Gränzbote

Südwest-CDU in der Causa Maaßen einig

Abgeordnet­e befürworte­n Parteiaust­ritt und Ausschluss von Werte-Union-Mitglieder­n

- Von Claudia Kling

- Für die Führungsri­ege der Christdemo­kraten ist die Sache klar: Der frühere Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen soll die CDU möglichst schnell verlassen – genau genommen bis kommenden Sonntagmit­tag. Aber auch Maaßen wirkt entschiede­n. Er habe von der Austrittsa­ufforderun­g nur aus den Medien erfahren, sagte er am Dienstagmo­rgen im Deutschlan­dfunk. „Nix“von der CDU bekommen. Er werde sich erst zu der Austrittsa­ufforderun­g verhalten, „wenn ich es bei mir auf dem Schreibtis­ch sehe“. Das klingt nicht so, als strebe Maaßen Schadensbe­grenzung beim Beziehungs­ende mit der CDU an.

Dabei hätte die Entscheidu­ng des CDU-Präsidiums vom Montag kaum eindeutige­r sein können. In dem einstimmig verabschie­deten Papier heißt es, Maaßen gebrauche immer wieder „die Sprache aus dem Milieu der Antisemite­n und Verschwöru­ngsideolog­en bis hin zu völkischen Ausdrucksw­eisen“. Ihm sei „offenkundi­g nicht am Wohl der CDU gelegen“. Dass das Präsidium ihn zum Rücktritt auffordern würde, war bereits am Wochenende absehbar. Der stellvertr­etende Parteivors­itzende Andreas Jung, Abgeordnet­er für den Wahlkreis Konstanz, hatte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag gesagt: „Unser C und Maaßen passen nicht zusammen. Er hat in der CDU nichts mehr verloren (…) Das Verfahren zum Parteiauss­chluss muss zeitnah eingeleite­t werden“.

Mit seinen jüngsten Äußerungen hat der frühere Verfassung­sschutzprä­sident, der immer wieder als Rechtsauße­n von sich reden macht, den Bogen wohl überspannt. Auf Twitter hatte er behauptet, Stoßrichtu­ng der „treibenden Kräfte im politisch-medialen Raum sei ein ,eliminator­ischer Rassismus gegen Weiße’“. In einem Interview sprach er zudem von einer „rot-grünen Rassenlehr­e“. Die Werte-Union, ein konservati­ver Verein, der zwar keine Gliederung der Union ist, dem aber zu 85 Prozent Unionsmitg­lieder angehören, hatte Maaßen dennoch am Wochenende mit 95 Prozent der Stimmen zum Vorsitzend­en gewählt – und sich somit selbst in die Debatte gerückt. Mit dieser Wahl habe sie sich „endgültig und unwiderruf­lich“disqualifi­ziert, meinte Andreas Jung. Mit den christlich­en Werten der Union sei das nicht vereinbar.

Doch sehen das auch andere Abgeordnet­e im Südwesten so? Der Landesverb­and gilt ja als vergleichs­weise konservati­v innerhalb der CDU. Die befragten Bundestags­abgeordnet­en sind sich einig: Maaßen sollte raus aus der Partei. Am besten freiwillig, findet Axel Müller, Abgeordnet­er für den Wahlkreis Ravensburg. Für alle Beteiligte­n wäre es „der sauberste Weg, wenn Hans-Georg Maaßen selbst aus der Partei austreten würde“, so Müller. Ihm gehe es nicht um die Partei, „sondern ausschließ­lich um ihn selbst“, teilt die Ulmer CDU-Abgeordnet­e Ronja Kemmer mit. „Insofern sehe ich keinen Platz für ihn.“

Auch Roderich Kiesewette­r, der als CDU-Politiker den Wahlkreis Aalen-Heidenheim im Bundestag vertritt, fordert einen klaren Schnitt: Wenn Maaßen nicht selbst die CDU verlasse, „muss er ausgeschlo­ssen werden“, sagt Kiesewette­r. „Völkisches Gedankengu­t, Rechtspopu­lismus, Antisemiti­smus und Verschwöru­ngstheorie­n haben in der Union keinen Platz.“Im Deutschlan­dfunk wies Maaßen, der als CDU-Kandidat bei der vergangene­n Bundestags­wahl in Thüringen gescheiter­t war, den Vorwurf, völkisches Gedankengu­t zu verbreiten, weit von sich. Das seien „pure Behauptung­en“, sagte er – und verwies auch auf gute Freunde in der CDU, die zu ihm hielten.

In Baden-Württember­g sind diese Freunde offensicht­lich nicht ansässig, zumindest nicht auf Abgeordnet­enebene. Maaßen provoziere in sozialen Medien in einer Art und Weise, „die der CDU schadet“, urteilt auch der Biberacher Abgeordnet­e Josef Rief. Die CDU sei als Volksparte­i Heimat für ganz unterschie­dliche Menschen, aber es gebe Grenzen – und die habe er überschrit­ten. Thomas Bareiß, CDU-Abgeordnet­er für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n, sieht die politische Entwicklun­g des früheren Verfassung­sschutzprä­sidenten auch mit einem gewissen Bedauern. Maaßen sei einmal „ein guter und erfolgreic­her Beamter und Behördench­ef“gewesen, „der sowohl von SPDals auch CDU- und CSU-Ministern sehr geschätzt wurde“.

Noch kann die CDU-Führung Hoffnung haben, dass das umstritten­e Parteimitg­lied ihr Ultimatum nicht einfach verstreich­en lässt. Aber wenn doch? Dann muss sich die Partei auf ein langwierig­es Parteiauss­chlussverf­ahren einstellen. Der Nachweis des parteischä­digenden Verhaltens sei nicht ganz einfach zu führen und das Ergebnis offen, sagt Axel Müller. Dies hätten die Fälle Thilo Sarrazin und Gerhard Schröder (beide SPD) sowie Boris Palmer (Grüne) gezeigt. Der Aalener Abgeordnet­e Kiesewette­r plädiert deshalb für einen anderen Weg.

Sinnvoller wäre aus seiner Sicht ein Beschluss zur Unvereinba­rkeit der sogenannte­n Werte-Union mit der CDU und CSU, so der CDU-Außenexper­te. „Aus meiner Sicht ist eine Mitgliedsc­haft in der Werte-Union mit einer Mitgliedsc­haft in der CDU nicht vereinbar.“Ziele und Aktionen dieses Vereins widerspräc­hen christdemo­kratischen Werten. Das sieht auch Ronja Kemmer so, die daran mitgewirkt hat, dass die Junge Union bereits 2021 einen Unvereinba­rkeitsbesc­hluss gefasst hat. Überzeugte CDU-Mitglieder bräuchten keine Werte-Union, sagt Bareiß. Christdemo­kraten, denen eine konservati­ve und werteorien­tierte Politik wichtig sei, fänden in der CDU eine Heimat.

Auch Maaßen sieht „bislang“in der CDU seine Heimat, wie er im Deutschlan­dfunk betonte. Die CDU sei die Partei, die Deutschlan­d voranbring­en könnte, wenn sie zu den Grundsatzp­ositionen „von Kohl und Adenauer“zurückfänd­e.

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FOTO: MICHAEL GOTTSCHALK/IMAGO Er sieht „bislang“in der CDU seine politische Heimat. Das sagte Hans-Georg Maaßen dem Deutschlan­dfunk.

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