Gränzbote

OB Michael Beck ist 20 Jahre im Amt

Im Februar 2004 hat er in Tuttlingen angefangen – Beck ist bis 2028 gewählt

- Von Matthias Jansen und Ingeborg Wagner

- Seit 20 Jahren ist Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck (CDU) im Amt. Bei der Wahl zur Nachfolge von Heinz-Jürgen Koloczek hatte sich der damals 43-Jährige gleich im ersten Wahlgang gegen zwei Mitbewerbe­r – darunter Hans-Martin Schwarz (Stadtrat der LBU) – durchgeset­zt. Zweimal wurde er wiedergewä­hlt, nun ist er in seiner dritten Amtszeit. Bis 2028. Zum Dienstjubi­läum hat der Gränzbote 20 Sätze formuliert, die OB Michael Beck vervollstä­ndigt hat.

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Die letzten 20 Jahre sind ... schnell vergangen.

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Heute fühle ich mich ... 20 Jahre älter. Eigentlich noch mehr, denn Bürgermeis­ter-Jahre sind keine normalen Jahre. Und ich empfinde sie als zunehmend anstrengen­d.

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Wenn ich 2004 gewusst hätte, was als OB auf mich zukommt, dann ... hätte ich es trotzdem gemacht. Ich habe es nicht bereut.

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Bei der Amtseinfüh­rung hatte ich unseren jüngsten Sohn Moritz auf dem Arm. Der ist heute ... 23 Jahre alt und studiert Medizin.

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Meine Familie hat in all diesen Jahren ... alle Begleiters­cheinungen dieses Amtes mitgenosse­n und mitertrage­n – im Positiven wie im Negativen. Vor allem die Kinder stehen, wenn der Vater Oberbürger­meister ist, unter besonderer Beobachtun­g.

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Meinen größten Erfolg in den vergangene­n 20 Jahren sehe ich ... im Bereich Kinderbetr­euung, wobei es natürlich schwer ist, hier einen Punkt rauszugrei­fen. Aber gerade in diesem Bereich waren wir, als ich als OB angefangen habe, weit weg von einer optimalen Situation. Heute stehen wir an der Spitze, auch durch die Verknüpfun­g von Wirtschaft und Stadt. Beim Haus der Familie haben wir seinerzeit zusammen mit den Unternehme­n Karl Storz und Aesculap ein ganz neues Modell auf den Weg gebracht, zur Einweihung kam auch die damalige Bundesfami­lienminist­erin Ursula von der Leyen nach Tuttlingen. Doch Erfolge feiert man nie alleine, sie sind ein Zusammensp­iel von Zufällen und den richtigen Leuten am richtigen Platz. So war es zum Beispiel auch bei der Hochschule – auch das sehe ich nach wie vor als herausrage­ndes Projekt.

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Meine bitterste Enttäuschu­ng war

... oder ist, die Entwicklun­g der Gesellscha­ft. Das sieht man schon im Kindergart­en und zieht sich durch alle Bereiche. Vieles ist in meinen Augen auch die Folge einer Politik, die Probleme zu lange ignoriert hat. Wir haben eine veränderte Gesellscha­ft, die sich wieder besinnen sollte. Das Miteinande­r bringt uns voran, das Gegeneinan­der spaltet.

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Wenn ich eine Entscheidu­ng revidieren könnte, dann wäre das ... die zur Donau. Zehn Jahre haben wir uns mit allen Mitteln gegen den Abstau gewehrt, das waren letztlich zehn verlorene Jahre, in denen nichts passiert ist. Jetzt haben wir einen guten Kompromiss gefunden, der einerseits die Donau weiter erlebbar macht und gleichzeit­ig die geforderte Wasserqual­ität ermöglicht. Das hätten wir früher haben können, und ich hätte das erkennen müssen.

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Ein guter Tag beginnt für mich mit ... einem gemeinsame­n Kaffee mit meiner Frau.

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In den kommenden vier Jahren als OB werde ich ... das

Donau-Thema nach vorne bringen. Ich möchte als OB noch möglichst viel von der Umsetzung miterleben.

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Die finanziell­e Lage Tuttlingen­s stellt sich heute ... nach wie vor als gut dar. Wir können uns vieles leisten, was sich andere Städte nicht leisten können. Natürlich würde ich mir stabile Gewerbeste­uereinnahm­en wünschen. Wichtiger ist jedoch, dass die Leute, die gutes Geld verdienen, auch in Tuttlingen wohnen. Der Einkommens­steuerante­il bringt uns letztlich mehr als die stark schwankend­e Gewerbeste­uer.

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Meine engsten Weggefährt­en waren und sind ... Persönlich­keiten wie Dieter Egle, Michael Ungethüm, Sybill Storz und Ortwin Guhl, die mich zu ihrer aktiven Zeit stets unterstütz­t haben, ebenso Roland Martin, Dekan Matthias Koschar und Stadtpfarr­er Richard Grotz oder auch Stadtsprec­her Arno Specht, der mich von Anfang an begleitet. Und dann natürlich viele Menschen aus dem Gemeindera­t wie – um nur ein paar zu nennen - Renate Gökelmann, Cornelia Seiterich-Stegmann, Michael Seiberlich oder auch Ulrike Martin und Hans-Martin Schwarz, obwohl er bei meiner ersten Wahl mein Mitbewerbe­r war. Mit Rainer Buggle ist gerade ein enger Vertrauter verstorben. Auch mit Stiefel Manz verbindet mich viel.

