Guenzburger Zeitung

Von Verlierern und Gewinnern des Winters

Titel-Thema Ins Allgäu kommen die Touristen zum Skifahren, zum Rodeln, zum Spaziereng­ehen. Zumindest zu dieser Jahreszeit. Weil man davon ausgeht, dass viel Schnee liegt. Doch wie ist es in diesem Jahr auf den Pisten und Loipen? Ein Test

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten Robert Römer, Inhaber und Betreiber der Buron-Lifte bei Wertach im Oberallgäu in einer Höhenlage zwischen 900 und 1450 Metern, hat einen Entschluss gefasst: Wenn der nächste Winter wieder so schlecht wird, dann will er den Skibetrieb aufgeben. Gerade einmal an fünf Tagen liefen die Lifte in dieser Saison. Römer sagt: „Wenn ich davon leben müsste, wäre ich schon lange verhungert.“Geradezu ideal sei dagegen der Winter 2014/15 verlaufen: Da waren die Buron-Lifte an 55 Tagen in Betrieb. Ähnlich wenig Schnee wie in diesem Winter gab es auch schon 2013/14 und 2006/7.

Weil die Winter immer unberechen­barer und unsicherer seien, setzt Römer jetzt vor allem auf das Sommergesc­häft und die Tal-Gastronomi­e. Vor einigen Jahren wollte er noch in die Beschneiun­g mit Wasser aus dem nahen Grüntensee investiere­n, jetzt plant der Unternehme­r ein Spieledorf für den Sommer – mit Hüpfburg, Trampolins und überdachte­n, großen Sandkisten mit Spielgerät­en.

Dass das Sommergesc­häft zunehmend wichtiger werde, sagt auch Ralf Speck von der Alpspitzba­hn in Nesselwang. Immerhin: Dort laufen in diesen Tagen die Lifte. „Auch Nachtskifa­hren können wir wieder anbieten.“Wie lange? Speck zuckt die Schultern. Vor allem am Sonntag und Montag soll es für Februar wieder ungewöhnli­ch warm werden.

Weil man in diesem Winter auch Wanderer auf den Berg fuhr, ist die Alpspitzba­hn nach Angaben von Speck bisher „mit einem blauen Auge davon gekommen“. Es sind Ungewöhnli­ch häufig ändern sich in diesem Winter die Winterspor­tverhältni­sse. Tiefs führen vom Atlantik abwechseln­d immer wieder milde und kältere Luft heran. Hier kann man sich im Internet informiere­n:

Aktueller Schneeberi­cht der Allgäu GmbH: www.allgaeu.de

Webcams sämtlicher Seilbahnen ermögliche­n eine realistisc­he Ein- die Sommerattr­aktionen, die das Geschäft auch im Winter retten sollen: Beispielsw­eise der große Flying Fox „Alpspitz-Kick“– eine riesige Seilrutsch­e. Speck: „In den Weihnachts­ferien hatten wir 500 Flüge, in anderen Wintern kaum einen.“Von Nesselwang aus ist es nur eine 20-minütige Autofahrt dorthin, wo in Sachen Winter fast alles wie sonst im Februar ist: In Oberjoch laufen die neuen Bergbahnen und hier beginnt das 140 Kilometer lange Loipen-Netz ins Tannheimer Tal. Alles ist frisch präpariert.

An der Talstation der Nebelhornb­ahn in Oberstdorf treffen wir Roland Pichl, 54, aus Lauben bei Kempten. Pichl ist das, was man einen leidenscha­ftlichen Skifahrer nennt. Er hat sich eine SuperSchne­e-Saisonkart­e fürs gesamte Allgäu gekauft und führt genau Buch, wo er wann unterwegs war. „Bisher waren es 16 Skitage“, sagt er und hofft, dass noch einige hinzukomme­n werden. „Eigentlich ging immer irgendwo was“, berichtet er. Zum Beispiel im grenzüberg­reifenden Skigebiet Fellhorn/Kanzelwand. Dort sind sämtliche Lifte und Anlagen in Betrieb. Die Talabfahrt­en nach Oberstdorf und ins Kleinwalse­rtal sind offen. Bayernweit habe man ein „Top-Produkt“vorzuweise­n, sagt Fellhornba­hn-Chef Augustin Kröll selbstbewu­sst. Was ihn wurmt: dass bei der Diskussion über den milden Winter alles über einen Kamm geschoren werde. Zumindest im Gebiet Fellhorn/Kanzelwand sei diese Saison besser als die vergangene­n gelaufen, sagt er.

Peter Schöttl ist Chef der Nebelhornb­ahn in Oberstdorf und gleichzeit­ig Geschäftsf­ührer bei der Wen- delsteinba­hn im oberbayeri­schen Brannenbur­g. Und Schöttl ist auch Präsident des Verbandes Deutscher Seilbahnen (VDS). Während die Nebelhornb­ahn seit Dezember in Betrieb ist und derzeit alle Pisten bis ins Tal gut befahrbar sind, hatte die Wendelstei­nbahn bisher erst an fünf Tagen Skibetrieb. „Ohne Beschneiun­gsanlagen geht es heute nicht mehr“, sagt Schöttl. Am Nebelhorn, wo eine neue Beschneiun­g auch im oberen Teil in Betrieb genommen worden war, liege man in dieser Saison über dem Schnitt der vergangene­n fünf Jahre. Erst vergangene­n Donnerstag wurde die nächtliche Kälte nochmals genutzt, um die Talabfahrt künstlich zu beschneien.

Nach einem schlechten Geschäft in den Weihnachts­ferien für viele Liftbetrei­ber hoffen Bergbahnen und Winterspor­tler auf ein schneereic­hes Finale. Weil Ostern bereits Ende März ist, könnten bei guter Schneelage in den Ferien noch viele Skifahrer ins Allgäu kommen. Doch zunächst soll es ungewöhnli­ch mild werden. Erst für Dienstag prognostiz­ieren die Meteorolog­en neue Schneefäll­e.

 ?? Fotos: Benedikt Siegert ?? Zweimal Allgäu, zweimal Winter. Auf dem linken Foto der Lift in Sulzberg bei Kempten, der – wie andere tief gelegene Lifte – in dieser Saison bisher erst wenige Tage in Betrieb war. Das rechte Bild, das in den vergangene­n Tagen am Ifen entstand, zeigt einen Winter, wie er im Februar sein soll. 128 Kilometer Pisten sind derzeit im Raum Oberstdorf/Kleinwalse­rtal in Betrieb.
Fotos: Benedikt Siegert Zweimal Allgäu, zweimal Winter. Auf dem linken Foto der Lift in Sulzberg bei Kempten, der – wie andere tief gelegene Lifte – in dieser Saison bisher erst wenige Tage in Betrieb war. Das rechte Bild, das in den vergangene­n Tagen am Ifen entstand, zeigt einen Winter, wie er im Februar sein soll. 128 Kilometer Pisten sind derzeit im Raum Oberstdorf/Kleinwalse­rtal in Betrieb.

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