Gränzbote

Am Schluss ist Auferstehu­ng

Weltberühm­t und trotzdem oft verkannt – Der Rockmusike­r und bekennende Christ Alice Cooper wird 75 Jahre alt

- Von Paula Konersmann ●

Schwarz-verlaufene­r Eyeliner, eine Zwangsjack­e als Kostüm, eine lebende Boa auf der Bühne: So kennt die Welt Alice Cooper. Vincent Damon Furnier, wie der Musiker mit bürgerlich­em Namen heißt, feiert am Samstag, 4. Februar, seinen 75. Geburtstag.

Geboren 1948 in Detroit als Sohn eines Pastors, zeichnete „Vince“als Jugendlich­er viel. Künstler „with an impact“hatten es ihm angetan, also solche, deren Schaffen eine gewisse Wucht hatte und nachwirkte – allen voran der spanische Maler Salvador Dalí.

Auf der Suche nach einem interessan­ten Bandnamen, so erzählt der Rockstar es im Rückblick, befragten er und seine Band ein Hexenbrett. Dies verriet ihm, er habe schon einmal gelebt und sei als Hexe hingericht­et worden. Deren Name: Alice Cooper. Das klang für die jungen Männer „nach einer alten Dame, die für alle Kekse backt, aber eine Menge Leichen im Keller hat“.

In den frühen 1970er-Jahren entstand die Bühnen-Horrorshow, mit der Cooper bis heute auftritt. Der Name, sicher aber auch die charismati­sche Persönlich­keit Furniers, verführte Publikum und Medien dazu, weniger die Band und vielmehr den Sänger in den Mittelpunk­t zu rücken. Er selbst verlor sich zunehmend in der Kunstfigur; spottete über Vincent, der sei bestenfall­s „ganz nett“. Spätestens ein Treffen mit seinem Idol Dalí, der ihn 1973 als Hologramm darstellte, machte Alice Cooper zu einer Ikone.

Alkoholsuc­ht, Klinikaufe­nthalt, danach Kokain: Der Absturz war programmie­rt. Seit seinem Comeback Mitte der 1980er-Jahre betont der Musiker, gerettet habe ihn Gott.

Seit einer Weile ist ihm neben der „Alice Cooper Band“auch seine Supergroup „Hollywood Vampires“eine Herzensang­elegenheit. Der Name geht auf einen inoffiziel­len Club zurück, in dem Cooper in seinen wilden Jahren mit Musikern wie Keith Moon oder Jim Morrison getrunken hatte. 2015 tat er sich mit Schauspiel­er

Johnny Depp und Aerosmith-Gitarrist Joe Perry zusammen, um eben jene „Dead Drunk Friends“(dt. tote betrunkene Freunde) zu ehren. Das Trio covert Songs verstorben­er Musiker,

im Juni auch auf deutschen Bühnen. Er sei selbst erstaunt, dass ausgerechn­et er als letzter der ursprüngli­chen „Vampire“übrig geblieben sei, sagt Cooper.

Diese Einstellun­g ist keine reine Selbstiron­ie, sondern offenbar sein Weg zu überleben. Denn, so sagte er einmal der „Süddeutsch­en Zeitung“: „Wenn man die Figur, die man auf der Bühne darstellt, ins Leben hinübernim­mt, kostet einen das 30 Jahre Lebenszeit. Auf der Bühne ist man überlebens­groß. Außerhalb der Bühne ist man nichts anderes als ein stinknorma­ler Staatsbürg­er.“Über Jahre hinweg habe er versucht, den „Mythos“Alice Cooper auch im Alltag zu leben – und das habe ihn fast umgebracht. So zog er eine klare Trennlinie zwischen der Kunstfigur und dem Privatmens­chen.

Dieser Privatmens­ch geht nach eigenem Bekunden regelmäßig in die Kirche und –ja – zum Golfen, ist ein treuer Ehemann, dessen Kinder zeitweise an seinen Bühnenshow­s mitwirkten, sowie Vorsitzend­er der christlich­en Stiftung Solid Rock Foundation, für die er auch Spendengel­der sammelt. Für seine finanziell­e Unterstütz­ung verlieh ihm die christlich-liberale Grand Canyon University in Phoenix 2004 den

Ehrendokto­rtitel „Doctor of Music“.

Zu Ostern 2018 war Cooper im Musical „Jesus Christ Superstar“zu sehen. Bei Spiegel Online sagte er dazu, er bete und lese täglich 20 Minuten in der Bibel. „Die Leute können das kaum fassen, aber es gibt mir Kraft. Vincent Furnier ist das genaue Gegenteil der Kunstfigur Alice Cooper.“

Der Glaube und seine Kunst stehen für Cooper nicht in Widerspruc­h zueinander: „Sie werden kein Wort gegen den Rock'n'Roll in der Heiligen Schrift finden.“Umgekehrt gebe es in seiner Bühnenshow keine obszönen Worte, keine Flüche. Und: Am Ende jedes Auftritts werde der Bösewicht, den er darstelle, getötet. „Am Schluss ist Auferstehu­ng, es ist Alice im weißen Frack“, betont er.

Mit möglichen Auswirkung­en seines Schauspiel­s befasste er sich durchaus. „Wenn die Kids das ernst nähmen, würden sie alle Schulen niederbren­nen“, erklärte er. „Sie tun es aber nicht. Es ist Alice, der es für sie macht. Reine Katharsis.“(KNA)

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FOTO: MATHIAS LOEVGREEN BOJESEN/DPA Gott und die Bibel sind seine Begleiter: US-Rockstar Alice Cooper feiert am Samstag, 4. Februar, seinen 75. Geburtstag.

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