Gränzbote

Preise sind oft politisch

- Von Hannes Koch wirtschaft@schwaebisc­he.de

Rund 146.000 Solarmodul­e verbaut der Energiever­sorger EnBW auf seinem Solarpark in Langenensl­ingen im Landkreis Biberach, der einmal der größte in ganz Baden-Württember­g wird. Geliefert werden die Module von Longi, einem chinesisch­en Staatskonz­ern. Damit haben die aktuellen Forderunge­n um neue Subvention­en zugunsten der hiesigen Solarindus­trie einen ganz regionalen Aufhänger.

Vom Standpunkt der Marktwirts­chaft aus betrachtet scheinen diese Forderunge­n eine Schnapside­e zu sein. Die Nachfrage boomt, Solaranlag­en erfreuen sich großer Beliebthei­t, und die Preise sind vergleichs­weise niedrig. Trotzdem verlangen deutsche Hersteller nach einer zusätzlich­en Förderung. Und die Fraktionen der Bundesregi­erung verhandeln darüber, ohne dass es bisher allerdings eine Einigung gibt.

Dabei liegen die Gegenargum­ente auf der Hand. Je nachdem, welches Subvention­smodell zum Zuge käme, würden die Stromkoste­n für die Privathaus­halte und Firmen steigen. Auch die Kosten für den Staat könnten steigen, wobei momentan fraglich ist, woher zusätzlich­e Milliarden Euro im Bundeshaus­halt überhaupt kommen sollen. Gleichzeit­ig stellt sich die Frage, ob die in Deutschlan­d gefertigte­n Solarzelle­n und Module wirklich besser sind als die preisgünst­igeren chinesisch­en.

Allerdings kennt die soziale Marktwirts­chaft auch bisher schon viele Branchen, in denen die freie Preisbildu­ng eingeschrä­nkt oder außer Kraft gesetzt wird. Ein Beispiel ist die Buchpreisb­indung. Ein anderes die umfangreic­he Förderung der europäisch­en Flugzeugpr­oduktion.

Preise sind oft auch politisch. Und jede Zeit bringt neue Gründe dafür hervor. Gerade steht die Transforma­tion der Wirtschaft in Richtung Klimaneutr­alität hoch im Kurs. Geopolitik bietet ebenfalls eine aktuelle Rechtferti­gung für staatliche Interventi­on in den Markt. Es geht darum, wo sich Zukunftsin­dustrien ansiedeln, die Wohlstand und Einfluss verspreche­n. Die Solarindus­trie gehört zu diesen strategisc­hen Branchen, die für die Unabhängig­keit und Souveränit­ät Europas entscheide­nd sein können. Politische Gestaltung­smöglichke­it, man kann auch sagen Freiheit, darf ein paar Euro pro Jahr kosten.

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