Lehre statt Uni-Wahnsinn
Was haben die Eltern früher immer gepredigt? Kind, lern’ was Gescheites, du sollst es mal besser haben als wir. Immer mehr junge Menschen streben danach, Abitur zu machen, oft genug getrieben von den Eltern, die sich für den Nachwuchs – und damit indirekt auch für sich – nur das Beste wünschen. Doch sind die allgemeine Hochschulreife und ein anschließendes Studium wirklich das Ei des Kolumbus, wenn es um die Zukunft geht? Mittlerweile macht das Wort vom Akademisierungswahn die Runde – ein Begriff, mit dem der Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin, einst SPD-Kulturstaatsminister im Kabinett von Gerhard Schröder, gegen den Ansturm auf die Universitäten und Hochschulen zu Felde zieht. Er hat zudem einen gewissen Dünkel bei den Akademikern ausgemacht, weil sie meinten „nur akademische Bildung zähle auf dem Arbeitsmarkt“.
Das kann jeder ordentliche Handwerksmeister wiederlegen. Mit einer dualen Ausbildung, also einer klassischen Lehre in einem Betrieb und dem Besuch der Berufsschule, eröffnen sich heutzutage einem tüchtigen Azubi nicht selten bessere Verdienstchancen als einem mittelmäßigen Juristen. Dennoch legt heute mehr als die Hälfte eines Schülerjahrgangs das Abitur ab, die meisten beginnen danach ein Studium. Angesichts dieser Entwicklung droht das duale Ausbildungssystem unter die Räder zu geraten, doch gerade das ist ein Grundpfeiler des wirtschaftlichen Erfolges der Bundesrepublik Deutschland. Das duale System hat mit dazu beigetragen, die Weltmarke „Made in Germany“zu festigen. Früher hat jeder zweite Jugendliche eine Ausbildung absolviert, heute ist es nur jeder vierte.
Seit gestern läuft ein groß angelegter Versuch, dem Trend entgegenzuwirken. Günzburg war einer der 15 Orte in Bayern, von denen aus mit einem gewissen Aufwand die „Woche der Aus- und Weiterbildung“gestartet wurde. Ein vernünftiger Ansatz, wobei natürlich der Erfolg schwer messbar ist. Doch in jüngerer Zeit häufen sich die Kampagnen, die für die klassische Berufsausbildung die Trommel rühren. Das kann doch nicht ganz ohne Wirkung bleiben.
Richtigerweise werden mittlerweile verstärkt die Eltern angesprochen, unter anderem mit der bereits im November gestarteten Kampagne „Elternstolz“, die den fürsorglichen Vätern und Müttern klar machen will, sie könnten eben stolz auf den Nachwuchs sein, wenn er eine Berufsausbildung ablege. Gut so, denn in einer Generation, die nicht mehr unbedingt den Konflikt mit den „Alten“sucht, bestimmen eben doch sehr stark die Eltern mit, wohin der Lebensweg führt. Sie wollen doch nur das Beste. Doch das muss nicht unbedingt an der Uni zu finden sein.