Warum Joe Biden die Wahl gewinnt und China zur Gefahr wird
ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen spricht in Tuttlingen über die Außenpolitik der USA
- Donald Trump wird die nächste Präsidentschaftswahl in den USA nicht gewinnen. Dieser Überzeugung ist Elmar Theveßen, seit 2019 US-Korrespondent des ZDF für Nord- und Mittelamerika. Bei seinem Vortrag in der KLS-Martin-World in Tuttlingen nannte er die Gründe für seine Wahlprognose und erklärte, was Deutschland von der Außenpolitik der Regierung von Joe Biden lernen kann.
Wenn am 5. November in den USA der nächste Präsident gewählt wird, dann kann er eigentlich nur Joe Biden heißen. Das sagt Elmar Theveßen. Und der 56Jährige erwartet – unter zwei Voraussetzungen – nicht einmal einen knappen Wahlausgang. „Wenn Joe Biden gesund bleibt und die US-Wirtschaft weiter so gut läuft, dann wird Biden die Wahl mit einem größeren Vorsprung gewinnen als im Jahr 2020.“
„Die Menschen in den USA merken, es läuft“, meinte der Fernseh-Journalist. Zwar würden viele Amerikaner die Inf lation als Belastung empfinden, durch den Wirtschaftsaufschwung hätten sie im Durchschnitt aber höhere Löhne als vor der Corona-Pandemie. „Es geht ihnen eigentlich besser, als sie sich fühlen.“Und mit Trump könnte jemand ins Weiße Haus zurückkehren, der „alles wieder einreißt“.
Das Alter von Biden – zwei Wochen nach der Wahl wird er 82 Jahre – sei eigentlich kein Grund, ihn nicht zu wählen. „Bei Trump passiert das auch, dass er Sachen durcheinander wirft“, sagte Theveßen, der aber zugab, dass die Wahrnehmung der beiden Präsidentschafts-Kandidaten
unterschiedlich sei. „Trump wirkt energiegeladen, Biden eher gebrechlich.“Er, so erklärte der studierte Politikwissenschaftler, erlebe aber, „dass Biden seiner Aufgabe voll gewachsen ist“.
Schließlich habe die USA unter Bidens Führung eine passende Antwort auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und die Herausforderung durch China gefunden. In Bidens Augen sind die Auseinandersetzungen, gerade der Kampf zwischen Demokratien und Autokratien, die große Schlacht für Freiheit und gegen
Unterdrückung. Ähnlich der Situation im zweiten Weltkrieg. Man stehe mit Russland einem Regime gegenüber, das Europa neu ordnen will. So hatte der USPräsident einen Monat nach Beginn des Kriegs im März 2022 in Warschau gesagt, Putin könne nicht an der Macht bleiben.
Anders als Deutschland agiere die USA auch nicht mit der Angst, dass sich der Krieg ausdehnen könnte. Unter Biden tritt die USA dem „Aggressor“entschlossen entgegen. Aus einem Grund: Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hat für Putin – wie für alle Anführer
anderer Nationen – ein Profil erstellen lassen. „Und auf Basis dieses Profils macht die USA ihre Politik“, erläuterte Theveßen. Dem Profil zufolge sei Putin ein „Narzisst, ein brutaler, rücksichtsloser Diktator mit einem kalkulierenden Naturell, der von Größe, Macht und Stärke besessen“sei. Putin folge dem Prinzip Lenins: „Wenn du auf Stahl stößt, zieh dich zurück. Wenn du auf Brei stößt, mach weiter.“Umso wichtiger sei es, Putin etwas entgegenzusetzen. „Wenn die Ukraine nicht gewinnt, wird Putin im Baltikum oder Moldawien einmarschieren.“
Dass die Nato und nicht etwa Russland den Krieg begonnen habe, so Theveßen, sei eine Lüge. Im Jahr 2002, als der Nato-Beitritt der Ukraine an den USA und Deutschland scheiterte, hätte Putin kein Problem damit gehabt, wenn die Ukraine Teil der Nato werden wollen würde. Die Ukraine, so zitiert Theveßen eine damalige Rede Putins, sei ein uanbhängiger, souveräner Staat, der über seinen Weg zu Frieden und Sicherheit selbst entscheide. „Ich sehe hier nichts Problematisches, was einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine werfen könnte“, hatte Putin geäußert.
Der Ausgang des UkraineKriegs hat aus US-Sicht auch Auswirkungen auf die Beziehung zu China. Das Reich der Mitte könnte sich bei einem russischen Sieg bestärkt fühlen, Taiwan zu annektieren. Um China davon abzuschrecken, schrecken die USA neben militärischer Aufrüstung auch im Dialog nicht vor deutlichen Ankündigungen zurück. Dadurch dürften beide Staaten verstanden haben, „was sie von dem anderen zu halten haben“, meint der ZDF-Journalist. Die USA hatten erklärt, Taiwan militärisch beizustehen und Sanktionen wie gegen Russland auch gegen China zu verhängen.
Auch wenn „der Wandel durch Handel“nicht funktioniert habe, werde die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und China nicht eingestellt. Die USA setzten viel mehr darauf, unabhängiger zu werden und China von bestimmten Bereichen fernzuhalten. So wird in den USA die eigene Produktion massiv ausgebaut, um beispielsweise Halbleiter oder Antibiotika wieder selbst ausreichend herstellen zu können. Laut Theveßen nutze China seine zunehmende Wirtschaftsmacht zur Erpressung aus.
Und auch die „Kontrolle des Denkens“sei etwas, dass das Reich der Mitte nicht nur im eigenen Land anstrebe. Theveßen berichtete, dass Filme in den USA schon von chinesischen Zensoren abgenommen würden, damit diese in den dortigen Kinos gezeigt werden können. Während der Corona-Pandemie habe China den USA angeboten, Covidtests in der Bevölkerung zu machen. „Damit sollten Gendaten gesammelt werden“, so Theveßen. Auch das Herstellen von genetisch abgestimmten Biowaffen, die nur einer Gruppe von Menschen Schaden zufügen können, sei dadurch nicht auszuschließen.
„All das sollten wir wissen, wenn wir mit China Geschäfte machen“, so Theveßen, der noch einmal deutlich machte: Nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber China machen die USA „knallharte Weltpolitik, die auf Sicherheit bedacht ist“.