt: Wenn Maaßen nicht selbst die CDU verlasse, „muss er ausgeschlossen werden“, sagt Kiesewetter. „Völkisches Gedankengut, Rechtspopulismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorien haben in der Union keinen Platz.“Im Deutschlandfunk wies Maaßen, der als CDU-Kandidat bei der vergangenen Bundestagswahl in Thüringen gescheitert war, den Vorwurf, völkisches Gedankengut zu verbreiten, weit von sich. Das seien „pure Behauptungen“, sagte er – und verwies auch auf gute Freunde in der CDU, die zu ihm hielten.
In Baden-Württemberg sind diese Freunde offensichtlich nicht ansässig, zumindest nicht auf Abgeordnetenebene. Maaßen provoziere in sozialen Medien in einer Art und Weise, „die der CDU schadet“, urteilt auch der Biberacher Abgeordnete Josef Rief. Die CDU sei als Volkspartei Heimat für ganz unterschiedliche Menschen, aber es gebe Grenzen – und die habe er überschritten. Thomas Bareiß, CDU-Abgeordneter für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen, sieht die politische Entwicklung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten auch mit einem gewissen Bedauern. Maaßen sei einmal „ein guter und erfolgreicher Beamter und Behördenchef“gewesen, „der sowohl von SPDals auch CDU- und CSU-Ministern sehr geschätzt wurde“.
Noch kann die CDU-Führung Hoffnung haben, dass das umstrittene Parteimitglied ihr Ultimatum nicht einfach verstreichen lässt. Aber wenn doch? Dann muss sich die Partei auf ein langwieriges Parteiausschlussverfahren einstellen. Der Nachweis des parteischädigenden Verhaltens sei nicht ganz einfach zu führen und das Ergebnis offen, sagt Axel Müller. Dies hätten die Fälle Thilo Sarrazin und Gerhard Schröder (beide SPD) sowie Boris Palmer (Grüne) gezeigt. Der Aalener Abgeordnete Kiesewetter plädiert deshalb für einen anderen Weg.
Sinnvoller wäre aus seiner Sicht ein Beschluss zur Unvereinbarkeit der sogenannten Werte-Union mit der CDU und CSU, so der CDU-Außenexperte. „Aus meiner Sicht ist eine Mitgliedschaft in der Werte-Union mit einer Mitgliedschaft in der CDU nicht vereinbar.“Ziele und Aktionen dieses Vereins widersprächen christdemokratischen Werten. Das sieht auch Ronja Kemmer so, die daran mitgewirkt hat, dass die Junge Union bereits 2021 einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst hat. Überzeugte CDU-Mitglieder bräuchten keine Werte-Union, sagt Bareiß. Christdemokraten, denen eine konservative und werteorientierte Politik wichtig sei, fänden in der CDU eine Heimat.
Auch Maaßen sieht „bislang“in der CDU seine Heimat, wie er im Deutschlandfunk betonte. Die CDU sei die Partei, die Deutschland voranbringen könnte, wenn sie zu den Grundsatzpositionen „von Kohl und Adenauer“zurückfände.