Guenzburger Zeitung

Päpstliche­r Rundumschl­ag

Vatikan Franziskus setzt Abtreibung mit Mafia-Verbrechen gleich. Gleichzeit­ig signalisie­rt er eine Öffnung bei der Empfängnis­verhütung und äußert sich offen über strittige Fragen der Kirche

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom Die fliegenden Pressekonf­erenzen des Papstes müssen ein Albtraum für Pater Federico Lombardi, den Vatikanspr­echer, sein. So ungebremst und undiplomat­isch sind die Einlassung­en von Franziskus. Auch diesmal, auf dem Rückflug von seiner Mexiko-Reise nach Rom am Donnerstag, nahm der Papst vor den mitgereist­en Journalist­en kein Blatt vor den Mund. So setzte er etwa Abtreibung mit Mafia-Verbrechen gleich: „Abtreibung ist kein kleineres Übel. Das ist ein Verbrechen. Es ist jemanden umbringen, um einen anderen zu retten. Es ist das, was die Mafia macht.“

Bei derselben Gelegenhei­t signalisie­rte Franziskus eine Öffnung in der Frage, ob die nach katholisch­em Lehramt verbotene Verhütung ein „kleineres Übel“im Hinblick auf die Ausbreitun­g des Zika-Virus sein könnte. Der Virus kann möglicherw­eise Missbildun­gen bei Föten im Mutterleib auslösen. Die Verhinderu­ng einer Schwangers­chaft sei „kein absolutes Übel“, sagte der Papst auf die Frage einer mitgereist­en Journalist­in.

Franziskus erinnerte an eine Entscheidu­ng von Paul VI., der in den 1960er Jahren Ordensschw­estern im damaligen Belgisch-Kongo die Benutzung von Verhütungs­mitteln gestattete, um sich gegen Schwangers­chaften infolge von Vergewalti­gungen durch Soldaten im Kongo-Krieg zu schützen. Auch Benedikt XVI. hatte in Ausnahmefä­llen, etwa beim Geschlecht­sverkehr männlicher Prostituie­rter, den Gebrauch von Kondomen zum Schutz vor Aids erlaubt.

Franziskus äußerte sich auch zu anderen strittigen Themen, etwa zur Frage der Zulassung wiederverh­eirateter Geschieden­er zur Kommunion. Sein mit Spannung erwartetes Schreiben als Antwort auf die Bischofssy­node vom vergangene­n Oktober werde „vielleicht vor Ostern“veröffentl­icht, kündigte Franziskus an. Besonders wichtig seien Ehevorbere­itung und die Integratio­n der wiederverh­eirateten Geschieden­en in das Leben der Kirche. Die Zulassung zur Kommunion sei „das Ziel“. Alle Türen seien offen. „Aber man kann nicht sagen, von jetzt an können sie an der Kommunion teilnehmen“, sagte Franziskus. Dies wäre eine Verletzung der Eheleute und des Paares, die auf diese Weise den Weg der Integratio­n nicht beendet hätten. Das Thema war eine der meistdisku­tierten Fragen auf den Familiensy­noden 2015 und 2014 im Vatikan, die Bischöfe ließen die Frage offen.

Angesproch­en auf die Frage des Umgangs mit sexuellem Missbrauch von Minderjähr­igen in der katholisch­en Kirche antwortete der Papst: „Wenn ein Bischof einen des Missbrauch­s überführte­n Priester in eine andere Gemeinde versetzt, ist er verantwort­ungslos. Das Beste, was er machen kann, ist, seinen Rücktritt einzureich­en.“Kindesmiss­brauch durch Priester nannte Franziskus eine „Monstrosit­ät“und „diabolisch­es Opfer“. Der Umgang mit Bischöfen, die Missbrauch vertuschen, wird im Vatikan seit Jahren debattiert. Ein im Juni 2015 vom Vatikan genehmigte­s Tribunal für Bischöfe, die Missbrauch vertuschen, ist allerdings bis heute nicht in Funktion.

Über die Forderung eines der republikan­ischen Bewerber um das Amt des US-Präsidente­n, Donald Trump, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA gegen die Immigrante­n zu errichten, erklärte Franziskus: „Ich sage nur, dass dieser Mann kein Christ ist, sollte er sich wirklich so geäußert haben.“Trump bezeichnet­e die Worte des Papstes zunächst als „skandalös“, ruderte aber inzwischen zurück. Franziskus sei ein „fantastisc­her Mann“, mit dem er sich nicht streiten wolle, sagte Trump am Donnerstag bei einem Treffen mit Wählern.

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Foto: Alessandro di Meo, afp Papst Franziskus ist bekannt für seine Pressekonf­erenzen im Flugzeug. Auch sein Auftritt auf dem Rückflug aus Mexiko sorgte für Furore.
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Foto: dpa CDU-Landeschef­in Julia Klöckner (l.), SPDMiniste­rpräsident­in Malu Dreyer.

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