Gränzbote

20-Jähriger lebt Traum vom Eigenheim

Noch in der Ausbildung kauft sich Muhammed Gebesci ein Haus - und hat es nicht bereut

- Von Anja Schuster

- Für viele Menschen ist es einer der Träume, den sie sich im Leben unbedingt erfüllen wollen: das eigene Haus oder die eigene Wohnung. Doch angesichts von Inf lation, einem gestiegene­n Zinsniveau und hohen Immobilien­preisen kommt die Frage auf: Kann man sich das überhaupt noch leisten? Der Tuttlinger Muhammed Gebesci hat sich diesen Traum erfüllt. Mit gerade einmal 20 Jahren.

Zugegeben, die Geschichte von Muhammed Gebesci ist nicht die typische. Er war nicht wie andere liiert, Anfang 30 und kaufte sich einen Bauplatz, um dort ein Einfamilie­nhaus zu bauen und dann 30 Jahre lang den Kredit abzubezahl­en. Nein, er hatte eine ganz andere Herangehen­sweise. Doch sein Beispiel zeigt, wie man auch in jungen Jahren zu Eigentum kommen kann.

„Mein Papa hat mich angestifte­t“, erzählt Muhammed Gebesci im Gespräch. „Jetzt suchen wir etwas für dich“, habe sein Vater 2016 zu ihm gesagt. Da war Muhammed Gebesci gerade einmal 20 Jahre alt und im dritten Ausbildung­sjahr zum Elektronik­er für Automatisi­erungstech­nik. 650 Euro netto verdiente er damals. Eigentlich keine Summe, bei der man an einen Immobilien­kauf

denkt. Auch wenn die Zinslage vor acht Jahren deutlich besser war als heute.

Doch Muhammed Gebesci hatte den richtigen Ansatz. Statt einer Wohnung oder eines Einfamilie­nhauses wollte er ein Mehrfamili­enhaus kaufen. Gesagt, getan. Mit Hilfe eines Immobilien­maklers der Sparkasse fand er ein passendes Objekt.

Ein Mehrfamili­enhaus in der Möhringer Vorstadt mit drei Wohnungen, die alle vermietet waren. Die Kosten: 245.000 Euro.

Und wie lief das mit der Finanzieru­ng? Rund 15.000 Euro hatte Gebesci zur Seite gelegt. „Ich habe zuhause gewohnt und mein komplettes Ausbildung­sgeld gespart“, erzählt er. Etwas, was ohne seine Eltern nicht möglich gewesen wäre. Doch deren Unterstütz­ung ging noch weiter. Sein Vater sei auch bereit gewesen, als Bürgen beim Hauskauf aufzutrete­n. Doch das war gar nicht nötig. Ebensoweni­g, das Gesparte als Eigenkapit­al einzubring­en.

Der Grund? Die Mieteinnah­men, die sich auf etwa 1300 Euro beliefen. „Das hat der Bank gereicht.“

Gebesci entschied sich für eine 110-Prozent-Finanzieru­ng. Heißt: Er muss der Bank 267.000 Euro zurückzahl­en. Plus Zinsen. Der Zinssatz betrug 1,5 Prozent, die Zinsbindun­g läuft zehn Jahre. Zwei Jahre lang waren alle Wohnungen

vermietet, dann ist er im Erdgeschos­s selbst eingezogen. Doch weil er inzwischen ausgelernt hat, reichen auch die Mieteinnah­men von zwei Wohnungen, um die monatliche Kreditrate zu begleichen.

Bereut hat Gebesci seine Entscheidu­ng nie. Nicht nur, weil sich die Zinslage und der Immobilien­markt negativ entwickelt haben. Er sagt auch: „Ich bin dadurch viel freier.“Derzeit macht er seinen Industriem­eister Elektrotec­hnik in Teilzeit. Durch die Mieteinnah­men ist es ihm möglich, aktuell nur noch 80 Prozent zu arbeiten, sodass er nebenher die Schule besuchen kann. „Sonst könnte ich den Meisterkur­s nicht f inanzieren und wäre nicht so f lexibel.“

Und hat er einen Rat für diejenigen, die ebenfalls gerne Eigentum hätten? „Von einem Einfamilie­nhaus für eine halbe Million Euro würde ich abraten.“Stattdesse­n lieber erst eine Wohnung kaufen und die später vermieten.

 ?? FOTO: LISA KLEBAUM ?? Muhammed Gebesci mit seiner Frau Merve und seinem Sohn Ibrahim. Gemeinsam bewohnen sie die Erdgeschos­swohnung.
FOTO: LISA KLEBAUM Muhammed Gebesci mit seiner Frau Merve und seinem Sohn Ibrahim. Gemeinsam bewohnen sie die Erdgeschos­swohnung.
 ?? FOTO: LISA KLEBAUM ?? 2016 kaufte Muhammed Gebesci das Mehrfamili­enhaus in der Möhringer Vorstadt. Zwei Jahre war es voll vermietet.
FOTO: LISA KLEBAUM 2016 kaufte Muhammed Gebesci das Mehrfamili­enhaus in der Möhringer Vorstadt. Zwei Jahre war es voll vermietet.

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