Gränzbote

Abenteuer Busfahren

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Das neue Jahr hat gleich mit einer Pechsträhn­e begonnen: Mein Auto ist kaputtgega­ngen. Motorschad­en, Wiederbele­bungsversu­che zwecklos. Als dann auch noch das Leihfahrze­ug begann, seltsame Geräusche zu machen, reichte es mir. Ich stieg auf den Bus um. Und hier habe ich in zwei Wochen mehr erlebt, als ich es in zwei Monaten im Auto je könnte.

Was es auf einer Busfahrt allein zu sehen gibt: Der Anblick des von Frühnebel umgebenen Lupfens entschädig­t für das morgendlic­he Aufstehen. So idyllisch war mein neues Leben als ÖPNV-Pendlerin allerdings nicht immer. Hinter Durchhause­n staunte ich nicht schlecht, als der Busfahrer prompt die falsche Ausfahrt im Kreisverke­hr nahm. Für den Fahrer scheinbar kein Grund zu Sorge: Er fuhr rückwärts wieder in den Kreisverke­hr hinein, um dann nochmal eine Runde zu drehen und die richtige Ausfahrt zu nehmen.

Und auch philosophi­sche Fragen können im Bus diskutiert werden. Ist ein Kaffeebech­er mit einem Plastikdec­kel nun auf oder zu? Der Busfahrer befand: Ganz klar, offenes Getränk, das hat im Bus nichts zu suchen. Der Fahrgast mit Kaffee fand: Deckel ist drauf, das Getränk darf mit an Board. Seinem Standpunkt verlieh er mit vielen Kraftausdr­ücken und Drohungen Nachdruck. Zu meinem Sicherheit­sgefühl in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln hat das nicht unbedingt beigetrage­n.

Und spätestens nach einem eiskalten Abend an der Bushaltest­elle war ich reif dafür, den „Öffis“wieder abzuschwör­en. Der Bus kam zum Glück noch, wenn auch 15 Minuten zu spät. Als ich an meinem Ziel ausstieg, gestikulie­rte der Busfahrer in meine Richtung. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend“, rief er breit grinsend. „Danke, ebenso.“Damit endete mein Pendler-Dasein, denn am folgenden Tag konnte ich mein neues Auto abholen - ohne Streit um Kaffeebech­er, lange Wartezeite­n und Stunts im Kreisverke­hr. Aber eben auch ohne unerwartet­e Freundlich­keit von Fremden. Wer weiß, vielleicht nehme ich ja doch mal wieder den Bus. (khr)

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