Wohnraum in Spaichingen wird immer kostbarer
Baukosten und Mieten steigen – Nachfrage nach Eigenheimen lässt spürbar nach
- Auch in Spaichingen steigen die Immobilien- und Mietpreise – aber auch die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum. Und wie Experten vermuten, wird sich daran auch in absehbarer Zukunft nicht viel ändern.
Laut dem Internetportal immowelt.de sind Spaichingen und Tuttlingen die beiden teuersten Kommunen im Landkreis, was die Immobilienpreise angeht. Laut Immowelt hat sich der Quadratmeterpreis für Immobilien zum Kauf in Spaichingen bei Wohnungen von 1927 Euro je Quadratmeter im Jahr 2017 auf 3011 Euro im Jahr 2022 erhöht; bei Häusern von 1913 Euro je Quadratmeter in 2017 auf 3078 Euro in 2022.
Einen eigenen Mietspiegel für Spaichingen gibt es nicht. Doch orientiert sich zum Beispiel die Stadtverwaltung am Tuttlinger Mietspiegel. „Eigentlich werten wir diesen mit einem kleinen Abschlag für Spaichingen“, so Florian Thomas von der Stadtverwaltung, Abteilung Planen und Bauen, „aus unserer Erfahrung können die Beträge derzeit allerdings ohne Abschlag auch bei uns so angesetzt werden“. Und der Tuttlinger Mietspiegel zeigt seit etwa 2011 einen deutlichen Anstieg der Mieten – vor allem in jüngster Zeit: Betrug die Gesamtsteigerung von 2020 auf 2021 noch 3,86 Prozent, so waren es von 2021 auf ’22 bereits 10,41 Prozent. Was derzeit vor allem steigt seien die Nebenkosten, weniger die Kaltmiete selbst, so Eva Zeyher, Vorsitzende des Mietervereins Tuttlingen und Umgebung.
Aktuell vermietet die Stadt Spaichingen selbst etwa 70 Wohneinheiten (wobei einige gerade renoviert werden) im Preissegment zwischen vier und elf Euro je Quadratmetetr. Derzeit wohnen zirka 130 Personen in den städtischen Wohnungen. Dazu kommen noch sechs Gewerbeobjekte, die die Stadt vermietet. Zwei davon
sind derzeit nicht vermietet, die Verhandlungen für eine Neuvermietung laufen aber schon, so Florian Thomas.
Mit seiner großen Wohnanlage „Bulzen“an der Schuraer Straße hat der Spaichinger Immobilienunternehmer Wolfgang Winker (Firma Winker Bauträger) gerade nochmal „Glück“gehabt, gesteht er. Er hat sie gerade noch am Ende eines Immobilienbooms bauen und verkaufen können. Die Nachfrage nach Neubauwohnungen sei in den vergangenen Jahren in Spaichingen „extrem gut“gewesen, stellt Winker fest, doch in den vergangenen Monaten habe die Nachfrage „spürbar nachgelassen“. Vor allem bei Einfamilienhäusern habe eine gewisse Zurückhaltung eingesetzt. Die Gründe sind nach Winker
vielfältig. So lief Ende 2022 das staatliche KfW-Neubauförderprogramm aus, das derzeit neu konzipiert wird. Auch die wieder steigenden Zinsen und die Inflation machen sich bemerkbar. „Früher waren es 0,7 Prozent Kreditzinsen, jetzt sind wir eher bei vier Prozent.“Die Banken verlangten auch wieder mehr Eigenkapital. „Vor zwei Jahren war das alles kein Thema“, so Winker, „da haben die Leute noch Vollfinanzierung gemacht.“Dazu komme, dass sich die Materialknappheit nicht wirklich verbessert hat und die Baukosten weiter in die Höhe steigen lässt, sowie die angespannte Situation auf dem Fachkräftemarkt.
Winker beobachtet daher zunehmend eine Verlagerung von Eigentumsauf den Mietbereich, wo die
Preise nicht ganz so stark gestiegen sind. Ähnliches wie Winker sagt auch ein weiterer Spaichinger Immobilienunternehmer, Berthold Gulden, Geschäftsführer der Gulden GmbH & Co. KG: Die Nachfrage sei noch da und die Preise für Neubauten steigen. Lediglich Gebrauchtimmobilien, die nicht die besten Dämmwerte aufweisen, würden im Preis sinken, so Gulden. Durch das Ende der Niedrigzinsphase und die Inflation werde aber die Finanzierung zusehends schwieriger. Auch die Banken seien bei der Finanzierung „etwas restriktiver“geworden und wollten mehr Eigenkapital sehen, stellt Gulden fest.
Bei Mietwohnungen, so Gulden, gehe der Trend zu „Zwei-, Drei-oder kleinen Vier-Zimmer-Wohnungen – sofern man es sich leisten kann“.
Der größte Bedarf besteht aber nach Beobachtung von Florian Thomas von der Stadtverwaltung aktuell bei kleinen bis mittleren Wohnungen und Ein-Zimmer-Appartements im Bereich bezahlbarer Wohnraum und ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die aktuelle Entwicklung der Energiepreise und die Inflation verstärkten dies spürbar. Auch im Bereich „bezahlbarer Wohnraum“können die aktuell hohen Nebenkosten für viele zu einem Problem werden.
Die Stadt hat in den vergangenen Jahren jeweils zwischen sechs und acht Wohnberechtigungsscheine für vom Land geförderte Mietwohnungen mit Belegungs- und Mietbindungen (Sozialmietwohnungen) ausgestellt. „Die aktuell eher geringe Zahl an ausgestellten Wohnberechtigungsscheinen
hängt auch mit der Zahl der angebotenen gebundenen Wohnungen in Spaichingen zusammen“, schreibt die Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung, „– hier gibt es nahezu kein Angebot, da viele Bindungen in den letzten Jahren ausgelaufen sind“.
Insgesamt, so Berthold Gulden, entwickelten sich die Preise in Spaichingen parallel zu denen in ganz Baden-Württemberg. Der Immobilienverband IVD Süd geht davon aus, dass die Immobilienpreise in BadenWürttemberg angesichts steigender Zinsen und abnehmender Nachfrage in Zukunft stagnieren oder sogar zurückgehen könnten – das allerdings vor allem in Großstädten wie Stuttgart, wo sie ohnehin sehr hoch sind. Der Mietmarkt in Baden-Württemberg sei laut Verband von moderaten Preissteigerungen geprägt. Im ZehnJahres-Vergleich seien die Mieten jedoch deutlich langsamer gestiegen als die Preise von Eigentumswohnungen, so der Immobilienverband.
Berthold Gulden vermutet, dass die Nachfrage nach Wohnraum in Spaichingen auch in Zukunft hoch sein wird: Generell würden großstädtische Zentren wie Berlin, München oder Stuttgart verlieren, „weil dort die Preise nicht mehr leistbar sind“. Somit würden Mittel- und Unterzentren in der Peripherie wie Rottweil, Tuttlingen, Spaichingen oder Trossingen attraktiver. Spaichingen profitiere zudem als Unterzentrum auch vom Heuberg: „Manche ziehen im Alter vom Dorf in die Stadt, wo es Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten gibt und alles zu Fuß erreichbar ist.“
Den Neubau von Sozialwohnungen sieht Gulden kritisch: „Warum überlässt man das nicht dem freien Markt? Neubauwohnungen soll der bekommen, der sie sich leisten kann. Dadurch wird dann auch wieder Wohnraum frei. Und diese Gebrauchtwohnungen sind deutlich günstiger als die Neubauten.“