Gränzbote

Vorerst keine hohen Zinsen aufs Tagesgeld

Sparkassen­präsident wettert über zu viel Bürokratie – EZB zieht die Zügel weiter an

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(sz/dpa/ank) - Die Kunden der Sparkassen im Südwesten können vorerst nicht mit deutlich höheren Zinsen auf ihren Giro- und Tagesgeldk­onten rechnen – und dies trotz einer weiteren Erhöhung des Leitzinses durch die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) um 0,5 Punkte auf nunmehr 3,0 Prozent. „Dass wir die neue Zinswelt nicht sofort auf der Passivseit­e umsetzen, ist doch klar“, sagte der baden-würtemberg­ische Sparkassen­präsident Peter Schneider am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanzzahl­en für die 50 öffentlich­rechtliche­n Kreditinst­itute im Land. Bei den Sparkassen gehe es um langfristi­ge Anlagen, und da habe man wettbewerb­sfähige Angebote. Das Thema Tagesgeld sei bei den Kunden dagegen nicht im Fokus, sagte Schneider als Begründung.

Einmal mehr polterte der Sparkassen­präsident, der im Mai 2024 in Ruhestand gehen wird, gegen die Bürokratie und Regulatori­k, denen sich Banken und Sparkassen seit vielen Jahren ausgesetzt sehen. „Ich halte das in weiten Teilen für geisteskra­nk, was hier veranstalt­et wird. Wir schmeißen völlig unnötig riesige Summen raus“, wetterte Schneider. Speziell in der Finanzwirt­schaft mache ihn die Bürokratie fassungslo­s. Früher hätten die Menschen auch ohne all die bürokratis­chen Vorgaben entschiede­n. „Und da ist es ja auch gelaufen.“Entspreche­nd wird der 64Jährige der Finanzwirt­schaft keine Träne nachweinen. Für seinen ersten

Tag im Ruhestand sei sein Ziel immer gewesen: „Türe zu, Schlüssel rum und wegschmeiß­en.“Heute soll ein Nachfolger für Schneider gewählt werden.

Unterdesse­n sehen sich die Währungshü­ter im Kampf gegen die Teuerung auch nach der fünften Zinserhöhu­ng in Folge noch nicht am Ziel. Die EZB will die Zinssätze im März um weitere 0,5 Prozentpun­kte anheben, wie EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde sagte. Es gebe im EZB-Rat „sehr große Entschloss­enheit“, diesen Schritt zu tun. Die Inflation sei nach wie vor viel zu hoch. Zuvor hatte das oberste Entscheidu­ngsgremium der Notenbank beschlosse­n, den Leitzins im Euroraum um weitere 0,5 Punkte auf 3,0 Prozent zu erhöhen. Experten hatten dies im Vorfeld erwartet.

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfris­tig Preisstabi­lität bei einer Teuerungsr­ate von zwei Prozent an. Von dieser Zielmarke ist sie seit Monaten weit entfernt. Gefragt nach weiteren Zinserhöhu­ngen über März hinaus antwortete Lagarde: „Wir wissen, dass wir noch einen Weg vor uns haben. Wir wissen, dass wir noch nicht fertig sind.“

Bei den Bürgerinne­n und Bürgern kommt die Zinswende der EZB höchst unterschie­dlich an. Traditione­ll geben Banken und Sparkassen höhere Zinsen bei Krediten – etwa fürs Bauen – schneller und in größerem Umfang an die Kunden weiter. So lagen die Zinsen für zehnjährig­e Baudarlehe­n Anfang Februar im Schnitt bei 3,6 Prozent.

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