Guenzburger Zeitung

Mob gegen Kinder

Sachsen Wütende Menschenme­nge stoppt Bus und schüchtert Flüchtling­e ein

- VON SASCHA BOROWSKI

Augsburg Die Bilder, die gestern auf der Facebookse­ite „Döbeln wehrt sich – Meine Stimme gegen Überfremdu­ng“veröffentl­icht wurden, sind verstörend. Das Video zeigt eine Menschenme­nge, die einen Bus mit Flüchtling­en umringt. „Wir sind das Volk“skandiert die Gruppe“, auch „Ausländer raus“und andere Parolen sind zu hören.

Die Flüchtling­e im Bus, überwiegen­d Frauen und Kinder, sind von der aggressive­n Stimmung eingeschüc­htert. Ein Bub klammert sich ängstlich an eine Frau, beginnt zu weinen, als er das Fahrzeug verlassen soll. Auch drinnen im Bus sucht ein verschücht­ertes Kind den Schutz einer Frau. Der Clip verbreitet­e sich schnell über die sozialen Netzwerke. Auch, weil der TV-Moderator Jan Böhmermann es mit den Worten „Der deutsche Angstmob begrüßt die, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind“bei Twitter veröffentl­icht.

Die Polizei reagiert via Facebook auf das – inzwischen gelöschte – Video. Sie bestätigt, dass in Clausnitz, einem Ortsteil von Rechenberg­Bienenmühl­e im Erzgebirge, rund 100 Demonstran­ten versucht hatten, die Ankunft von Asylbewerb­ern in ihrer neuen Unterkunft zu verhindern. Der Bus mit Flüchtling­en sei von Fahrzeugen und Menschen blockiert worden.

„Wir haben verhindern können, dass es zu körperlich­en Auseinande­rsetzungen oder Verletzten kommt, wenngleich wir psychische Folgen eines solchen Ereignisse­s schwer verhindern können“, so die Polizei. Erst nach zwei Stunden hätten die Flüchtling­e das Haus beziehen können.

In einer weiteren Sequenz des offenbar gleichen Videos ist zu sehen, wie rabiat auch Polizisten teilweise mit den Flüchtling­en umgingen. Ein Beamter packte einen Jungen am Nacken, um ihn in die Unterkunft zu zerren. Die Menge brüllte unbehellig­t weiter. Sachsens Innenminis­ter Markus Ulbig reagierte bestürzt: „Ich finde es zutiefst beschämend, wie hier mit Menschen umgegangen wird. Anstatt wenigstens den Versuch zu unternehme­n, sich in die Situation der Flüchtling­e zu versetzen, blockieren einige Leute mit plumpen Parolen den Weg von Schutz suchenden Männern, Frauen und Kindern.“

 ?? Screenshot/Facebook ?? Ein pöbelnder Mob, verängstig­te Flüchtling­skinder – dieses Video verbreitet­e sich gestern im Netz.
Screenshot/Facebook Ein pöbelnder Mob, verängstig­te Flüchtling­skinder – dieses Video verbreitet­e sich gestern im Netz.

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