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Die Bundes- und Landespoli­tik macht mich ... oft sprachlos. Der Bund ist für mich oft weit weg, und man hat immer noch den Eindruck, dass man versucht, Probleme damit zu lösen, dass man alles mit Geld zuschüttet, was aber auf Dauer nicht funktionie­rt. Im Land sehe ich uns vor allem in der Schulpolit­ik nicht gut aufgestell­t.

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Die Zusammenar­beit mit dem Gemeindera­t ist ... seit 20 Jahren gut und vertrauens­voll, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass sich das seit Corona ein wenig verändert hat. Ich sehe die Gemeinderä­te in einer besonderen Rolle in der Stadt. Sie sind gewählt, und ich behandle sie so, als würden sie dieses Amt im Hauptberuf machen. Wichtig war mir immer, mit dem Gremium die Erinnerung­skultur zu pflegen. So waren wir unter anderem gemeinsam mit Räten aus

„Bürgermeis­ter-Jahre sind keine normalen Jahre.“

Draguignan in Verdun und in Israel. Gerade diese Reise ist für mich ein Highlight meiner Amtszeit.

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Auf die kommenden Kommunalwa­hlen schaue ich mit ... Spannung. Niemand weiß, wie stark sich welche Kräfte durchsetze­n. Ich würde mir wünschen, dass es keine allzu großen Veränderun­gen geben wird. Beim Gemeindera­t und beim Kreistag bin ich da optimistis­ch, bei den Europa- und Landtagswa­hlen in diesem Jahr weniger.

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Wenn ich drei Wünsche frei hätte, dann wären das ..., dass ich meine restlichen vier Jahre Amtszeit in guter Gesundheit verbringen darf. Dass ich mit dem neu gewählten Gemeindera­t in der gleichen Atmosphäre zusammenar­beiten kann wie jetzt. Und dass mich meine engsten Mitarbeite­r bis ans Ende meiner berufliche­n Laufbahn begleiten. Im Alter stellt man sich nicht mehr gerne um.

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Kraft schöpfe ich aus … meiner Familie und meinem persönlich­en Umfeld.

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Wenn ich eine Sache an Tuttlingen sofort ändern könnte, wäre es … die Unzufriede­nheit der Tuttlinger, die ich oft nicht verstehen kann. Dass Menschen ihre eigene Stadt systematis­ch schlecht machen und nicht anerkennen, was hier alles lebensund liebenswer­t ist, verwundert einen schon.

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Die größte Herausford­erung in den kommenden Jahren für Tuttlingen sehe ich in ... den Themen, die ich genannt habe. In Tuttlingen leben Menschen aus 100 Nationen und es gibt eine veränderte gesellscha­ftliche Grundstimm­ungslage. Wir müssen schauen, dass wir in Zukunft nicht nur friedlich zusammenle­ben, sondern dass alle die gleichen Chancen haben und Parallelge­sellschaft­en nicht noch verstärkt werden.

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Im Jahr 2028 ... werde ich ganz sicherlich aus dem Amt scheiden. Dann bin ich 67. In diesem Alter gibt es nicht mehr viele an der Spitze eines Rathauses, viele Kollegen hören früher auf. Und seit der Pandemie merke ich, dass es etwas mühsamer geworden ist. Ich würde mir wünschen, dass ich danach noch ein paar gute Jahre mit meinen Enkelkinde­rn habe und noch das eine oder andere von der Welt sehen werde. Das kam in den letzten Jahren zu kurz.

 ?? ARCHIV-FOTOS: BETTINA GONSER/MATTHIAS JANSEN ?? 2004 (links): Strahlende Gesichter nach der offizielle­n Amtseinset­zung im Rathausfoy­er. Friederike und Michael Beck mit Moritz, ihrem jüngsten Sohn. 2019 (rechts) Michael Beck wartet bei seiner dritten Kandidatur um das OB-Amt mit seiner Frau Friederike und seinen Söhnen Lukas und Moritz im Foyer des Rathauses auf das Ergebnis. Tochter Dominique fehlt auf dem Bild.
ARCHIV-FOTOS: BETTINA GONSER/MATTHIAS JANSEN 2004 (links): Strahlende Gesichter nach der offizielle­n Amtseinset­zung im Rathausfoy­er. Friederike und Michael Beck mit Moritz, ihrem jüngsten Sohn. 2019 (rechts) Michael Beck wartet bei seiner dritten Kandidatur um das OB-Amt mit seiner Frau Friederike und seinen Söhnen Lukas und Moritz im Foyer des Rathauses auf das Ergebnis. Tochter Dominique fehlt auf dem Bild.

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