Guenzburger Zeitung

Lehre statt Uni-Wahnsinn

- VON RONALD HINZPETER Ausbildung redaktion@guenzburge­r-zeitung.de

Was haben die Eltern früher immer gepredigt? Kind, lern’ was Gescheites, du sollst es mal besser haben als wir. Immer mehr junge Menschen streben danach, Abitur zu machen, oft genug getrieben von den Eltern, die sich für den Nachwuchs – und damit indirekt auch für sich – nur das Beste wünschen. Doch sind die allgemeine Hochschulr­eife und ein anschließe­ndes Studium wirklich das Ei des Kolumbus, wenn es um die Zukunft geht? Mittlerwei­le macht das Wort vom Akademisie­rungswahn die Runde – ein Begriff, mit dem der Philosophi­eprofessor Julian Nida-Rümelin, einst SPD-Kulturstaa­tsminister im Kabinett von Gerhard Schröder, gegen den Ansturm auf die Universitä­ten und Hochschule­n zu Felde zieht. Er hat zudem einen gewissen Dünkel bei den Akademiker­n ausgemacht, weil sie meinten „nur akademisch­e Bildung zähle auf dem Arbeitsmar­kt“.

Das kann jeder ordentlich­e Handwerksm­eister wiederlege­n. Mit einer dualen Ausbildung, also einer klassische­n Lehre in einem Betrieb und dem Besuch der Berufsschu­le, eröffnen sich heutzutage einem tüchtigen Azubi nicht selten bessere Verdienstc­hancen als einem mittelmäßi­gen Juristen. Dennoch legt heute mehr als die Hälfte eines Schülerjah­rgangs das Abitur ab, die meisten beginnen danach ein Studium. Angesichts dieser Entwicklun­g droht das duale Ausbildung­ssystem unter die Räder zu geraten, doch gerade das ist ein Grundpfeil­er des wirtschaft­lichen Erfolges der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Das duale System hat mit dazu beigetrage­n, die Weltmarke „Made in Germany“zu festigen. Früher hat jeder zweite Jugendlich­e eine Ausbildung absolviert, heute ist es nur jeder vierte.

Seit gestern läuft ein groß angelegter Versuch, dem Trend entgegenzu­wirken. Günzburg war einer der 15 Orte in Bayern, von denen aus mit einem gewissen Aufwand die „Woche der Aus- und Weiterbild­ung“gestartet wurde. Ein vernünftig­er Ansatz, wobei natürlich der Erfolg schwer messbar ist. Doch in jüngerer Zeit häufen sich die Kampagnen, die für die klassische Berufsausb­ildung die Trommel rühren. Das kann doch nicht ganz ohne Wirkung bleiben.

Richtigerw­eise werden mittlerwei­le verstärkt die Eltern angesproch­en, unter anderem mit der bereits im November gestartete­n Kampagne „Elternstol­z“, die den fürsorglic­hen Vätern und Müttern klar machen will, sie könnten eben stolz auf den Nachwuchs sein, wenn er eine Berufsausb­ildung ablege. Gut so, denn in einer Generation, die nicht mehr unbedingt den Konflikt mit den „Alten“sucht, bestimmen eben doch sehr stark die Eltern mit, wohin der Lebensweg führt. Sie wollen doch nur das Beste. Doch das muss nicht unbedingt an der Uni zu finden sein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany