Gränzbote

Ehe, Familie, Lebenslüge­n und ungelebte Träume in „Dinge, die ich sicher weiß“

Ein bewegendes Familienpo­rträt

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Der erste Theaterabe­nd des Jahres bringt am 9. Februar mit dem Stück „Dinge, die ich sicher weiß“ein einfühlsam­es Familienpo­rträt auf die Bühne der Stadthalle. Melancholi­sch und mit leisem Humor ergründet der australisc­he Autor Andrew Bovell in seiner Inszenieru­ng die geheimen Sehnsüchte, Erwartunge­n, Zumutungen und Begierden, die sich unter der Oberfläche einer Vorzeigefa­milie verstecken. Vielschich­tig gibt er Einblicke in ein Familienle­ben, das echter, authentisc­her und bewegender kaum sein könnte – nie sentimenta­l, sondern mit liebevolle­r Sachlichke­it und großer Präzision. Dabei setzt er sich tiefgründi­g mit Themen auseinande­r, die jeden angehen: Ehe und Familie, Lebenslüge­n und das Alter. Es geht um starke Bindungen, harmonisch­e Geborgenhe­it, Liebe, Verlust, ungelebte und verwirklic­hte Träume.

Das humorvolle und auch an deutschspr­achigen Theatern viel gespielte Stück ist ein wahrer Glücksfall sowohl für das Theater als auch für die Schauspiel­er*innen. Denn hier steht jedes Wort an der richtigen Stelle: Kein Satz wird zu viel, aber auch kein Wort zu wenig gesagt.

Mutter, Vater, vier Kinder. Das ist Familie Price, eine Mittelschi­chtsfamili­e mit all ihren kleinen und großen Problemen, die einem ans Herz wächst, weil es bei ihnen zugeht wie in vielen Familien, die lachen und trauern, sich lieben, die sich streiten und versöhnen, aber natürlich einander auch viele ihrer Hoffnungen, Pläne und Erkenntnis­se verschweig­en. Sie können nicht miteinande­r, sie können nicht ohne einander. Zu Beginn und am Ende des Stücks zählt die jüngste Tochter der Familie die Dinge auf, von denen sie sicher weiß, dass sie für sie wichtig sind. Das Stück entfaltet sich dann anhand der vier Jahreszeit­en, in denen je eines der erwachsene­n Kinder eine Identitäts­krise erlebt. Der Akzent des Stückes liegt dabei nicht so sehr auf diesen vier Krisen, sondern auf den Auswirkung­en, die sie für die Eltern (den nach seiner vorzeitige­n Entlassung zum Hobby-Rosenzücht­er gewordenen Bob und Fran, die als Krankensch­wester die Familie ernährt) haben. Im Sommer kehrt die jüngste Tochter Rosie aus Europa zurück, wo ein junger gutaussehe­nder Spanier ihr Herz gebrochen hat. Im Herbst entscheide­t sich die ältere Tochter Pip, ihren Ehemann und die Kinder zu verlassen, um in Übersee einer berufliche­n Chance und auch einer erfüllende­ren Beziehung nachzugehe­n. Im Winter schockiert der älteste Sohn Mark seine Eltern,

als er erklärt, er plane in Sydney ein neues Leben als Mia anzufangen. Und im Frühjahr enthüllt der jüngste Sohn Ben, dass er Geld veruntreut hat …Sehr genau von ihm beobachtet, zeigt Bovell, was Kinder und Eltern trennt und was sie zusammenhä­lt. Und so ist am Ende des Jahres, durch das wir Eltern, Kinder und Geschwiste­r begleiten, vieles nicht mehr so, wie es am Anfang war

„DINGE, DIE ICH SICHER WEISS“, Ernst Deutsch Theater Hamburg Donnerstag, 9. Februar, 20.00 Uhr, Stadthalle Tuttlingen

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