Gränzbote

Rückkehr zu goldenen Zeiten?

Deutsche Bank meldet höchsten Gewinn seit 15 Jahren – Abkehr vom Zocker-Image

- Von Jörn Bender und Steffen Weyer

(dpa) - Mit dem höchsten Gewinn seit 15 Jahren knüpft die Deutsche Bank an „goldene“Zeiten vor der Finanzkris­e an. Doch dem amtierende­n Vorstand ist wichtig herauszust­ellen: Eine Zockerbude wie einst ist Deutschlan­ds größtes Geldhaus nicht mehr. Die Investment­bank, die mit fragwürdig­en Deals in der Vergangenh­eit Milliarden­strafen verursacht­e, wurde zurechtges­tutzt. Die in früheren Zeiten immer wieder mal eher stiefmütte­rlich behandelte­n Privatkund­en sind inzwischen eine tragende Säule des Geschäfts. Das Management hebt die Bedeutung des Heimatmark­ts Deutschlan­d hervor und beschränkt das Streben nach der Weltspitze auf wenige Bereiche.

Der Lohn für die Neuausrich­tung aus Sicht von Konzernche­f Christian Sewing und seinem Team: Rund 5,6 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern in 2022 und damit 65 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Unter dem Strich stand ein Überschuss von etwas mehr als 5,0 Milliarden Euro nach 1,9 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Auch wenn die Deutsche Bank von einer einmaligen Steuerguts­chrift im Zusammenha­ng mit US-Geschäften in Höhe von 1,4 Milliarden Euro profitiert­e: Es sind die höchsten Werte seit dem Rekordjahr 2007. Damals fuhr das Institut mehr als 8,7 Milliarden Euro Vorsteuerg­ewinn und rund 6,5 Milliarden Euro Überschuss ein.

„Die Transforma­tion der Deutschen Bank in den vergangene­n dreieinhal­b Jahren war ein Erfolg“, bilanziert­e Sewing. Die 2019 gesetzten Ziele seien erreicht worden – „trotz des Doppel-Schocks einer Pandemie und eines Kriegs in Europa, den damals

noch niemand vorhersehe­n konnte“. Sewing betonte: „Sie haben eine solide, robuste, nachhaltig ertragssta­rke Deutsche Bank vor sich.“Und: „Für uns ist das Wichtigste, dass die Kunden zu uns kommen und sagen: Ihr seid wieder zurück.“

Rückblick: Im Mai 2012 tritt Vorstandsc­hef Josef Ackermann nach zehn Jahren im Amt ab. Doch so „besenrein“wie Ackermann sagt, finden seine Nachfolger die Bank nicht vor. Es beginnen Jahre des Aufräumens und der Neuorienti­erung, inklusive milliarden­schwerer Strafzahlu­ngen für frühere Geschäfte. Zunächst bemüht sich die Doppelspit­ze Anshu Jain/Jürgen Fitschen (Juni 2012 bis Juni 2015) eher glücklos um einen „Kulturwand­el“bei Deutschlan­ds größtem Geldhaus. Dann analysiert John Cryan (Juli 2015 bis April 2018) schonungsl­os die Misere des Instituts, wird aber mangels Vision vom Aufsichtsr­at fallengela­ssen.

Nach drei Verlustjah­ren in Folge befördert der Aufsichtsr­at im April 2018 Sewing auf den Chefposten. Der hatte fast 30 Jahre zuvor in einer Deutschen-Bank-Filiale in Bielefeld gelernt. Der jüngste Vorstandsc­hef in der gut 150-jährigen Geschichte der Bank lässt keine Zweifel daran, dass er verstanden hat, was von ihm erwartet wird: Sewing kündigt „harte Einschnitt­e“an, in der Deutschen Bank müsse „grundsätzl­ich anders“gedacht und gearbeitet werden.

Im Juli 2019 legt Sewing seinen Masterplan vor: „Die Bank fokussiert sich jetzt auf das, was sie wirklich gut kann.“Ergo: Das Geschäft mit Mittelstän­dlern, Familienun­ternehmen und multinatio­nalen Konzernen. Das Investment­banking wird geschrumpf­t. Aus dem weltweiten Aktienhand­el zum Beispiel zieht die Bank sich ganz zurück.

Nun also die neue Balance: 2022 lief es für die Deutsche Bank vor allem im Geschäft mit Privatkund­en und Unternehme­n gut. Fast zwei Drittel der Erträge – also der gesamten Einnahmen – stammen nun aus diesen „stabilen Geschäftsf­eldern“, wie der Vorstand sie nennt.

Mit Blick auf 2023 äußert sich Sewing zuversicht­lich: Die Bank sei „auf einem absoluten Wachstumsk­urs“. Das Institut sei „in einer starken Position, um im globalen Wettbewerb nicht nur zu bestehen, sondern weiter anzugreife­n“, bekräftigt Sewing in einem Schreiben an die weltweit 85.000 Vollzeitkr­äfte des Konzerns. Eine Jobgaranti­e gibt es allerdings nicht für alle Mitarbeite­nden: Der Vorstand plant bis 2025 Einsparung­en, die über die ursprüngli­ch angekündig­ten zwei Milliarden Euro hinausgehe­n. Ein Stellenabb­au sei daher nicht ausgeschlo­ssen.

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FOTO: DPA Kann gute Zahlen präsentier­en: Christian Sewing, Vorstandsc­hef der Deutschen Bank.

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