Gränzbote

Dieses Paar hilft Senioren in der Not

Rückenschm­erzen verhindert Fortsetzun­g der Radtour – Ein Mühlheimer macht das, was selbstvers­tändlich wäre

- Von Matthias Jansen

Als Sabine Osswald ihren Mann in der Küche sieht, ahnt sie schon: Da ist etwas passiert. Markus Müller steht wie angewurzel­t am Fenster und schaut hinunter. Für Ingeborg Seemann ist es ein Glücksfall, dass der Feuerwehrm­ann zu Hause ist. Die Seniorin ist noch Wochen später dankbar über die „gute Tat“.

Dass die Biberacher­in, die bei ihrem Lebenspart­ner in Tuttlingen zu Besuch war, in Not geraten würde, war an dem Sonntag nicht erwartbar. „Wir waren nachmittag­s bei schönstem Wetter zum ersten Mal mit dem Fahrrad unterwegs“, berichtet sie. Nach 14 Kilometern Strecke steigt sie am Donauradwe­g vom Rad. „Ich hatte Beschwerde­n im Rücken“, sagt Seemann. Der Schmerz zieht in die rechte Hüfte, sodass sie auch den rechten Fuß nicht mehr belasten kann. „Ich musste absteigen und wollte mich ohne Rad bewegen, um den Schmerz zu lindern.“

Sie ruft sofort nach ihrem Lebensgefä­hrten, der umgehend zu ihr umkehrt, und beginnt mit gymnastisc­hen Übungen. Zu dem Zeitpunkt steht Müller oberhalb des Radwegs am Fenster und beobachtet die Situation. „Ich habe mich nur gefragt, wann steigt die Frau denn wieder auf“, berichtet er. Nur kurze Zeit später steht für ihn fest, dass er runtergeht und fragt, ob die beiden Senioren Hilfe brauchen. „Er hat sicher gesehen, wie verleidet ich bin“, meint Seemann.

Auch Osswald ist überzeugt, dass ihr Mann das gespürt hat. „Er hat dafür den siebten Sinn, ein Helfergen“, sagt sie. Es habe dann doch etwas gedauert, Seemann und ihren Lebensgefä­hrten vom Hilfsangeb­ot zu überzeugen, meinen Müller und Osswald, die sich dann noch miteinscha­ltet. Der Lebensgefä­hrte habe gemeint, selbst noch nach Tuttlingen zurückfahr­en zu können. „Da bin ich dann energisch geworden“, sagt sie. Der Rentner sei in Sorge um seine Partnerin doch emotional aufgewühlt gewesen. „Nichts da. Sie bleiben hier und werden auch nach Hause gefahren.“

Innerhalb von zehn Minuten montiert Müller den Fahrradträ­ger auf die Anhängerku­pplung seines Autos. „Weil wir selbst auch E-Bikes haben, musste man da nicht so viel einstellen“, sagt er. Weitere 15 Minuten später waren Seemann und ihr Partner wohlbehalt­en zurück in Tuttlingen. „Ihm und seiner aufmerksam­en Familie sei dafür herzlich gedankt“, schreibt Seemann.

Für Osswald und Müller ist die Hilfe eine Selbstvers­tändlichke­it. „Als ich gesehen habe, wie rührend und liebevoll der alte Mann sich um die Frau kümmert, ihr den Rücken und die Schulter massiert, war klar, dass wir helfen müssen“, sagt Osswald, deren Familie schon mehrfach als Erst- und Pannenhelf­er gefordert war.

„Wir wohnen oberhalb des Donauradwe­gs. Das ist wirklich nett. Es kommen immer wieder Radfahrer vorbei, aus aller Herren Länder“, berichtet sie. „Und wenn man dort wohnt und offene Augen hat, dann hilft man.“Mit Pf lastern und Eis für Kinder nach Stürzen, Flickzeug und Luft für platte Reifen oder dem Transport zurück zum Wohnort. „Für uns ist das selbstvers­tändlich. Gerade bei älteren Menschen“, sagen Sabine Osswald und Markus Müller.

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FOTO: PRIVAT Sabine Osswald und Markus Müller helfen den Senioren und bringen sie mit ihren E-Bikes nach Hause.

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