Gränzbote

Trump auf der Anklageban­k

Historisch­er Strafproze­ss gegen den früheren US-Präsidente­n in Manhattan

- Von Thomas Spang ●

- Donald Trump holt noch einmal tief Luft, bevor er mit finsterer Miene auf der 15. Etage des Manhattan Criminal Court vor die Kameras tritt. An seiner Seite Verteidige­r Todd Blanche, der nicht minder ernst vor sich hinstarrt, während der Angeklagte schwere Vorwürfe gegen die unabhängig­e Justiz und US-Präsident Joe Biden erhebt.

„Das ist politische Verfolgung“, beschwert sich Trump vor Beginn der Hauptverha­ndlung in dem Jahrhunder­tprozess von New York. Diese sei von einem „inkompeten­ten Mann, der dieses Land führt“, eingefädel­t worden. „Jeder Rechtsexpe­rte“stimme darin überein, dass dieser Fall „Unsinn“sei. Er hätte niemals zur Anklage gebracht werden dürfen. Sprach es, drehte sich um, ignorierte Reporterfr­agen und schritt gebeugt Richtung Saal 1530 in dem imposanten Gerichtspa­last im Herzen Manhattans.

Im Gerichtssa­al hörte die Show auf. Kameras müssen draußen bleiben. Audio wird auch nicht übertragen. Trump kauert in seinem ikonischen blauen Anzug, unter dem er ein weißes Hemd und eine rote Krawatte trägt, auf der Anklageban­k. Gegen 10 Uhr eröffnet der Gerichtsdi­ener den Fall „Das Volk des Staates New York gegen Donald J. Trump“. Eingerahmt von der Inschrift „IN GOD WE TRUST“, einem Sternenban­ner und der Flagge New Yorks hat Juan Merchan auf dem Richterstu­hl Platz genommen.

Auch Chefankläg­er Alvin Bragg und sein Team sind im Saal, der sich mit Zuschauern gefüllt hat. Nicht gekommen ist Ehefrau Melania, für die der Prozess besonders unangenehm ist. Schließlic­h geht es auch um die

Sexaffären ihres Mannes vor und nach der Geburt ihres Sohnes Barron.

Richter Merchan stellte zum Auftakt der Hauptverha­ndlung klar, dass er nicht wegen Befangenhe­it von dem Prozess zurücktret­en werde. Dafür gebe es keinen Grund. Dann verkündete er den Fahrplan für den Prozess. Mit Ausnahme des Passover-Feiertags werde das Gericht an vier bis fünf Tagen in der Woche tagen. Das sind schlechte Nachrichte­n für Trump, der als Angeklagte­r während aller Verhandlun­gstage präsent sein muss.

Experten sagen, die Fakten seien ziemlich klar gelagert. Als drohte, dass auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs Affären mit der Sexdarstel­lerin Stormy Daniels und dem Playboy-Modell Karen McDougal auff liegen könnten, fädelte er Schweigege­ldzahlunge­n ein. Im Fall Daniels zahlte sein Hausanwalt Michael Cohen 130.000 Dollar, die er später in zwölf Tranchen erstattet bekam.

Trump deklariert­e sie als Anwaltskos­ten und setzte sie von der Steuer ab. Bei McDougal half der Herausgebe­r des „National Enquirer“, David Pecker, der die Rechte an der Geschichte des Modells kaufte und diese dann verschwind­en ließ.

Rechtlich strittig ist allein die Frage, ob die Chefankläg­er den Verstoß gegen das Wahlkampfg­esetz des Bundes in einem Prozess nach New Yorker Recht bemühen dürfen. Ansonsten kann Trump nur darauf hoffen, mindestens einen Geschworen­en zu finden, der ihn nicht in den 34 Anklagepun­kten schuldig spricht. Entspreche­nd lange dürfte die Auswahl der Jury dauern. Mehr als 6000 New Yorker erhielten Aufforderu­ngen, bei Bedarf vor Gericht zu erscheinen.

Das Auswahlver­fahren sollte später am Montag beginnen und dürfte mindestens eine Woche dauern, vermutlich länger. Dann ist die Staatsanwa­ltschaft an der Reihe, ihre Anklage zu beweisen.

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FOTO: JANE ROSENBERG Auf der Gerichtsze­ichnung unterhält sich der ehemalige Präsident Donald Trump (l.) mit seinem Verteidige­r Todd Blanche, im Hintergrun­d sitzt Richter Juan Merchan im Strafgeric­ht von Manhattan.

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